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Gefühlte Nähe: Roman in 23 Paarungen (German Edition)

Gefühlte Nähe: Roman in 23 Paarungen (German Edition)

Titel: Gefühlte Nähe: Roman in 23 Paarungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Martenstein
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Freundin vom Bahnhof abholen muss.«
    Sie nannte einen Namen, den ich nicht kannte. Diese Freundin, aus Hamburg, wollte das Wochenende in Berlin verbringen. Deswegen konnte N. erst am nächsten Morgen, also am Samstagmorgen um zehn, zu mir kommen. Wir würden dann, wie verabredet, zusammen einkaufen gehen.
    Was war in der Zwischenzeit eigentlich aus dem Treatment geworden? Hat das überhaupt gestimmt, musste sie für diesen Tom tatsächlich ein Treatment fertigschreiben, oder war das nur eine Ausrede, und wenn ja, für was?
    Wenn du bei N. anfängst, über so etwas nachzudenken, die Puzzlesteine zusammenzusetzen, dann bist du auf der Straße in die Hölle.
    Ich habe, um Zeit zu gewinnen und mich zu beruhigen, die Lüge erfunden, dass ich dringend auf die Toilette muss und nur ganz kurz sprechen kann. Ich habe gesagt, gut, mach, was du willst. Aber halte mich auf dem Laufenden.
    »Du klingst komisch.«
    »Es ist dringend«, antworte ich.
    Zwanzig Minuten später ruft sie wieder an. Sie ist nicht allerbester Stimmung.
    »Also, hör zu, ich habe gerade noch mal mit meiner Freundin gesprochen. Dir ist es ja offenbar nicht recht, dass ich mich mit ihr treffe. Weißt du, wir haben uns seit Jahren nicht gesehen. Aber ist nicht so schlimm. Sie ist sowieso müde. Morgen hat sie eine Frühstücksverabredung und muss um acht raus. Wir gehen kurz zusammen essen, und dann komme ich. So um zehn.«
    Um acht Uhr ruft N. wieder an. Jetzt ist ihre Laune gut. Sie ist unterwegs zu mir. In zehn Minuten sei sie da. Die Freundin sei doch nicht nach Berlin gefahren. Zu müde. Und die Verabredung mit der Freundin, morgen früh, ist geplatzt.
    Um neun klingelt es an der Tür. Sie ist tatsächlich da. Dass ich miese Laune habe, sieht sie natürlich sofort.
    N. sagt, dass sie ihr altes Leben für mich nicht komplett aufgeben will. Das könne ich wirklich nicht verlangen. Da hätte ich bei meiner Frau bleiben sollen, wenn ich so etwas will, eine Mutti.
    Ich antworte, dass sie sich nicht aufführen soll wie eine schwer erziehbare Jugendliche.
    Ich sage: »Du willst eine Familie und die Freiheit, heute mit diesem, morgen mit jenem. Man kann nicht alles gleichzeitig haben. Das ist nur in der Werbung so. Du kannst in Wirklichkeit kein Geschirrspülmittel zur Handpflege benutzen. In Wirklichkeit muss man sich entscheiden, ob man mit den Händen spülen will oder ob man sie eincremt.«
    Sie: »Red nicht mit mir, als ob ich blöd wäre.«
    Nie verallgemeinern! Nie das Wort »nie« und nie das Wort »immer« verwenden! So steht es in den Beziehungsratgebern. Das ist wie mit den Zehn Geboten. Jeder kennt die Zehn Gebote. Wenige halten sich dran.
    Ich: »Bei den Geschirrspülmitteln gibt es die All-in-one-Version. Calgonit Powerball, mit Reiniger, mit Klarspülfunktion, mit Salzfunktion, mit Glanzaktivstoffen. Das Leben ist kein Calgonit Powerball.«
    Sie: »Fick dich ins Knie.«
    Sind Sie wirklich sicher, dass Sie keinen Käse möchten? Pecorino. Sehr gut. Ich hole einfach mal ein bisschen davon, dann können Sie zugreifen oder es lassen, ganz wie Sie möchten.
    Sie ist dann gegangen. Der Abend war aber noch nicht zu Ende.
    Um halb zwölf klingelt es. Auf dem Überwachungsmonitor sehe ich, dass unten ein Typ steht. Südländisches Aussehen, wie es immer in den Fahndungsmeldungen heißt.
    Habe ich Angst? Nein. Der Typ ist klein und schmächtig, ich bin gut austrainiert, und wenn ich hier in der Wohnung auf den richtigen Knopf drücke, kommt innerhalb von zehn Minuten jemand vom Wachdienst. Außerdem habe ich eine Gassprühdose, die stecke ich in die Tasche von meinem Morgenmantel. Dann lasse ich ihn rein. Ich war neugierig, verstehen Sie.
    Er sieht ziemlich fertig aus, hat auch schon einiges getrunken. Er sucht N., redet wirres Zeug, über ein Buch, das er ihr angeblich geliehen hat oder sie ihm. Ich stelle mich dumm, ich sage, dass ich sie seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen habe. Wie er überhaupt auf die Idee kommt, dass sie hier sein könnte.
    Na, ich würde doch demnächst bei N. einziehen. Das hätte sie ihm erzählt. Er sei Raffael, ihr Lebensgefährte. Er heult fast. Dass bei ihr noch nebenher was lief, habe ich geahnt, aber ich hätte eher auf Doubek getippt, einen alten gemeinsamen Freund, der Kontakt zwischen ihr und ihm war zu der Zeit wieder ein bisschen intensiver geworden. Ich lasse ihn nicht in meine Karten schauen, ich sage nur, dass ich keine aktuellen Umzugspläne hege und in letzter Zeit wenig Kontakt mit N. hatte. Das stimmt ja

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