Geh auf Magenta - Roman
zu erzählen schienen; langhaarige Menschen, wohl die Einwohner, begrüßten seltsam aussehende Wesen mit übergroßen Köpfen. Sie stellten ihnen Geschenke hin und beugten sich vor ihnen auf den Boden. Aus den Mündern der Wesen schienen Sterne zu kommen, zumindest konnte man die gekreuzten Linien vor ihren Köpfen so deuten, wahrscheinlich bezogen sich diese Symbole auf eine den Eingeborenen fremde Sprache. Helme, dachte Bastien, als er die großen Köpfe sah; wahrscheinlich waren Spanier, Portugiesen oder ein anderes Seefahrervolk an dieser Küste gelandet und hatte einen bleibenden Eindruck bei den Eingeborenen hinterlassen. Ihn verwunderte nur, dass es keine Bilder von Karavellen oder anderen Schiffen gab, stattdessen immer wieder Sterne. Sie gingen wieder ins Freie zur Rückseite des Tempels und entdeckten weitere Gebäude, eine ganze Stadt. Grüne Patina hatte die kupfernen Dächer überzogen, überall rankten sich Lianen an den Wänden hoch. Sie gingen weiter zu einem besonders schönen Gebäude mit pagodenähnlichem Dach, das an die Felsen der Schlucht gebaut war. Auch dieses verfügte über einen Eingang, der zu einem Atrium führte, nur wurde dieser von zwei überdimensionalen Statuen aus Basalt flankiert. Die Figuren standen aufrecht und erinnerten an ägyptische Pharaonenbilder, mit Blicken, die stolz nach vorne, in eine imaginäre Weite, gerichtet waren. Mila fragte, wer die wohl gewesen sein mochten, Bastien vermutete Abbilder von alten Herrschern, Königen, was auch immer, aber eines schien klar, es musste an diesem verlassenen Ende der Welt eine bedeutende Kultur gegeben haben.
Ein Gang führte in Richtung der Felswand, die einen bis dahin unsichtbaren Spalt freigab. Auf dem Boden lagen einige verstreute Fackeln, Bastien rieb zwei Steine aneinander und entzündete einen Stumpf. Nun trauten sie ihren Augen kaum, am Ende des Spaltes öffnete sich eine gigantische Höhle, übersät mit Stalagmiten und Stalaktiten, an manchen Stellen waren diese zusammengewachsen und bildeten lange Säulenreihen, die am Ende der Höhle ins Nichts zu führen schien. In der Mitte der Höhle befand sich ein See; sie gingen vorsichtig näher und sahen auf das glitzernde Wasser. Der Boden leuchtete seltsam golden, wahrscheinlich war er mit Edelsteinen bedeckt. Mila wollte in das Wasser greifen, aber Bastien hielt ihre Hand im letzten Moment zurück, blitzschnell hatten sich Piranhas von der Seite genähert und schossen durch das Wasser.
Die anderen standen im Hintergrund und blickten staunend in die Höhle, Bastien warnte sie, nicht zu weit zu gehen, man könne nicht wissen, was alles in den dunklen Nischen hinter den Säulen lauerte. Er sollte recht behalten, urplötzlich stieg ein Schwarm Fledermäuse in die Luft und kreiste um ihre Köpfe, einige schrien, und sie rannten zurück zur Spalte. Durch einen gezielten Schlag mit der Fackel setzte Bastien eine Fledermaus außer Gefecht, dann eine weitere, schließlich erreichten sie wieder das Atrium. Draußen verdunkelten die Gewitterwolken den Himmel, und sie beschlossen, die Nacht unter dem schützenden Dach zu verbringen. So entzündeten sie ein Feuer, und Bastien bestimmte die ersten Wachen. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Tom wieder mit Mila sprach, der Kerl nutzte offenbar jede Gelegenheit. Schnell entschlossen ging er zu den beiden und zog Tom am Ärmel aus dem Gebäude; draußen stellte er sich vor ihm hin, hinter ihm schlugen die Blitze in die Bergkuppen. Tom blickte ihn verschlagen an – nicht nur er hätte ein Recht auf Mila, sagte er, ebenso wenig auf den Führungsanspruch in der Gruppe. Bastien quittierte diese Frechheit, indem er ihn am Kragen griff; Tom versuchte, ihm einen Schlag zu verpassen, dem Bastien aber geschickt auswich; mit einer Drehung seines Körpers trat er dann mit dem Fuß gegen seine Brust, er stürzte einige Meter nach hinten und blieb stöhnend liegen. Bastien ging zu ihm, packte ihn wieder am Kragen und sagte ihm, dass die Sache so nicht laufen würde, erstens, zweitens: dass er sich mit seinem dämlichen Hintern sofort aus seinem Haus zu bewegen hätte, drittens: dass die Nummer mit Mel ab sofort ein Ende hätte, noch ein Anruf, eine SMS, eine E-Mail oder sonst was, und er würde ihn kennenlernen, aber so richtig.
Er versetzte ihm zudem eine knappe Ohrfeige, und so viel zu seinem Führungsanspruch, er sei eben nur ein Weichei. Tom bat um Gnade, die Bastien ihm schließlich voller Abscheu gewährte, er könne in einem der anderen Häuser
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