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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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bekommst einen Dienstwagen zugeteilt, bis du ein neues
Auto gefunden hast. Das habe ich auch schon geregelt.«

    Ich erlaubte mir einen Anflug von Erleichterung, während
ich mein Hemd zuknöpfte. Dann kam der Wermutstropfen.

    Â»Alles kann ich dir leider nicht ersparen«, sagte
Reinhold. »Wir brauchen deine Aussage noch heute.«

    Das hatte ich befürchtet. »In Ordnung.«

    Â»Ich nehme dich mit ins Präsidium, dort halten wir deine
Aussage fest und dann fahren wir mit deinem Ersatzwagen nach Hause.«

    Das klang vernünftig. Ich war allerdings ein stolzer Polizist
und sagte: »Ich kann selber fahren.«

    Ich schnürte meine Schuhe zu, dann war ich bereit. Als
ich wieder stand, kam Reinhold auf mich zu. »Markus, ich bin froh, dass dir
nichts passiert ist.«

    Wir umarmten uns, was sensationell war, weil wir ja Männer
waren und dazu noch bei der Polizei. Dafür hielten wir es kurz und Zeugen gab
es auch keine. Es tat gut, Reinhold zu umarmen, obwohl ich jemanden wusste, den
ich lieber umarmt hätte.

    Ich sagte: »Ich bin auch froh.«

    Auf dem Weg nach draußen nutzte ich die Gelegenheit,
einen Blick in den Spiegel über dem Waschbecken zu werfen. Ich sah ein wenig
abgespannt aus, aber ich erkannte mich wieder. Die Schnitte auf meiner rechten
Wange wirkten eindrucksvoll, aber nicht gefährlich.

    Â»Ich habe gehört, er hat drei Mal auf dich geschossen?«

    Â»Vier Mal«, sagte ich. »Vier Mal.«

    Â»O Mann.«

    Â»Zum Glück kann er mit der Pistole nicht so gut umgehen
wie mit dem Skalpell.«

    Reinhold antwortete darauf nicht. Dafür erzählte er mir,
dass niemand, der meinen Wagen gesehen hatte, es für möglich hielt, dass ich
dort ohne schwere Verletzungen herausgekommen war. Vermutlich konnte ich froh
sein, nicht mit meinem alten Auto in diesen Unfall verwickelt gewesen zu sein.

    Reinhold berichtete gerade, welche Verletzungen der
Mörder davongetragen hatte und dass er ebenfalls überleben würde, als wir am
Empfangsbereich der Station vorbeikamen. Ich lächelte den Schwestern zu, sie
lächelten zurück.

    Reinhold deutete verstohlen auf eine junge schwarzhaarige
Schwester. Als wir außer Hörweite waren, sagte er: »Die war es.«

    Ich drehte mich noch einmal um und kam zu dem Schluss,
dass es besser gewesen war, dass ich bewusstlos war, als sie mich ausgezogen
hatte. Schon allein bei dem Gedanken war mir der große Unterschied in unserer
körperlichen Attraktivität unangenehm und die Vorstellung peinlich, in einer
schlechten Imitation von Die Schöne und
das Biest die Hauptrolle gespielt zu haben.

    Reinhold stieß mich kumpelhaft in die Seite und sagte
verschwörerisch: »Warte erst mal ab, bis wir dir eine Medaille an die Brust
geheftet haben. Dann werden dir alle hinterherlaufen.«

    Â»Ich werde eine Mauer um mein Grundstück bauen müssen.«

    Â»Und wenn dein Foto auf den Titelseiten gebracht wird.«

    Â»Mit einem Wassergraben drum herum.«

    Â»Frauen sind einfach verrückt nach Männern mit Tapferkeitsauszeichnung.«

    Â»Mit Zugbrücke.«

    Â»Du bist ein Held!«

    Â»Und Krokodilen im Graben.«

    Reinhold lachte. »Wenn du möchtest, werden wir versuchen,
dich aus der Presse herauszuhalten. Aber die werden das trotzdem alles
herausfinden.«

    Ich seufzte. »Ich weiß, ich weiß.« Da würde ich mir etwas
einfallen lassen müssen. Aber nicht mehr heute.

    Wir fuhren zurück ins Präsidium. Erst als ich aus dem Auto
stieg, spürte ich die vielen Prellungen an meinem Körper, wo Airbag und
Serienmörder mich traktiert hatten. Ich reckte mich ein wenig und etwas später
spürte ich die Schmerzen kaum noch.

    Ich kannte viele Leute, die bei dem Empfang, den mir die
Kollegen bereiteten, stolz gewesen wären oder an meiner Stelle vielleicht auch
Genugtuung empfunden hätten. Ich war zuerst einmal erschrocken, als die ersten
sich im Eingangsbereich versammelten und anfingen zu applaudieren. Noch mehr
Kollegen kamen hinzu. Regelrechter Jubel kam auf. Ich wurde gedrückt, geknufft,
meine Schultern wurden anerkennend geklopft. Hätten wir einen roten Teppich gehabt,
hätten sie mir vielleicht sogar den Oscar verliehen.

    Nun ließ ich meinem Stolz doch ein wenig Raum. Immerhin
hatte ich den meistgesuchten Verbrecher zweier Länder gefasst und das ganz
allein. Ich erwiderte den Jubel. Die Kollegen bildeten ein

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