Gefühlte Nähe: Roman in 23 Paarungen (German Edition)
etwas über N. herausfinden, wo sie ist, was sie macht, lassen Sie es mich wissen, ja?
Ein bisschen Zeit habe ich noch. Sie dürfen ihr sagen, wo ich bin. Sagen Sie ihr, dass ich alles bereue, dass ich mich nach ihr sehne, sagen Sie ihr einfach alles, was sie hören will, das werden Sie schon mitkriegen.
18
Nehmen Sie sich ruhig noch etwas. Es ist genug da. Ich kann auch ein bisschen Käse aus dem Kühlschrank holen.
Läuft das Mikro? Zeigen Sie mal. Super Gerät. Alle Achtung.
Haben Sie auch mit Raffael gesprochen? Gut. Ein netter Typ, wirklich lieb. Aber er redet viel Mist. Ich erzähle Ihnen, wie es in dieser Nacht wirklich gewesen ist.
Also, N. und ich sind ungefähr zehn Monate zusammen gewesen. Ich habe sie schon ziemlich lange gekannt, aus der Schulzeit, ein gewisses beiderseitiges Interesse war, glaube ich, immer da. Irgendwann hat es dann geklappt, wir waren schon weit über dreißig. Oder vierzig? Egal. Sie hat gewollt, dass wir uns einmal in der Woche sehen, genau einmal, und das Wochenende zusammen verbringen, abwechselnd bei ihr und bei mir, und zwar das Wochenende von Samstagmorgen bis Montagmorgen, außer, wenn einer von uns beruflich etwas vorhat, was bei mir ungefähr einmal im Monat der Fall war, bei ihr ein- bis zweimal. Alles andere war ihr zu eng.
Am Anfang geht man natürlich auf so was ein. Man will die Frau. Deswegen macht man erst mal alles mit.
Sie hat gesagt, dass die Männer sich nicht entscheiden können. Was mich betrifft, ich habe mit Entscheidungen kein Problem. Im Betrieb muss ich jeden Tag Entscheidungen treffen. Meiner Ansicht nach ist sie es, die sich nicht entscheiden kann.
Sie hat in unserer gemeinsamen Zeit oft Männer getroffen, sie ist mit Kollegen oder flüchtigen Bekannten ausgegangen, außerdem mit den sogenannten alten Freunden. Jede Frau hat doch zwei oder drei von diesen Anglertypen in petto, die seit Jahren geduldig mit ihrer Gerte am Rande des Flusses stehen und drauf hoffen, dass sie vielleicht doch noch mal anbeißt, wenn sie nur geduldig sind.
Sie ist auch alleine auf Partys gegangen. Ich hätte mir ein Signal gewünscht, in der Art, der ist es, schaut, für den habe ich mich entschieden. Das ist jetzt mein Leben. Wenn der Kunde keine Bestellung aufgibt, dann wird auch keine Ware geliefert, verstehen Sie?
Wir machen Fingerpflaster. Wenn Sie sich in die Fingerkuppe schneiden, oben, neben dem Nagel, dann haftet da kein normales Pflaster, wegen der Krümmung des Fingers. Dann müssen Sie sich eine Art Fingerhandschuh überziehen, der sieht ein bisschen wie ein Kondom aus. Ein Nischenprodukt. Viele quälen sich lieber tagelang mit den normalen Pflastern herum, die sich nach zwei Stunden wieder gelöst haben, statt dass sie sich einfach ein Fingerpflaster kaufen.
Also, sie ruft mich an, das war an einem Donnerstag.
»Am Samstag klappt es nicht, ich bin bei Raffael eingeladen.«
Ich dachte zuerst, es geht um eine Party. Ich wäre gerne mal mit ihr auf eine Party gegangen, klar, auch, um ein bisschen mit ihr anzugeben.
»Nein«, sagt sie, »keine Party. Raffael und ich wollen zusammen kochen.«
Wir haben eine Vereinbarung gehabt. Eine Vereinbarung ist eine Vereinbarung. Das Wochenende von Samstag bis Montag. Das Kochen mit diesem Typ konnte sie doch sehr gut an einem der anderen vier Abende erledigen. Ich hatte mir extra dieses Wochenende frei gehalten. Wenn ich gewusst hätte, dass sie was anderes vorhat, hätte ich versucht, was mit meiner Tochter zu unternehmen. Da habe ich sowieso ein schlechtes Gewissen.
Sie sagt: »Dann übernachte ich eben von Freitag auf Samstag bei dir, und am Samstagmorgen gehen wir zusammen einkaufen.«
Sie war verärgert. Das war ich aber auch.
Ich: »Wenn dich Raffael am Donnerstag für den Samstag einlädt, dann darf man so was wohl eine spontane Einladung nennen. Da kann man doch sagen, tut mir leid, ich bin schon verabredet. Oder man kann sagen, ja, gern, mein Freund kommt dann aber mit. Obwohl ich auf einen Abend mit einem Raffael alles andere als scharf bin. Falls aber die Verabredung älteren Datums sein sollte, dann ist es gemein, mir das erst jetzt mitzuteilen, am Vortag, denn, wie gesagt, mein Wochenende liegt da wie eine gemähte Wiese. Für dich gemäht und nach glückhafter Vereinigung duftend. Der Gedanke, am Samstag alleine Wetten dass anzuschauen, denn was anderes wird mir wohl kaum übrig bleiben, während du mit Raffael kochst, dieser Gedanke hat etwas Unschönes für mich.«
So ungefähr habe ich das
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