Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gegner des Systems

Gegner des Systems

Titel: Gegner des Systems Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Jon Watkins
Vom Netzwerk:
verschwand. Welsh beugte sich über Eve.
    Auf der Flucht war nicht viel Zeit geblieben, sich darüber Gedanken zu machen, wie sehr das Verhör ihr geschadet hatte. Während ihrer Flucht war sie wie ein Sack Nahrungsmittel von Hand zu Hand gereicht worden. Welsh spürte eine Vielfalt von Empfindungen, als er neben ihr kniete. Liebe, Furcht, Sorge und Wut stiegen in ihm auf und machten dem nächsten Gefühl so schnell Platz, wie sie gekommen waren.
    Es gab keine Möglichkeit festzustellen, wie weit sie sich erholen oder ob sie sich überhaupt wieder erholen würde. Es war möglich, daß sie als verängstigter Roboter aufwachte, der manche Worte nicht sagen konnte, ohne daß ihm die Luft ausging, oder der verbotene Gedanken nicht ohne Zittern und Weinen denken konnte. Er fragte sich, ob man ihr Befehle gegeben hatte, die gegen ihn gerichtet waren, und ob der Versuch, ihn zu beißen, vielleicht nicht der Angst entsprang, sondern einem Haß, den ihr die Regierung eingetrichtert hatte. Bevor sie aufwachte, konnte man das nicht sagen, und wenn sie jetzt aufwachen würde, wäre es zu gefährlich, es herauszufinden.
    Darüber brauchte er sich jetzt jedoch keine Gedanken zu machen. Durch den Schlag, den er ihr versetzt hatte, war sie in einen tiefen, todesähnlichen Schlaf versetzt worden, aus dem sie so schnell nicht erwachen würde. Nach ein paar Minuten kam Stark zurück. „Panzer“, sagte er. „Acht Stück. Zwölf Wachen. Zwei Viererreihen, ungefähr zwanzig Meter auseinander, drei Wachen für je zwei Panzer.“
    „Kommen wir daran vorbei?“
    „Schon, aber dann kommen wir in Reichweite des anderen Bunkers, und über den Zaun führt damit noch immer kein Weg.“
    Welsh lächelte. „Es gibt aber einen Weg durch ihn hindurch. Kannst du einen Panzer fahren?“ Stark nickte. „Gut. So kommen, wir raus.“ Er sah Light an. „Wir brauchen etwas, das sie ablenkt. Hast du noch mehr Hologramme?“
    Light zog ein Päckchen papierdünner Negative aus einem Behälter an der Seite des Lasers. „Wie wär’s mit drei Blondinen in ausgesuchten erotischen Stellungen?“
    Welsh sah Stark an, als habe er nicht richtig gehört. Stark, der offensichtlich an die Launen eines Genies gewöhnt war, verzog keine Miene.
    Light hob seine Hand wie ein Verkäufer auf dem Jahrmarkt. „Gut, gut, Herrschaften. Sie sind nicht zufrieden, sagen Sie. Dann will ich Ihnen mal verraten, was ich jetzt mache. Sie bekommen noch zusätzlich diese Ansicht vom Capitol im Mondschein und dazu noch sechs ausgesuchte Ansichten des Rehabilitationshauptquartiers.“
    Welsh sah für eine Erklärung wieder zu Stark. Stark zuckte gelassen die Achseln. „Der spinnt, das ist alles. Und wenn du meinst, bei ihm wär’s schlimm, dann warte nur mal ab, bis du Brendan hörst.“
    Wie auf ein Stichwort trat Brendan nach vorn und berührte seine Stirn in klassischer arabischer Filmtradition. „O teuerster Freund, ihr habt kaum angefangen, die Kräfte unseres kleinen Zauberkastens auszunutzen. Würde es euch gefallen, o Herr, wenn ihr tausend Tänzerinnen auf Kamelen sehen würdet, die von unersättlichen Mongolen auf Ziegen verfolgt werden?“
    Welsh sagte: „Ihr seid verrückt, ihr zwei. Wißt ihr eigentlich nicht, wo wir sind?“
    Brendan drehte beide Hände nach außen. „Ihr seid gekränkt, Effendi! Nehmt meine Entschuldigungen für meine Hast an. Ich biete Euch statt dessen eine Serie von zwölf lebensgroßen Abbildungen Buddhas an, von denen jede aus einem anderen Halbedelstein gemeißelt ist.“
    Welsh akzeptierte schließlich ein Gruppenbild der drei, in dem Brendan, Stark und Light mit verschiedenen Waffen in Kampfposition zu sehen waren. Es schien, als brauche Light Stunden, um das Päckchen Hologramme zu durchsuchen, bis er das richtige Bild gefunden hatte. In der Zwischenzeit war es Welsh klargeworden, daß das, was wie exzentrisches Benehmen aussah, in Wirklichkeit eine Methode war, sich vor dem Kampf zu entspannen. Sehr wahrscheinlich wurden Brendan und Light durch sie genauso hellwach wie Stark und Welsh durch Konzentration.
    Light bezog eine Stellung, von der aus er mitten in die Formation hineinprojizieren konnte. Brendan suchte sich einen Platz gegenüber von Light, um die Panzer auf der anderen Seite so unter Feuer nehmen zu können, daß es aussah, als käme es von den Gestalten, die gleich zwischen den Panzern erscheinen würden. Eve ließen sie liegen, wo sie war, obwohl sich Welsh Gedanken darüber machte, was geschehen würde, falls sie

Weitere Kostenlose Bücher