Gefuehlschaos inklusive
ablehnen, wenn sie mich so höflich fragen?“
„Du solltest überhaupt nicht rangehen! Ich habe dich einfach nur gebeten, das Telefon auszuschalten. Weshalb hast du das getan?“
Christian schiebt die Rührschüssel beiseite und setzt sich vor mich auf den Tisch. Na hoffentlich hält der das noch aus.
„Es waren deine Eltern, Claudia. Du kannst sie nicht vor den Kopf stoßen. Sie sorgen sich um dich und möchten einfach nur wissen, ob es dir gut geht.“
„Aber das möchten sie ständig wissen.“
Steh ich jetzt unter Anklage?
„Warum verschließt du dich nur vor allen Menschen?“
„Spielst du jetzt meinen Psychiater? Warte, ich leg mich nur kurz auf deine Couch!“ Ich spüre, wie meine Emotionen in mir hochkochen. „Warum fragst du nicht meine Eltern? Die wissen nämlich auch nicht, wie man über Gefühle spricht. Ja, sie sorgen sich um mich. Eins zu null für dich! Aber sie sind steif wie Eischnee.“
Ich stochere mit dem Löffel im Teig herum und frage mich, weshalb sich Christian so engagiert auf ihre Seite schlägt.
„Dann wird es höchste Zeit, dass sich das ändert.“
„Christian, du kannst nicht einfach in meine Welt platzen und mir vorschreiben, wie ich leben soll. Meine Eltern und ich haben schon immer ein distanziertes Verhältnis zueinander gehabt. Das kann man nicht von heut auf morgen ändern. Glaubst du nicht, dass ich das längst getan hätte, wenn ich wüsste, wie?“
Christian legt seine Arme auf meine Hüften, doch ich wehre mich trotzig gegen diese Berührung, denn ich habe keine Lust mehr auf Vertrautheiten, die ich ab morgen ohnehin nicht mehr haben kann.
„Ich wäre froh, wenn ich noch Eltern hätte, die sich um mich sorgen. Aber ich habe sie bereits verloren. Nimm deine so, wie sie sind, und erkenne es an, wenn sie sich nach dir erkundigen.“
„Es ist sicher nicht leicht für dich, dass du keine Eltern mehr hast.“ Das wäre dann das erste Mal, dass ich etwas Persönliches von ihm erfahre. Ich musste also erst mit ihm schlafen, damit er mal was von sich preisgibt. „Aber du hast nicht das Recht, dich deswegen in meine Angelegenheiten einzumischen.“
„Verzeih, aber ich hatte das Gefühl, dass es nötig sei. Meine Eltern …“
„Wenn du wieder mal dieses Gefühl hast, dann sprich es bitte vorher mit mir ab! Es ist nämlich nicht so, dass ich nicht frei meine eigenen Entscheidungen treffen könnte. Und das lass ich mir von dir nicht nehmen!“ Ich gehe aus der Küche zurück ins Schlafzimmer, um mir meine Kleidung vom Boden zu picken. Alles liegt verstreut im Zimmer herum und es dauert eine Weile, bis ich alle Teile zusammenhabe. Ich ziehe mich an und laufe wieder nach unten, um den Rest einzusammeln.
„Es wird höchste Zeit, dass ich jetzt gehe. In ein paar Stunden ist die Nacht vorbei und ich brauche meinen Schlaf.“ Ich weiß nicht, warum ich plötzlich so schnell wie möglich von Christian weg möchte. Aber die Ernüchterung bringt auch die Erinnerungen zurück. Nämlich dass ich nur ein kleines Abenteuer für Christian war und seine Freundin übermorgen wieder das Bett mit ihm teilen wird. Kaum zu glauben, dass er mich morgen zu meinen Eltern begleitet.
„Ich möchte, dass du bleibst, Claudia.“ Christian sieht mich an, als hätte ich gerade gesagt, dass ich mich von einer Brücke stürzen möchte. Keine Angst, so lebensmüde bin ich noch nicht. Jetzt möchte ich nur noch eins: mein Seelenleiden verkürzen, indem ich den Abend vorzeitig beende. Das wird das Beste für mich sein.
„Tut mir leid, aber so geht das nicht.“ Langsam gehe ich zur Tür und wünschte, ich hätte mich nicht auf ihn eingelassen. Ich werde Wochen, gar Monate brauchen, bis ich vollständig über ihn hinweg bin.
„Wie dann, verdammt noch mal?!“, erwidert Christian mit wütender Stimme. „Was muss ich tun, damit du nicht ständig vor mir davonläufst?“ Erstaunt bleibe ich stehen und drehe mich um.
„Ich laufe nicht vor dir davon.“
„Weshalb willst du dann gehen?“ Christian steht im Türrahmen seiner Küche und wirkt wie ein verlorenes Schaf. Sein kurzes Haar steht frech vom Kopf ab und seine braunen Augen sind in dem schummrigen Licht kaum zu sehen. Ich verspüre plötzlich den Wunsch, ihn in den Arm zu nehmen. Ich möchte ihn fest an mich drücken und ihm sagen, dass er der Mann ist, nach dem ich so lange auf der Suche war. Stattdessen öffne ich die Tür und gehe, ohne ihm zu antworten.
Kündigung vor dem Abendessen?
Es ist Freitagmorgen und den Rest
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