Gegen Vaters Willen
fixierte ihn und schüttelte den Kopf. „Nein, ein Arsch bist du nicht. Nur ein unglaublicher Feigling. Lass es doch einfach auf dich zukommen. Dann kannst du immer noch sagen: Das bin ich nicht! Aber es jetzt zu tun, nach dem, was heute morgen passiert ist, ist einfach feige und, entschuldige, total idiotisch.”
„Wenn du meinst …”, murmelte Leon.
Ryan konnte ihn nicht länger ansehen und drehte sich um. Er stützte die Arme auf das Autodach, legte die Stirn dagegen und schloss kurz die Augen. Als er sie öffnete, fiel sein Blick auf eine Serviette. Ryan erkannte die feinen Kugelschreiberlinien und öffnete neugierig die Tür. Schnell hatte er die Serviette in der Hand.
„ Es war toll, ruf mich an! Tara ”, las er leise. „Wer ist Tara?” Er drehte sich zu Leon um, der ihn zuerst nur verwirrt anschaute, dann fiel sein Blick auf die Serviette.
„Oh Mann, das ist ein Mädchen, das ich heute in einem Café getroffen habe. Das ist nichts, worüber man sich jetzt aufregen müsste.”
„Aha. Und was war so toll?” Ryan spürte gar nicht, wie er die Serviette in der Faust zerknüllte, bevor er sie ins Auto zurückwarf. Er trat an Leon vorbei, der ihn am Ärmel festhielt.
„Nichts! Es ist nichts passiert!”
Ryan blieb stehen, sah seinem Freund tief in die Augen und erwiderte kälter, als er eigentlich wollte: „Leon, du musst dich nicht rechtfertigen. Wir sind nicht zusammen, und nur weil wir uns geküsst haben, bedeutet es ja nicht Verbundenheit auf Lebenszeit, oder?”
Leon ließ ihn los, als habe er einen Stromschlag bekommen und sah zu, wie Ryan sich neben June stellte.
„Ich versteh es nicht, aber ich muss deine Entscheidung akzeptieren, auch wenn ich weiß, dass es der größte Fehler deines Lebens ist.” Er rührte sich nicht, hoffte wohl doch, dass Leon sich besinnen, es sich anders überlegen würde.
Der ging tatsächlich auf ihn zu, blieb jedoch in einem gebührenden Abstand vor ihm stehen und schaute traurig in sein Gesicht.
„Ist trotzdem alles okay zwischen uns?” Hoffnung, Angst und Unsicherheit lagen gleichzeitig in diesen Worten. „Ich weiß, es ist viel verlangt …”
„Ja, das ist es wirklich. Aber was ich gestern gesagt habe, ist eine Tatsache. Ich könnte nicht auf dich verzichten, Leon.” Sie blickten sich in die Augen, und wo es gestern bei diesem Anblick noch so gigantisch gekribbelt hatte, tat es jetzt nur noch weh.
Ryan legte seine Hand auf Leons Wange, streichelte ihn sanft, dann küsste er ihn so verzweifelt, dass er Leon die Tränen in die Augen trieb. Er löste sich von ihm, setzte sich auf das Pferd und seufzte. „Bis morgen. Denk einfach nicht mehr drüber nach, Leon. Vergiss, was passiert ist.” Er lächelte gezwungen und trieb June an, die über die Wiesen galoppierte.
Leon blieb zurück, lehnte sich an sein Auto und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Vergessen? Er wollte es nicht vergessen! Er wollte … ja, was wollte er eigentlich? Er wollte normal sein. Aber was war schon normal? Weiter grübelnd setzte er sich in sein Auto, warf einen Blick auf die Serviette, öffnete das Fenster ein Stück und warf sie hinaus. Ryan zu küssen, war nicht richtig und Tara zu küssen auch nicht.
Er fuhr nach Hause, wo er auf seinem Bett lag und wusste, dass es ein seltsames Gefühl sein würde, Ryan morgen gegenüber zu treten. Sollte er ihn abholen? Er könnte sich um halb sieben ans Tor stellen. So würde er ihn nicht verpassen. Er wollte, dass ihre Freundschaft genauso weiter ging, wie sie vorher war … so wie sie sein sollte.
Auf dem Hof angekommen, brachte Ryan June in den Stall, betrat das Haus und traf auf seinen Vater.
„Ist alles okay?”, fragte der.
Ryan starrte ihn irritiert an. Seit wann erkundigte sich Jonathan McCoy nach seinem Befinden? Doch mit seinen nächsten Worten machte der schnell klar, wovon er in Wirklichkeit sprach. „Westweide? Hallo!” Er stieß seinen Sohn unsanft an.
Ryan schnaubte kurz. Das hätte er sich denken sollen. „Ja, sicher! Alles bestens. Kann ich dann durch? Ich will in mein Zimmer.” Ohne eine Antwort abzuwarten, drängte er sich an seinem Vater vorbei und schlug lautstark seine Zimmertür hinter sich zu.
Plötzlich spürte er eine unbändige Wut in sich aufsteigen. Er warf seine Jacke auf den Stuhl, der neben dem Fenster stand, knotete mit zittrigen Händen das Halstuch auf und zog sich den Pullover über den Kopf. Er stand am Fenster, starrte hinaus in die Nacht und rührte sich lange nicht. Jede Faser
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