Gegen Vaters Willen
denn er konnte spüren, dass seine Wangen sich rot gefärbt hatten. „Ja, ich weiß. Ich kann an nichts anderes mehr denken. Doch Leon ist so ein Idiot! Er sagte eben zu mir, dass er es nicht könne, dass er dabei nicht er selbst sei. Ich meine, wie kann ein Mensch sich das selbst antun? Er will es doch und trotzdem … Scheiße, der hat mich eiskalt abserviert!”, stieß er wütend hervor. In seinem Frust warf er Snoopy gegen das Fenster, doch anstatt aufzustehen und ihn zu holen, blieb er mit verschränkten Armen sitzen.
Eileen erbarmte sich und hob das Kuscheltier auf. Liebevoll strich sie über den weichen Stoff. „Ryan, du solltest euch beiden Zeit geben. Ich kann mir denken, dass es für ihn genauso neu ist wie für dich. Vielleicht kommst du einfach besser klar mit der Situation als er.”
Für Ryan spielte es keine Rolle, ob er besser zurecht kam. Er war einfach verletzt. Wenn Michelle recht hatte, empfand Leon genauso wie er. Warum konnte er es dann nicht auch einfach akzeptieren?
„Früher oder später wird er erkennen, wen er hat laufen lassen und es bereuen. Was Besseres als Ryan McCoy kann weder ein Mädchen noch ein Junge bekommen”, sagte Eileen entschieden, setzte Snoopy neben ihren verlegen dreinschauenden Sohn und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Mum?”
„Ja, mein Schatz?”
„Danke …”, sagte er leise.
„Wir haben uns nie über das Thema Liebe und Sex unterhalten. Du bist sehr schweigsam gewesen, in all der Zeit, in der ich beobachtet habe, dass mein Sohn ein Mann und kein kleiner Junge mehr ist. Ich finde es schön, dass wir heute dieses Gespräch geführt haben, und ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen.”
Ryan stand auf, umarmte seine Mutter, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und grinste entschuldigend: „Nein, nicht wirklich. Aber ich fühle mich etwas besser, und das ist doch schon was, oder?” Seine Mutter erwiderte das liebevolle Lächeln, nickte und wünschte ihm eine gute Nacht. Mit einem Stapel Wäsche auf dem Arm verließ sie das Zimmer.
Nachdem er sich wieder auf die Bettkante gesetzt hatte, nahm er Snoopy in die Hand und nach einem kurzen Zögern auch das Foto, welches ziemlich zerknautscht unter seinem Kopfkissen lag. „Du bist ein Idiot, Blake. Aber der Coolste, den es gibt”, murmelte er.
Der nächste Morgen brach nass und trübe an. Zwar regnete es nicht mehr, doch der Nebel lastete auf dem Land genauso schwer wie auf Ryans Stimmung. Er hatte lange wach gelegen und kam nun dementsprechend schwer aus dem Bett. Nachdem er mehr schlecht als recht seine Arbeit erledigt hatte, trank er in der Küche seinen Kaffee und nahm sein Frühstück, welches er in den Rucksack stopfte.
Eileen sah ihn ein wenig besorgt an und erkundigte sich einfühlsam, wie es ihm gehe.
„Ich weiß nicht. Nicht so gut, aber es wird schon. Ich habe viel nachgedacht heute Nacht, und ich hoffe, dass wir uns genauso verhalten können, als wäre nichts passiert. Allerdings halte ich diesen Wunsch für ziemlich utopisch.”
„Ja, das ist er, aber versucht es. Ihr seid schließlich Freunde.”
„Genau. Wir sind Freunde.”
Seine Mutter warf einen Blick aus dem Fenster, wo jetzt doch wieder dicke Regentropfen gegen die Scheibe schlugen. Sofort bot sie an, ihn zur Schule zu fahren, doch Ryan lehnte ab.
„Nein, ich nehm den Bus. Es wäre wesentlich leichter, wenn Dad mich endlich den Führerschein machen ließe”, knurrte er und Eileen nickte beipflichtend.
Dann verabschiedete Ryan sich und trat hinaus. Als er um die Ecke bog, blieb er überrascht stehen. Vor dem Tor parkte Leons dunkelblauer Pickup. Verwundert ging er langsam weiter.
„Ich hätte ja eine Menge erwartet, doch dass du hier stehst, ganz sicher nicht”, sagte Ryan ohne jegliche etwaige Begrüßungsfloskel.
Leon war ausgestiegen und schaute ihn unsicher an. „Ich steh zu meinem Wort. Es sei denn, du willst lieber mit dem Bus fahren.”
Ryan zögerte deutlich, doch wenn es zwischen ihnen funktionieren sollte, dann durfte er jetzt nicht kleinlich sein. Er schüttelte mit dem Kopf und ging rüber zur Beifahrertür, sah mit leichter Genugtuung, dass Leon erleichtert ausatmete.
Sie setzten sich ins Auto und schnallten sich an.
Ryan konnte sich einen Kommentar allerdings nicht verkneifen, als Leon losfuhr. „Du siehst scheiße aus, Blake. Was hast du heute Nacht gemacht?”
Leon sah ihn kurz von der Seite an. „Ich schätze, eine ganze Schachtel Zigaretten weggequalmt”, gab er bereitwillig Auskunft. „Und
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