Gegenwind
allem – allem! – zugrunde lag. Nur noch einen Moment länger, und er würde es entziffern, es begreifen. Jeder Schlag seiner Herzen schickte ein erwartungsvolles Prickeln durch seinen Körper.
Zeig es mir! , dachte er. Lass es mich sehen!
Aber dann war der Moment vorbei. Das Leben wich aus den Zügen des Corellianers. Seine Augen schlossen sich. Keuchend trat Kell von dem Toten zurück, und der erschlaffte Körper klatschte laut auf das Deck.
Das Wissen, die Antwort auf alle Fragen – was eben noch zum Greifen nahe gewesen war, huschte davon wie ein verschrecktes Tier. Schwarze Balken schoben sich vor die Pracht der Galaxis, als Kells Bewusstsein wieder in die Schranken seines Verstandes verwiesen wurde. Er blinzelte, stöhnte, wurde wieder er selbst, Fleisch und Blut.
Seine mit Schleim und Gehirnmasse bedeckten Fühler glänzten feucht, als sie sich wieder in die Hautfalten in seinem Gesicht zurückzogen, und er spürte, wie sie sich über seinen Kiefern zusammenrollten.
Immer noch benommen nach diesem bewusstseinserweiternden Erlebnis, blickte der Anzati auf die Leiche hinab. Einmal mehr wurde ihm klar, dass er nur durch Mord Freiheit und Wissen erlangen konnte – unendliche Freiheit und absolutes Wissen.
Seufzend schleifte er den Corellianer in die Luftschleuse. Dann blies er ihn in die Kälte des Alls hinaus, mit der Gleichgültigkeit und der Routine von hunderten Jahren und tausenden Opfern. Während er vor dem Schott stand und dem sich überschlagenden, schnell kleiner werdenden Körper nachblickte, tröstete er sich mit dem Wissen, dass er eines Tages einem stärkeren Bewusstsein begegnen würde; einem Geist, der ihn lange genug mit dem Universum verbinden würde, um die Wahrheit über das Schicksal zu erfahren.
Nun, da sein Hunger gestillt war, ging er ins Cockpit und verband seinen Kom-Empfänger mit dem Navigationscomputer, so, wie man es ihm befohlen hatte. Einen Moment später erlosch das gelbe Lämpchen des Autopiloten – und Kell musste daran denken, wie die Augen des Menschen erloschen waren, wie der Mann sich innerhalb eines Herzschlags von einem lebenden Wesen in ein erkaltendes Stück Fleisch verwandelte hatte. Eine Kraft von der Planetenoberfläche übernahm die Kontrolle über die Prädator . Kell lehnte sich in seinem Sitz zurück und sah zu, wie das Schiff durch die wolkenverhangene Atmosphäre der dunklen Seite von Korriban entgegensank.
Wenige Minuten später setzte der Manteljäger inmitten uralter Ruinen auf dem Boden auf. Blitze zuckten über den schwarzen Himmel, und in ihrem Schein leuchteten halb zerfallene Pyramiden, Türme aus zerfressenem Stein und kristalline Kuppeln auf – die Tempel und Grüfte der Sith, erbaut vor zahllosen Jahren nach der Gestalt der Dunklen Seite.
Kell erhob sich, schlüpfte in seinen Tarnanzug und überprüfte noch einmal die beiden Vibroschwerter am Gürtel, ehe er das Cockpit verließ. Im Frachtraum blieb er kurz vor seinem Waffenschrank stehen und rüstete sich zusätzlich noch mit einem Blaster aus. Er hatte keine sonderlich hohe Meinung von Laserwaffen. Ihnen fehlte die Eleganz einer guten Klinge; jemanden zu erschießen, war zu einfach, war bedeutungslos. Aber er wusste nicht, was ihn erwartete, und da ging er lieber auf Nummer sicher. Nachdem er das Halfter am Gürtel befestigt hatte, trat er in die Schleuse und betätigte den Knopf für die Landerampe.
Einen Moment erfüllte das Summen der Hydraulik die Luft, dann peitschten Wind und Regen ins Innere der Prädator . Kell atmete ein. Der Geruch der Vergangenheit und des Verfalls stieg in seine Nase. Donner grollte.
Er blickte hinaus in die Finsternis – und legte eine Hand an den Griff seines Schwertes, als drei pyramidenförmig angeordnete Lichter in der Schwärze auftauchten und sich ihm näherten. Schließlich entpuppten sie sich als Leuchtdioden in der Brust eines silbernen Protokolldroiden. Kell konzentrierte sich, kniff die Lider zusammen und sah sich mit den Augen des Schicksals um. Doch immer noch herrschte Dunkel um ihn. Die einzigen Daen Nosi , die er wahrnehmen konnte, waren die seiner Gefangenen und seine eigene. Der Droide besaß natürlich keine Schicksalslinie. Er war eine Maschine, programmiert, leblos. Maschinen trafen keine eigenen Entscheidungen – wenn überhaupt, griffen sie auf die Entscheidungen ihrer Erbauer zurück und zogen daraus ihre Schlüsse. Aus genau diesem Grund konnte Kell Droiden nicht ausstehen. Die Präsenz der silberglänzenden Gestalt irritierte
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