Gefuehlsecht
Wenn ich ihm vorschlage, meinen Namen anzunehmen, wird er auf das Heiraten sicher erst einmal verzichten wollen. Ganz bestimmt!
Ich schenke mir noch ein Gläschen Wein ein und starre auf das Nutellaglas, das ich gerade ausgekratzt habe. Barbara Nutella. Hört sich nicht schlecht an. Barbara Ferrero. Dafür würde ich sogar mein Braun opfern. Mir ist schlecht. Das kommt davon, wenn man zum Frühstück eine Portion Sperma, ungefähr vier Esslöffel Nutella und drei Gläser Eiswein zu sich nimmt.
Es ist zwölf Uhr. Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Ich weiß immer noch nicht, ob ich Jürgen heiraten will. Aber warum eigentlich nicht? Jürgen ist ein toller Mann. Und bestimmt wäre er der perfekte Ehemann. Jedenfalls war damals die Hälfte der Studentinnen an der Uni hinter ihm her. Und jetzt machen ihm bestimmt seine Mandantinnen schöne Augen.
Die Flasche Wein ist fast leer, das Glas mit den braunen Schokospuren sieht mich fragend an. »Das Beste aus entrahmter Milch.« Ich glaube, ich habe gewaltig einen sitzen. Egal, mich sieht ja eh keiner, also flüstere ich leise in die Öffnung des Glases: »Hi, hörst du mich? Was soll ich denn nur machen?«
Leider bekomme ich keine Antwort, doch dafür brummt mein Handy irgendwo. Ich habe eine SMS bekommen. Jetzt könnte ich Jürgen hier gebrauchen, der weiß nämlich immer, wo mein Handy gerade ist. Ganz im Gegenteil zu mir. Ich muss das blöde Ding ständig suchen und mich mehrmals täglich selbst anrufen, damit ich es wiederfinde. Zum Glück hängt unser Festnetz an einer ganz altmodischen Telefonstrippe im Flur, sonst müsste ich das auch ständig suchen. Ich mache mich auf den Weg, da brummt es wieder. Da! Ich habe es genau gehört. Es kommt aus dem Bad. Das Gerät liegt auf dem Waschbecken. Schwerfällig lasse ich mich auf die Toilette fallen und öffne das kleine blinkende Briefchen. Die SMS ist von Maja:
Hallo Puppe. Ich hab’ne Identitätskrise. Kennst du das Gefühl?
Mit ungelenken Fingern antworte ich ihr postwendend:
Schneckchen, ich BIN eine einzige Identitätskrise!
Ist das nicht herrlich? Leben, du hast mich zurück! Ich liebe die moderne Kommunikation. Und ich habe eine wunderbare Freundin. Maja habe ich gleich im ersten Semester während eines Wochenendseminars kennengelernt, das außerhalb der Uni in der Eifel stattfand. Wir beide waren damals die einzigen Frauen dort. Ohne Maja wäre ich wahrscheinlich vor Langeweile gestorben. Mit Maja wurde dieses Seminar zu einem echten Erlebnis.
Aus ihr wird mit Sicherheit eine geniale Anwältin werden. Wenn ich irgendwann mal eine Bank ausrauben sollte oder etwas anderes anstellen werde, dann wäre Maja als Verteidigerin meine erste Wahl. Und das nicht nur, weil ich weiß, dass sie ihr Fach versteht, sondern auch, weil sie mich notfalls mit einer Nagelfeile aus dem Knast befreien würde.
Das Beste an meiner besten Freundin ist, man kann auch dann Spaß mit ihr haben, wenn man wirklich tiefgreifende Probleme wälzt. Zusammen mit ihr relaxt auf dem Hoteldoppelbett zu liegen, Whiskey-Cola zu trinken und über Männer und das Leben zu philosophieren, ist einfach nur fantastisch. Vor allem weil Maja eine von den Frauen ist, die sich aufrichtig mit dir freuen können, wenn es dir gutgeht, und dir ohne Ausnahme alles gönnen. Maja nennt mich »Puppe«, »Süße« oder »Liebelein«. Wenn sie mich fragt: »Na, wie isset, Liebelein?«, dann geht es mir automatisch immer ein wenig besser. Sie hat eine so mitreißende Art und kann wunderbar herzerfrischend lachen. Außerdem kann sie Witze erzählen, was ich überhaupt nicht kann. Ich kann sie nicht nur nicht erzählen, ich kann sie mir nicht mal merken.
»Süße, warum sind Singlefrauen schlanker als verheiratete Frauen?«
»Hm, weiß nich.«
»’ne Singlefrau kommt nach Hause, schaut in den Kühlschrank und geht dann völlig frustriert ins Bett.’ne verheiratete Frau kommt nach Hause, schaut ins Bett und geht dann völlig frustriert zum Kühlschrank!«
Jetzt muss man sich Maja dabei vorstellen. Mit ihrem braunen Wuschelkopf, dem niedlichen Piercing in der Nase und ihrem ansteckenden Lachen. Dazu eine Flasche Whiskey, eine Flasche Cola und ein großes Hotelbett. Und natürlich griffbereit was zum Knabbern. Das Paradies auf Erden!
Maja ist schön. Und sie ist verliebt. In einen Koch. Deshalb ist sie momentan so glücklich. Meistens zumindest, denn ihr Küchenmeister ist verheiratet. Aber das ist Maja egal. Behauptet sie wenigstens.
Damals habe ich mir zwei Nächte mit
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