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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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meinen geringsten Sorgen.

    Â»Verständigen Sie die Polizei! Das ist der Serienmörder!«,
rief ich dem Lkw-Fahrer zu.

    Der starrte entgeistert auf meine Pistole, aber als ich
weiterlief, hörte ich ihn hinter mir intensiv in sein Telefon sprechen.

    Â»Stehen bleiben! Polizei!«, brüllte ich. Doch der Serienmörder
war wenig empfänglich für meine Anweisungen und lief einfach weiter. Zum Glück behinderte
ihn seine Verletzung.

    Ich zog mein eigenes Handy aus meiner Jackentasche. Die
Pistole hielt ich in der rechten Hand. Es war etwas umständlich, das Handy mit
links zu bedienen, aber ich schaffte es, den Notruf zu wählen. Ich meldete mich
mit meinem Namen und schilderte die Lage.

    Â»Ich habe bereits einen anderen Notruf vom Unfallort
vorliegen«, sagte der Kollege in der Leitstelle. »Und einen Notruf über den
Serienmörder. Warten Sie einen Moment.«

    Inzwischen hatten wir uns einige hundert Meter vom Unfallort
entfernt. Bisher waren wir auf der Straße geblieben, aber jetzt schwenkte der
Mann auf einen Feldweg ein, der seitlich von der Straße abging. Auf der linken
Seite des Weges befand sich ein offenes Feld, auf der rechten eine Uferböschung,
von Bäumen gesäumt, und daneben ein kleiner Bach, der ohne erkennbare Bewegung
in seinem Bett lag.

    Der Nebel wurde hier dichter, stieg aus dem Boden auf und
versuchte, mir die Sicht zu nehmen. Ich lief weiter, während mich der Nebel
umschloss, als wäre er vom Serienmörder heraufbeschworen worden. Der Mann wurde
zu einem Schemen. Ich hörte seine Füße über den Schotter des Feldwegs
schlurfen. Dann umarmte der Nebel ihn und er war verschwunden.

    Irgendwo hinter mir vernahm ich Martinshörner. Die Rettungskräfte
waren angekommen. Ich pirschte mich vorsichtig vorwärts, Baum um Baum, machte
kurze Pausen, um zu lauschen. Der Serienmörder blieb verschwunden.

    Â»Können Sie mir Ihre Position durchgeben?«, fragte der
Polizist plötzlich mit lauter Stimme in mein Ohr. Vor Schreck wäre ich beinahe
in den Bach gepurzelt.

    Â»Nein, kann ich nicht«, sagte ich leise zurück. »Ich bin
auf einem Feldweg, der von der Straße abgeht. Neben dem Weg ist ein kleiner
Bach.«

    Â»Liegt der Bach auf der linken oder der rechten Seite?«

    Â»Auf der rechten.«

    Â»Ich habe gerade eine Meldung von den Rettungskräften
bekommen«, sagte er. »Sie befinden sich auf einem Feldweg, der zu einem alten
Aussiedlerhof führt. Der Weg hat von der Straße bis zum Hof eine Länge von etwa
einem Kilometer.«

    Ich überlegte fieberhaft, wie weit wir schon gelaufen waren.
Ich schätzte die Strecke auf höchstens fünfhundert Meter.

    Â»Außer dem Hof sind Sie auf Kilometer hin nur von offenem
Feld umgeben. Sowohl jenseits des Baches als auch auf der anderen Seite der
Straße.«

    Ich wusste nicht, wie gut sich ein aus Holland kommender
Serienmörder am vernebelten Niederrhein zurechtzufinden vermochte. Aber wenn
der Mann dem Weg folgte und sich in den Gebäuden des Hofes verschanzte, konnte
es noch unangenehm werden.

    Â»Haben Sie noch Sichtkontakt zur Zielperson?«, drang es
aus meinem Handy.

    Â»Nein, er ist vor einer halben Minute verschwunden.«

    Â»Seien Sie vorsichtig. Ich habe alle verfügbaren Wagen zu
Ihnen geschickt. Ich gebe gerade die Positionsdaten durch, sodass der Bereich
weiträumig abgesperrt werden kann. Ich habe außerdem ein Sondereinsatzkommando
angefordert. Die Kollegen an der Unfallstelle sollten in weniger als einer
Minute bei Ihnen sein.«

    Das klang so, als würde ich heute Abend nicht zum Helden
werden, dafür durfte ich hoffen, die ganze Sache lebend zu überstehen. »Danke«,
ächzte ich.

    Noch immer waren die Kollegen nicht zu hören. Falls der
Serienmörder aus irgendeinem Grund eine bessere Sicht auf mich hatte als ich
auf ihn, war ich ohne Deckung. Deshalb pirschte ich vorsichtig weiter, musterte
die Bäume und spähte aufmerksam in das weiße Nichts um mich herum. Die Bäume
ragten stumm am Ufer auf, ließen sich vom Nebel umspülen, aber gaben kein
Geheimnis preis. Im Gras an der Uferböschung, das reglos auf wärmere Tage
wartete, verbargen sich keine verräterischen Spuren. Es blieb still, bis auf
das Knirschen meiner eigenen Sohlen.

    Dann wurde die Stille jäh durchbrochen. Ich sah halb
rechts Mündungsfeuer, ein Schuss krachte und eine Kugel pfiff nur

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