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Gegensätze ziehen sich aus

Titel: Gegensätze ziehen sich aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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eingespannt werden kann.
    Sonja
    11 . Oktober
    Sonja, es ging ja gar nicht in erster Linie darum, dass wir deine Arbeit mit der Tochter deiner Putze nicht als Projekt-Arbeit anerkennen oder denken, du hättest da was zu deinen Gunsten getürkt, sondern darum, dass durch deine eigenmächtige Entscheidung nun ein überzähliges Kind in unserem Projekt ist. Der armen Coralie konnte keine Society-Mum zugeteilt werden, und Fraukes Schwester Ulrike hat zu Recht moniert, dass das dem Kind und den Eltern schwer zu erklären sein wird, nachdem sie ja gerade erst mit Mühe überzeugt worden sind, das Kind überhaupt am Projekt teilnehmen zu lassen. Gerade du als unsere Vorsitzende und Obermami hättest eine solche Situation vermeiden müssen.
    Aber nun ist das Kind ja in den Brunnen gefallen, und wir müssen nach einer Lösung suchen. Am einfachsten wäre es, wir würden eine weitere Mami für Coralie auftreiben. Wer hat eine Freundin I Schwes ter / Bekannte, die sich für diese verantwortungsvolle Aufgabe eignen würde? Und Gitti: Um das gleich vorneweg zu nehmen: Niemand von uns möchte Nagelpilz-Lehmann oder Schlägermami-Heidkamp deswegen fragen.
    Sabine, schon wieder auf dem Sprung zur nächsten Tagung
    11 . Oktober
    An Mami Sabine und alle: Das Wort »türken« im Sinne von hintergehen/täuschen/blenden/betrügen sollten wir aus ethisch/moralisch/ sprach-ästhetischen Gründen aus unserem Wortschatz streichen, es ist ausländerfeindlich, unseren türkischen Mitbürgern gegenüber beleidigend und schlicht und einfach überholt. Mami Gitti
     
    P.. S. Und das Wort »Putze« ist meines Erachtens auch nicht politisch korrekt.
    11 . Oktober
    Gott, jetzt hab dich mal nicht so, Gitti. Nur wenn man das Wort »türken« benutzt, heißt das ja nicht, dass man ausländerfeindlich ist. Wir haben jede Menge ausländische Freunde und sind auch sonst ganz und gar kosmopolitisch ausgerichtet. Und weißt du, wie viel Geld ich im Monat allein für Yuffka und türkischen Joghurt ausgebe? Ich denke, dass Türken, die hier in Deutschland leben, sich solche Empfindlichkeiten, wie über ein Wort beleidigt sein, nicht leisten dürften. Wenn es ihnen nicht passt, wie wir sprechen, können sie ja zurück in die Türkei gehen. Hunde sind ja auch nicht beleidigt, wenn man sagt, dass man sich hundeelend fühlt.
    Sabine
     
    P.S. Wir sind hier ein geschlossenes Forum, wenn ich also etwas Beleidigendes über eine Putze schreibe, dann kann ich ja davon ausgehen, dass keine Putze mitliest und sich somit auch nicht beleidigt fühlen kann.
    11. Oktober
    Manchmal denke ich, du bist total bekloppt.
    Mami Gitti

4. Kapitel
    »Wer war das?«, fragte mein Vater, als Anton weg war.
    »Er sagt, er ist Constanzes neuer Lebensgefährte«, sagte meine Mutter. Fehlte nur der Zusatz »Der arme Irre.«
    Dann wäre es durchaus noch möglich gewesen zu behaupten, dass Anton ein harmloser Irrer sei, der ab und an bei Frauen in der Nachbarschaft vorbeischaute, um sich als deren Lebensgefährte auszugeben. Wahrscheinlich hätten meine Eltern mir sogar geglaubt. Aber ich dachte an übernächsten Samstag, und außerdem wirkte der Whisky bereits.
    »Ich wollte euch eigentlich mit der guten Nachricht überraschen«, sagte ich. So ungefähr im Jahr 2020, falls Anton und ich dann noch zusammen wären.
    »Mit welcher Nachricht«, sagte mein Vater begriffsstutzig.
    »Na, mit dem neuen Kerl, du Dösbottel«, sagte meine Mutter.
    »Damit, dass ich mich verliebt habe«, sagte ich so würdevoll wie möglich. »Anton ist toll. Wir sind ... ein glückliches Paar.«
    Meine Eltern schwiegen.
    »Anton hat meinen Sandkasten gebaut«, sagte Julius. »Ist er arbeitslos?«, fragte meine Mutter.
    »Nein«, sagte ich. »Er ist Anwalt. Er hat meine Scheidung geregelt.«
    »Ach so!«, sagte mein Vater. »Ein Mitgiftjäger, also.«
    »Nein. Anton hat selber genug Geld. Seine Kanzlei läuft hervorragend.«
    »Sagt er.«
    »Das ist wirklich so.«
    »Und Antons Vater ist Rudolf Aisleben von Ableben Pharma«, ergänzte Nelly. »Die sind so was von stinkend reich, das glaubt man gar nicht.«
    »Aha«, sagte mein Vater, die Stirn in grüblerische Falten gelegt.
    »Wollt ihr frühstücken? Ich habe Brötchen geholt.«
    »Ist er ... norma?«, fragte meine Mutter.
    Sind seine Eltern Geschwister? Hat man ihn für Medikamentenexperimente missbraucht? Verwandelt er sich bei Vollmond in einen Werwolf?
    Ich seufzte. »Ja, ganz normal. Tee oder Kaffee?«
    »Tee«, sagte meine Mutter. »Bitte.«
    Mein Vater

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