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Gegner des Systems

Gegner des Systems

Titel: Gegner des Systems Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Jon Watkins
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verdächtige Bemerkung gemacht hatten oder bei einer Routineüberprüfung durch subversive Sprechgewohnheiten oder Gesten aufgefallen waren.
    Viele der betroffenen Wohnungen oder Personen standen sowieso schon unter Überwachung. Selbst in dem Fall, daß die Anzahl der indirekten Kontakte in die Höhe von mehreren Millionen anwuchs, würde deshalb gut die Hälfte von ihnen durch kleine verwaltungstechnische Maßnahmen und automatische Überwachung erledigt. Die Anzahl von tatsächlichen Rehabilitationen und Terminierungen ginge wahrscheinlich nur in die Tausende, und das war nicht mehr als ein paar Wochen Arbeit.
    Im umfassendsten Fall würde die Säuberung weit weniger Menschen berühren als die Große Säuberung, in der elf Millionen entweder rehabilitiert oder terminiert worden waren; hinzu kamen weitere fünfzehn Millionen, die verhört werden mußten. Trotzdem war eine Anklage gegen ihn und der Gesichtsverlust, der damit verbunden war, daß der Vater der modernen Rehabilitation‘ sich als ein Zweifler erwies, eine Aufgabe, die weder die Universitätsverwaltung noch die Regierung auf die leichte Schulter nehmen würden.
    Welsh starrte die ungeöffnete Versandtasche mit dem Handbuch an. Wahrscheinlich würde er nur mit der Genehmigung des Oberbefehlshabers selbst angeklagt werden, aber selbst das war nach dem, was er an diesem Nachmittag zu seinen Studenten gesagt hatte, nicht unmöglich.

 
2
     
    Er hielt es für wahrscheinlich, daß seine Äußerungen vor den Studenten durch sein Erlebnis im Supermarkt heraufbeschworen worden war. Wie üblich war er einkaufen gegangen. Er und Eve teilten sich die Haushaltsarbeiten zu gleichen Teilen, da beide arbeiteten, und für ihn war es am leichtesten, für die Nahrungsmittel zu sorgen, da sein Stundenplan ihm einige freie Vormittage ließ.
    Im Supermarkt hatte er sich auf seinen Wagen gesetzt und angefangen, in den Gängen herumzufahren. Er warf dabei Pakete und Dosen in den Korb, der vor seinem Sitz hing. Der Korb wurde dann später abgehängt, geleert, und sein Konto wurde mit dem Gegenwert für den Inhalt belastet. Innerhalb von Minuten wurden die Artikel zu ihm nach Hause geliefert, nachdem überprüft worden war, ob keine von den gekauften Waren wegen seines Status’ für ihn verboten waren.
    Wie er wußte, enthielten manche Nahrungsmittel suchtbildende Zusätze, die dazu verwendet wurden, die Bevölkerung unter Kontrolle zu halten. Die Regierung hatte damit neben den Techniken der Rehabilitationstruppe ein Mittel in der Hand, zusätzlichen Druck auszuüben. Solche Nahrungsmittel waren für Männer in seiner Position verboten und der breiten Masse vorbehalten. Die Zusätze hatten eine beruhigende Wirkung, die die Bürger die Verschlechterung ihrer Umgebung vergessen ließen. Einem ordentlich beruhigten Menschen machte es nichts aus, wenn er das Wasser, das aus seinem Hahn floß, mehrere Male kochen mußte, und die Parolen von Dissidenten, die die Rehabs noch nicht identifiziert und gefangen hatten, würden ihn nicht sonderlich berühren. Die Studenten an der Universität hingegen waren der gleichen Nahrungsmittelgruppe wie Welsh zugeteilt.
    Welsh war sich dennoch sicher, daß sein eigener Nahrungsmittelbedarf ebenfalls behandelt war, und aß deshalb hauptsächlich das, was das hydroponische System ihm lieferte. Er hatte es in einem Raum aufgebaut, den er vom Keller aus durch Aushub von Erdreich gewann. Obwohl er diesen Raum immer erst dann betrat, wenn er vorher im Keller das Licht ausgeschaltet hatte, konnte er mit einiger Sicherheit annehmen, daß die Infrarot-Sensoren die Existenz des Raumes bereits verraten hatten. Er konnte aber mit ebenso großer Sicherheit davon ausgehen, daß in dem Zimmer keine Abhöranlage angebracht war, weil er an der als Teil einer getäfelten Wand getarnten Eingangstür eine Sprengladung angebracht hatte, die in seiner Abwesenheit andere daran hinderte, in den Raum zu gehen.
    Die Tatsache, daß er so wenige Nahrungsmittel kaufte, und die Werte, die die Sensoren von ihm übermittelten, wenn er mit Gemüse beladen aus dem Raum kam, hatten offensichtlich nicht ausgereicht, sie davon zu überzeugen, daß der Raum eine nähere Untersuchung lohnte. Trotzdem war der Raum ein Posten auf der langen Liste von Anklagepunkten, die ihm eines Tages vorgehalten werden würden.
    Ein bösartiger Nebel hing schon seit vier Tagen über dem Supermarkt. Die Luft war dick und gelblich. Sie hinterließ Flecken auf den Fenstern und auf einigen Arten von

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