Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
wir müssen Geduld haben.«
Miguel, seiner Freundin und ihren drei Leibwächtern auf den Fersen zu bleiben war schwieriger, als Moore erwartet hatte. Natürlich hatten sie sich als Touristen verkleidet, und allen hing eine Kamera um den Hals. Allerdings hatte Torres eine Gestalt und ein Gesicht, das man nicht so leicht vergaß. Immerhin hatte ihn Moore eindringlich gefragt: »Weiß Corrales, wer Sie sind, wenn er Sie sieht?«
»Nein, auf keinen Fall«, hatte der dicke Mann geantwortet. Weder er noch Fitzpatrick waren je mit ihm in Kontakt gekommen. Andererseits bedeutete das nicht, dass Corrales keine Fotos von ihnen gesehen haben könnte. Schließlich waren dessen Späher in Juárez allgegenwärtig.
Deshalb schlug Moore vor, dass sich Fitzpatrick und Torres eher im Hintergrund halten und keinen Sichtkontakt riskieren sollten. Torres hatte protestiert, dass Corrales wahrscheinlich auch Aufnahmen von Moore gesehen habe, da dieser ja in seinem Hotel abgestiegen war. Dies mochte zwar stimmen, trotzdem konnte sich Moore eher unter die Menschen mischen, die die Straßen der Stadt bevölkerten. Er trug ein Blümchenhemd, eine Fotografen-Weste und immer ein staunendes Grinsen im Gesicht. Er bot das Urbild des blöden Touristen. Mit hilfe der Weste konnte er zugleich seine beiden schallgedämpften Glocks verbergen. Fitzpatrick und Torres soll ten die beiden Hilfspudel von Corrales aufs Korn nehmen, während Moore sich Corrales widmen wollte. Wenn sie alle drei aus dem Verkehr gezogen hatten, würden sie sich Rojas’ Sohn und sein Mädchen greifen und nach Guadalajara fliegen, um sie dort in einer konspirativen Wohnung des Kartells zu verstecken. Von da an würde Zúñiga auch die Verhandlungen mit Rojas übernehmen. Während Torres ursprünglich das Mädchen gleich töten wollte, hatte ihm Moore klargemacht, dass keine Unbeteiligten bei dieser Aktion zu Schaden kommen dürften. Punkt. Torres hatte darüber nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass eine Extrageisel vielleicht gar keine so schlechte Idee war.
Während ihm seine beiden Begleiter den Rücken freihielten, beschattete Moore Miguel und Sonia. Sie hatten an einer der vielen Behelfsstände haltgemacht, wo indianische Frauen ihre Waren verkauften: grellbunte Gürtel und Kleider und handgemachte Holzpuppen. Einige dieser Puppen überraschten Moore, da sie Soldaten mit Gewehren darstellten, die eine Sturmhaube trugen. Eine interessante Botschaft an die Kinder in dieser Stadt: Eure Helden sind vermummt und haben ein Gewehr …
Ein Stück weiter die Straße hinunter begann der Obst- und Gemüsemarkt. Frische Früchte waren zu Pyramiden aufgeschichtet und wurden direkt aus Weidenkörben heraus verkauft. An anderen Ständen gab es Reis und Fisch oder Rindfleisch und Hühnchen. Ein großes Schild warb für die einheimischen Kaffeebohnen. Tatsächlich war dieses Tal ein Anbaugebiet der besten mexikanischen Kaffeesorten.
Moore arbeitete sich jetzt näher an Miguels Freundin heran, die ein Kleid gegen das Licht hielt und dessen üppige gelbrote Blumenmuster betrachtete. Sie war schlank und sportlich und trug eine übergroße schwarze Sonnenbrille.
»Was meinst du?«, fragte sie ihren Freund.
Miguel schaute von seinem Smartphone hoch. »Oh, Sonia, das ist viel zu knallig für dich. Such lieber weiter.«
Sie zuckte die Achseln und gab das Kleid der bejahrten Standbesitzerin zurück.
»Männer verstehen nichts von Frauenkleidern«, sagte die alte Frau. »Das würde Ihnen ausgezeichnet stehen. Er weiß nicht, wovon er spricht.«
Sonia (Moore mochte diesen Namen) lächelte. »Da stimme ich Ihnen zu, aber er ist ein sehr willensstarker und eigensinniger Mann.«
Als er das hörte, runzelte Moore die Stirn. Er hätte Sonia gerne erzählt, dass das Kleid wundervoll war und dass sie gut roch und dass sie so frisch und jung und sexy war, dass man ganz leicht vergessen konnte, dass sein fetter Begleiter sie am liebsten umgebracht hätte.
Nun ja, zumindest er hätte ihr so allerlei gern erzählt.
»Komm, Sonia, gehen wir weiter«, sagte Miguel.
Moore tat so, als ob er die Brieftaschen am nächsten Stand betrachten würde. Als er dann aufsah, erblickte er über dem Rand seiner Sonnenbrille diesen kleinen Hundesohn Dante Corrales. Er stand auf der anderen Seite der Straße in der Mauernische eines kleinen Gebäudes und beobachtete sie mit vor der Brust verschränkten Armen.
Schaust du dir den Sohn des Chefs an, Kumpel? Ich kann es kaum erwarten, dass wir beide uns zu
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