Gefuehlschaos inklusive
Christian scheint von seinem Sekundenschlaf wieder erwacht zu sein und zieht mich zufrieden dichter an sich heran.
„Hey, bist du noch wach?“, fragt er mich und streichelt mir durchs Haar. Soll das ein Witz sein? Wie könnte ich jetzt schlafen? Ich möchte jede Minute auskosten, die uns noch bleibt. Morgen wird ihm wieder einfallen, dass er eine Freundin hat, die leider nicht Claudia heißt. Ich richte mich auf und schaue in sein stoppeliges Gesicht. Bei dem Bartwuchs könnte er sich gut dreimal am Tag rasieren. „Du bist das Beste, was mir jemals passiert ist“, behauptet er, ohne mit der Wimper zu zucken. Wahrscheinlich ist sein Rausch noch nicht ganz verflogen, sonst wüsste er, dass das nicht sein kann. Oder hat er das der anderen auch erzählt? Egal, es klingt jedenfalls sehr schön. Sprich doch weiter! „Ich habe schrecklichen Hunger, du auch?“ Mein Gott, jetzt, wo er es sagt. Mein Magen knurrt schon seit Stunden.
„Ja, ich sterbe vor Hunger.“
Wir gehen in die Küche und plündern den Kühlschrank. Leider gibt er nicht viel her. Nur ein wenig Butter, Milch und ein paar Eier. Es sieht gar nicht danach aus, als wäre hier eine weibliche Hand am Werk. Das ist der Kühlschrank eines Junggesellen. Seltsam!
„Was hältst du davon, wenn ich uns ein paar Pfannkuchen zubereite?“, schlage ich vor und schaue mich schon nach einem Handrührgerät um.
„Ich liebe Pfannkuchen“, flüstert mir Christian ins Ohr und streift das Oberhemd hoch, das ich von ihm trage. „Du siehst aber auch zu verführerisch aus in diesem Fummel. Ich glaube, wir müssen das Essen noch ein wenig aufschieben.“ Er nimmt mich fester an sich heran und schiebt mir sein Knie in den Schritt. Unmöglich, so an Essen zu denken. Ich brauche unbedingt noch einmal Sex, soviel ist sicher.
Zufrieden mixe ich den Teig für die Pfannkuchen an dem Tisch, der gerade einiges durchmachen musste. Ich bin erstaunt, dass dieses klapprige Ding über eine durchaus ernst zu nehmende Statik verfügt und uns den Spaß bei der Sache nicht durch seine Unvollkommenheit verdorben hat. Wäre er zusammengebrochen, hätten wir schmerzvolle Verletzungen davontragen können.
Christian steht hinter mir und führt meine Hand mit dem Mixer. Der Teig wird unbestreitbar der Feinste sein, der jemals in einer Pfanne zubereitet wurde. Wir mixen ihn nämlich schon seit einer Viertelstunde.
Plötzlich klingelt mein Handy. Zum ersten Mal verdonnere ich den Menschen, der es erfunden hat. Es liegt noch auf dem Stuhl, auf dem Christian meine Sachen abgelegt hatte, und ich bitte ihn, es auszustellen. Er nimmt es an sich und schaut auf das Display.
„Aber es sind deine Eltern. Die kannst du doch nicht einfach wegdrücken.“
„Ich werde sie morgen zurückrufen.“
„Das geht doch nicht. Bitte geh ran!“
Es ärgert mich, dass Christian mir Vorschriften machen möchte. Schließlich geht es hier nicht mehr um berufliche Belange, sondern um mein Privatleben. Meine Eltern werden es verschmerzen. Sie rufen ständig zu unpassenden Zeiten an. Das haben sie im Urin. Ich antworte Christian nicht und mache auch keine Anstalten, das Telefon entgegenzunehmen. Warum musste ich die Nummer meiner Eltern auch einprogrammieren? Woher hätte Christian sonst wissen sollen, wer mich anruft?
„Gut, dann geh ich für dich ran“, sagt er auf einmal und nimmt den Anruf entgegen. Ich kann nicht fassen, dass er das tut! Spielt er jetzt den Moralapostel oder was? Ich stelle das Handrührgerät aus und lausche dem Gespräch.
Offensichtlich ist meine Mutter am anderen Ende der Leitung. Sie scheint ganz entzückt von Christian zu sein, denn sie lässt ihn kaum zu Wort kommen. Christian nimmt das gelassen hin und stimmt sich voll auf sie ein. Empört nehme ich zur Kenntnis, dass sie ungeniert über mich sprechen. Sie glaubt doch nicht etwa, dass Christian mein neuer Freund ist? Sie soll aufhören, ihm Geschichten von mir zu erzählen!
„Danke für die Einladung, Frau Sander. Wir kommen gern. Morgen um neunzehn Uhr? Das passt ausgezeichnet. Ich freu mich.“ Christian beendet das Gespräch und schiebt mir das Telefon über den Tisch zu. „Sie haben uns zum Essen eingeladen. Das finde ich sehr nett.“
Meine Finger bohren sich ins Tischtuch.
„Sie haben was?!“, frage ich verärgert und würde Christian am liebsten die Ohren lang ziehen. „Das sind meine Eltern!“, stelle ich richtig fest. „Du kannst dich doch nicht einfach von ihnen zum Essen einladen lassen.“
„Soll ich etwa
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