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Geh aus, mein Herz

Geh aus, mein Herz

Titel: Geh aus, mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Klempnerei. Die Pizzeria war praktisch nicht mehr vorhanden: Kurz nach Einbruch der Dämmerung waren da plötzlich laute Schritte gewesen, dann flog eine Rauchhandgranate durch die Tür. Gäste waren keine da gewesen, nur ein Mann, der auf die Straße getorkelt war und jetzt vor ihr saß, mit einem dicken weißen Handtuch in der Hand, in das er jedes Mal hustete, nachdem er etwas gesagt hatte.
    Muhammad Azad hatte Kajsa Lagergren zu einem iranischen Frühstück eingeladen: Wassermelone, Radieschen, milde Pfefferschoten, zarter Lauch, Schafskäse und frische grüne Kräuter. Sie erkannte Minze und Petersilie. Muhammad brach das flache, mit Sesam bestreute Brot, nane barbari, sagte etwas, was sie nicht verstand, und hustete dann wieder in das Handtuch.
    »Wie bitte?«
    »Ich habe gesagt, dass der Name unseres Brotes sehr treffend ist.«
    »Das stimmt.«
    »Aber vielleicht ist das Wort Barbaren zu einfach. Ich finde nicht immer den richtigen Ausdruck auf Schwedisch.«
    »Ich auch nicht. Uns fehlen manchmal ebenfalls die Worte. Noch jedenfalls.«
    Muhammad hatte nichts von seinem Background erzählen wollen. »Meine Geschichte gehört eigentlich mir, sie ist schon zu oft erzählt worden, und Sie haben ja alles in Ihren Unterlagen.« Eine halbe Stunde später wusste sie jedoch, dass er aus dem nördlichen Iran nach Schweden gekommen war, aus dem Gebiet des aserbaidschanischen Volkes um Täbris, auf der Flucht vor der Einberufung zu einem Krieg, den er mit Sicherheit nicht überlebt hätte; die Aserbaidschaner wurden an die vorderste Front geschickt und niemand kehrte je in sein Dorf zurück. Seine Verlobte war mit ihm geflohen. Das war ungewöhnlich. Elnas saß abseits, ging zwischen ihnen und der Küche hin und her. Kajsa Lagergren hörte weiche, fremde Melodienfetzen einer einsamen Bratsche und nahm auf dem Sofa eine aufrechtere Haltung ein.
    »Sie haben erwähnt, dass Sie schon früher bedroht wurden.«
    »Ja, das ist richtig. Aber das ist mehrere Jahre her. Und die Drohungen waren anders.«
    Kajsa Lagergren sagte nichts.
    »Sie kamen von meinen Landsleuten, wenn ich sie so nennen kann. Iraner – Fanatiker, Studenten, die nach uns aus dem Land geflohen sind …«
    »Sind sie in Ihrem Restaurant aufgetaucht?«
    »Nein, sie haben mich nur am Telefon bedroht. Mehrere Male. Ich hatte schon erwogen, mir eine Geheimnummer zuzulegen, aber das ging nicht. Und dann haben die Drohungen aufgehört. Vielleicht sind die Leute nach Hause zurückgekehrt, ich weiß es nicht, und ich habe auch nicht versucht, es herauszufinden.«
    »Aber diesmal ist alles anders.«
    »Ja. Die hier sind wirklich ins Restaurant gekommen.«
    »Was haben Sie gesehen?«
    »Das habe ich doch schon gesagt. Ich habe nichts weiter gesehen als die schwarze Kopfbedeckung und eine Hand, die etwas warf. Und dann hab ich vor lauter Rauch gar nichts mehr gesehen.«
    Muhammad Azad nahm einen grünen Gewürzzweig aus der großen Zinnschale, die vor ihnen stand, und reichte ihn Kajsa. Er schmeckte säuerlich, aber auch ein wenig süß und nach noch etwas, das sie an eine fette gelbe Soße zu gegrilltem Fleisch denken ließ.
    »Estragon«, erklärte Muhammad lächelnd, »wir ziehen ihn selber.«
    Es war das erste und einzige Mal, dass sie ein Lächeln in dem dunklen Gesicht sah, das jetzt wieder zum Teil von dem weißen Handtuch verborgen war. Die Augen richteten sich auf sie; weiß und braun, mit roten Streifen in dem Weiß unter einer hohen Stirn; dünne, kurz geschnittene Haare.
    Sie schwiegen. Elnas Azad nahm winzige braunweiße Tassen aus einem kleinen Glasschrank neben dem Sofa, und Muhammad deckte den Tisch, während seine Frau aus der Küche eine Kupferkanne holte; sie hatte einen langen Griff und eine lange Tülle und war geformt wie eine Sanduhr. Der Mann schenkte den Kaffee ein. Kajsa Lagergren nahm den Geschmack nach Ingwer und Zimt auf der Zunge wahr.
    »Hawadge-Kaffee.«
    Zum ersten Mal hörte Kajsa die Stimme der Ehefrau.
    Muhammad Azad begann plötzlich heftig zu husten. Er erhob sich und ging einmal im Zimmer herum. Als der Husten nachließ, setzte er sich wieder aufs Sofa und wischte sich den Mund ab. Kajsa sah kleine Schweißperlen auf seinen Schläfen. Er beugte sich vor.
    »Schweden ist jetzt ein anderes Land. Es ist ein anderes Land geworden, seit ich hergekommen bin.«
    »Das spüren Sie?«
    »Spüre es, sehe es.« Er breitete die Arme aus. »Als ich hierher kam, fühlte ich mich willkommen, obwohl es viele Probleme gab. Die Menschen waren

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