Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gegenschatz

Gegenschatz

Titel: Gegenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Moorfeld
Vom Netzwerk:
in dir steckt. Und das mit Marc klärt sich sicherlich, wenn du mit ihm redest.»
    Ich nicke unglücklich.
    «Wie wär’s, wenn wir ein paar Kleider- und Stylingexperimente mit dir starten? Hast du Lust?»
    «Hm, warum nicht? Was machen wir?»
    «Wozu ist deine Schwester Kosmetikerin. Ich kann dich beraten und du schaust einfach, was dir so gefällt. Aber wir sollten mit der Garderobe beginnen. Mein Kleiderschrank steht dir ab sofort zur freien Verfügung!»
    Tamara führt mich ins Schlafzimmer und öffnet einen Front-füllenden, komplett verspiegelten Kleiderschrank. Ich staune über die Vielfalt an Röcken, Blusen und Accessoires. Ich selbst besitze nicht einmal ein viertel der Kleidermenge und das meiste in meiner Garderobe ist eher funktional oder businesslike. Wir haben so viel Spaß bei der Anprobe, dass ich zeitweise sogar meinen Liebeskummer vergessen kann. Bisher habe ich mich immer davor gescheut, zu viel Haut zu zeigen, aber Tamara kann ganz schön überzeugend nerven und so lasse ich mich schließlich doch überreden auch die gewagteren Teile anzuprobieren. Es dauert eine Weile, bis ich mich mit meinen Spiegelbild identifizieren kann, doch je öfter und länger ich mich in den heißen Klamotten betrachte, desto normaler komme ich mir darin vor. Ich entdecke, dass enge Kleider mir durchaus gut stehen. Sicherlich werde ich von jetzt an nicht nur in solchen Sachen herumlaufen, aber wenn wenn ich mich mal so richtig sexy fühlen möchte, könnte ich mir durchaus vorstellen, auch mal in etwas leicht verruchtes zu schlüpfen.
    Nach der Anprobe verwandelt Tamara mein braves Gesicht durch geschickte Farbwahl und sparsam aufgetragener Schminke in ein Topmodelgesicht – so fühlt es sich zumindest für mich an. Mit Tamaras rotem Kleid, das ich noch immer trage, finde ich mich unglaublich sexy und begehrenswert. So zu fühlen ist eine Seite an mir, die ich bisher gar nicht kannte und beim Blick in den Spiegel nehme mich erstmals in meiner weiblichen Anziehungskraft wahr, statt als kluge Wissenschaftlerin! Am Abend bin ich schließlich so weit, dass ich sogar ernsthaft über ein Tattoo nachdenke.
    «Ich erkenne dich nicht wieder, Julia! Jetzt gleich schon ein Tattoo? Und wie wäre es mit einem Zungenpiercing?»
    Doch da schüttelt es mich. Das geht mir dann doch zu weit, aber ein ästhetisches Tattoo kann ich mir durchaus vorstellen.
    «Es sollte ein Tier sein, das fliegt. Natürlich kein Adler wie bei Marc.»
    «Eine Taube?»
    «Nein, zu brav!»
    «Aber Julia!», antwortet Tamara mit gespielter Empörung. «So kenne ich dich ja gar nicht!»
    Sie schüttelt ungläubig grinsend den Kopf.
    «Vielleicht ein Schmetterling - aber ein cooler, bunter!»
    «Könnte zu dir passen! Ich sehe mal nach, wofür ein Schmetterling steht!»
    Tamara öffnet ihr Notebook und durchstöbert das Internet nach der Bedeutung verschiedener Tattoos.
    «Der Schmetterling ist ein Symbol für neues Leben und Wiedergeburt !», liest sie laut vor. «Das passt ja perfekt zu deinem Selbstfindungstrip! Die Raupe verpuppt sich und wird als wunderschöner Schmetterling wiedergeboren!», sagt sie übertrieben schwärmerisch, so dass wir lachen müssen.
    «Und wo würdest du ihn dir stechen lassen?»
    «Hm, ich glaube etwas oberhalb meiner Pobacke käme gut im Bikini.»
    «Aber Julia, was wird Mama dazu sagen?», spöttelt Tamara und ich knuffe sie zur Strafe sie in die Seite.
    Wieder lachen wir zusammen los.
    «Weißt du was? Ich tue mal etwas, das ich noch nie gemacht habe. Ich melde ich morgen krank auf der Arbeit und dann mache ich die Stadt unsicher.»
    «Was hast du vor?»
    «Na, ich gehe shoppen, zum Frisör und vielleicht siehst du mich morgen Abend mit einem neuen Tattoo!»
    «Da bin ich ja schon sehr gespannt auf die neue Julia!»

    Ich übernachte bei Tamara und rufe gleich am frühen Morgen auf der Arbeit an.
    «Simon Schwarzberg!»
    Mir wird schlecht, sobald ich seine Stimme höre und ich schlucke heftig.
    «Wieso bist du noch da?», platze ich heraus, ohne meinen Namen zu nennen.
    «Julia, du bist es! Ich packe noch meine Sachen zusammen und morgen bin ich dann weg. Es tut mir so leid! Ich habe dich total überrumpelt! Können wir uns nicht noch einmal sehen?», fragt er kleinlaut.
    «Lieber nicht!»
    Nach einer unangenehmen Schweigepause füge ich hinzu:
    «Mir geht es nicht gut, deshalb möchte ich heute lieber zu Hause bleiben! Ich hoffe, das geht in Ordnung!»
    «Natürlich, das verstehe ich doch! Ruh dich schön aus, damit du für

Weitere Kostenlose Bücher