Geh auf Magenta - Roman
hatte etwas Teuflisches, so als hätte Satan selbst die Hand im Spiel und würde sich nun genüsslich in Person dieses schwarzen Dings da oben offenbaren, gleich kämen bestimmt auch noch ein paar Ratten oder Wölfe herein. Er überlegte einen Moment lang, ob er nicht besser hinüber in Robs Atelier gehen sollte. Dann aber schien die Fledermaus den Bogen raus zu haben, prallte einmal gegen den Fensterrahmen, um dann beim zweiten Anlauf wieder nach draußen zu fliegen. Schnell schloss er die Fenster dicht, setzte sich erschöpft in seinen Sessel und starrte lange und müde in den Raum. Trennungen waren wirklich anstrengend.
Am nächsten Morgen saßen sie verfroren am Feuer, die Nacht war bitterkalt gewesen. Langsam stieg die Sonne höher, ihr Licht stach durch das Grün des Urwaldes und brach sich auf den taunassen Blättern in allen Spektralfarben. In der Ferne konnten sie herannahende Gewitterwolken ausmachen, und Bastien trieb die Gruppe zur Eile an, in den höher gelegenen Regionen fanden sie sicher eine besser geeignete Zuflucht als hier im Wald.
Wieder ging er voran und führte die Gruppe bergan. Ihr Weg leitete sie anfangs durch Unterholz und mannshohes Gras, dann wich die dichte Vegetation einer Hochmoorlandschaft, sie konnten sich jetzt nur noch fortbewegen, indem sie von Grasbusch zu Grasbusch sprangen, ein zermürbendes Unterfangen. Nachdem sie das Moor durchquert hatten, mussten sie erschöpft eine Pause einlegen, ihre Kleidung war bis zu den Hüften mit schwarzem Schlamm bedeckt, ein süßer Geruch von Fäulnis umgab sie in dieser irreal anmutenden Umgebung. Bastien beobachtete Tom, der in Milas Nähe stand und sie schamlos anlächelte. Auch Mila lächelte kurz, beschäftigte sich dann aber wieder mit dem Reinigen ihrer Kleidung. Er mahnte die anderen zum Weitergehen und stieg weiter bergan. Vor ihnen öffnete sich ein weiterer Wald, nur bestand er diesmal nicht aus den bekannten Baumriesen, sondern aus meterhohen Senecien, ganze Wälder aus Blumen erstreckten sich über die Hänge und Schluchten. Insekten umschwärmten die herunterhängenden Knospen, die Luft vibrierte von ihrem Summen; alles hier schien größer zu sein als gewohnt, Bastien musste an Gullivers Reisen denken, staunend schaute er auf einen Regenwurm vor seinen Füßen, der den Durchmesser eines Wasserschlauchs hatte. Ab und an ertönte ein Kreischen aus den Blütenkelchen, auch hier schien es Affen zu geben, er konnte nur hoffen, dass zumindest die in ihrer normalen Größe verblieben waren. Auch die anderen nahmen diese märchenhafte Umgebung staunend wahr und blickten immer wieder hoch auf die farbenfrohen Blüten und Insekten über ihren Köpfen.
Schon bald verengte sich ihr Weg durch eine Klamm, sie mussten jetzt klettern. Immer wieder rutschte jemand aus, so auch Mila, als sich plötzlich ein Felsbrocken unter ihren Füßen löste; sie stürzte einen Meter hinab, bevor Tom sie schließlich auffangen konnte, gerade noch rechtzeitig, unter ihnen gähnte eine Kluft. Zitternd kam sie wieder auf die Beine, Tom grinste sie an und sagte, dass es besser sei, wenn sie in seiner Nähe bliebe, aber Bastien war sofort zur Stelle und baute sich vor Tom auf, dieser blickte scheu zur Seite und ließ Mila wieder nach vorne gehen.
Sie gingen noch einige Meter und entdeckten dann ein seltsam gleichmäßiges Gebilde zu ihrer Rechten, offensichtlich war es ein sehr großes Gebäude. Vorsichtig näherten sie sich ihm, Bastien deutete den anderen an, in Deckung zu gehen, und nutzte die Deckung der Blumenstämme, um schließlich an die ersten Wände des Gebäudes zu gelangen. Es handelte sich um einen sehr alten Tempel, die aufeinandergeschichteten Steine wiesen hieroglyphenartige Verzierungen, zumeist Tiere und Fabelwesen, auf. Er ging vorsichtig weiter und entdeckte einen Eingang, der zu einer Art Atrium im Innern des Gebäudes führte; niemand schien dort zu sein, verrottete Tonscherben auf dem Boden verrieten, dass der Tempel schon lange verlassen sein musste. Er winkte den anderen zu, die nun zu ihm aufschlossen; Mila fragte, was das sei, und Bastien konnte nur Vermutungen anstellen, wahrscheinlich war diese Insel in der Frühzeit einmal bewohnt gewesen. Er wies auf einen reich verzierten Hochaltar an der Frontseite des Atriums; primitive Menschen wären zu so etwas nicht in der Lage. Sie gingen weiter und studierten die angrenzenden Räume, einige waren so groß wie Hallen, durchgehend mit Fresken versehen, die immer wieder die gleiche Geschichte
Weitere Kostenlose Bücher