Gegensätze ziehen sich aus
warnend.
»Ist doch wahr. Sie behandelt mich wie ein Baby«, sagte Emily. »Als ob ein Klavier ein lebendiges Wesen wäre. Wenn es wirklich einen eigenen Willen hätte, würde es sicher nicht bei denen wohnen wollen.«
»Constanze macht doch nur Spaß«, sagte Anton.
»Nein, in diesem Fall leider nicht«, sagte ich in einem Anfall von kindischem Trotz. »Egon - so heißt das Klavier - ist wirklich sehr eigen. Er hat ein Heidentheater gemacht, als ich ihn weiß streichen wollte. Vier Tage am Stück hat er Für Elise gespielt. Es war furchtbar, vor allem, weil er ja nicht g estimmt ist!«
»Siehst du, was ich meine?«, sagte Emily.
Anton seufzte.
Ich tat so, als merkte ich das nicht. »Kevin und Nelly sind draußen und üben mit Julius und Jasper und Kevins kleinen Geschwistern Inliner fahren. Möchtest du mitmachen, Emily? Wir haben noch alte Inliner von Nelly, die dir passen müssten.«
Emily zögerte eine Sekunde lang, bevor sie zu meiner großen Überraschung »Ja, gut« sagte. »Aber nur, wenn Papa mir meine Inliner von zu Hause holt. Ich glaube nicht, dass Nelly jemals so kleine Füße gehabt hat wie ich.«
Möglicherweise stimmte das. Nelly war schon mit riesigen Füßen geboren worden. Die Krankenschwestern hatten sie hinter meinem Rücken auf der Station herumgezeigt wie eine Kirmesattraktion. Mit den großen Füßen, 2450 Gramm Geburtsgewicht und 59 Zentimetern Körpergröße hatte sie auf jeden Fall deutlich stromlinienförmiger ausgesehen als die anderen Babys. Ich wünschte manchmal, die Mütter, die damals über mein Baby gelacht haben,könnten es heute sehen. Wetten, dass keins ihrer dicken, rosa Brummer auch nur annähernd so schön geworden war?
»Natürlich hole ich dir die Inliner, Spätzchen«, sagte Anton zu Emily. Zu mir sagte er: »Siehst du? Wenn wir zusammenwohnen würden, müsste ich jetzt nicht extra nach Hause fahren.«
»Ja, das ist wirklich ein schlagendes Argument«, sagte ich.
Anton ließ mich tatsächlich mit Emily allein, um die verdammten Inliner zu holen.
»Eher sterbe ich«, sagte Emily zu mir.
»Wie bitte?«
»Eher sterbe ich, als mit euch zusammenzuziehen«, sagte Emily.
Geht mir genauso, Herzchen.
»Hast du das deinem Vater schon mal gesagt?«
»Klar«, sagte Emily. »Ich hab ihm gesagt, dass ich in eurer Gesellschaft total verdummen würde.«
»Ja, und das kann er doch unmöglich wollen«, sagte ich.
»Doch«, sagte Emily. »Aus irgendeinem Grund glaubt er wohl, dass du nicht so dumm bist, wie du immer tust.«
Ich musste lächeln.
»Na ja«, sagte Emily und lächelte auch. »Irgendwann wird er's aber schon noch merken.«
»Ja«, sagte ich. »Wenn es dann aber mal nicht schon zu spät ist.«
* * *
Unsere geschäftliche Besprechung mit Paris ließ sich zunächst an wie ein ganz gewöhnlicher Kaffeeklatsch.
»Und - wie ist es so, im Internet mit dem eigenen Mann zu flirten?«, wollte Anne von Mimi wissen.
»Er denkt immer nur an das eine«, sagte Mimi.
»Mit Marzipanschwein218 oder mit sumsebienchen08/15?«
»Er denkt immer nur an ein Kind. Dass die Möchtegern-Mamis ihn da alle angraben, merkt er gar nicht. Aber können wir jetzt mal bitte übers Geschäft reden?«
»Unbedingt«, sagte Trudi. »Ich kann es nicht erwarten, endlich eine erfolgreiche Geschäftsfrau zu werden.«
»Ich dachte, du wolltest die Leute nur glücklich machen«, sagte Anne.
»Das werde ich auch. Aber vor allem ist es meine Bestimmung, der Welt zu beweisen, dass Menschen, die was von Reiki und Engelkommunikation verstehen, jederzeit in der Geschäftswelt bestehen können.«
»Was ist denn mit dir passiert?«, fragte ich.
»Ach, da hat mich gestern doch so ein flach atmendes Arschgesicht von Manager eine realitätsferne Öko-Eso-Schlampe genannt, die von Wirtschaft ungefähr so viel verstehe wie ein Regenwurm von Raumfahrttechnik. Das hat der natürlich nur gesagt, weil ich nicht mit ihm ins Bett wollte. Aber mich ärgern diese Vorurteile schon seit langem. Ich habe einen IQ, von dem diese Großverdiener nur träumen können. Also, Paris ...«
»Ja! Schaut mal!« Paris hielt zwei allerliebste Strampler in die Höhe, auf die ein Luftballon und »Abi 2025« gestickt war. »Sind die nicht goldig?«
»Doch«, sagten wir alle. Nur Trudi stieß mich in die Seite und sagte: »Ich habe mir diese Woche eine Pfeffermühle gekauft. Hätte ich die auch mitbringen und in die Höhe halten sollen?«
»Schwangere sind eben so«, flüsterte ich.
»So bescheuert«, sagte Trudi.
»Ich kann
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