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Geh aus, mein Herz

Geh aus, mein Herz

Titel: Geh aus, mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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dargestellt, die »Ausgestoßene« genannt wurden; aber es wurde nie gesagt, von wem sie ausgestoßen worden waren. Angstschreie hatten zur Geräuschkulisse des Viertels gehört, zusammen mit dem Sommergeschrei der Kinder, die in den Planschbecken unterhalb der Kungsladugårdsschule spielten, und der jaulende Fahrtwind der Straßenbahnen, die meistens mit der Regelmäßigkeit des Fahrplans vorbeifuhren.
    Ein Freistaat war es immer noch, aber auch eine wildere, eine gefährlichere Gegend. In allen Stadtteilen von Göteborg war das Leben schwerer geworden, das las sie in den Gesichtern, denen sie jetzt begegnete: wilde Blicke, die ihre suchten, heftige Bewegungen in ihre Richtung. Die Verrückten mussten zusehen, wie sie klarkamen, aber das funktionierte nicht, niemand hielt Verteidigungsreden für sie. Vor einem Lebensmittelgeschäft wollte ein Mann mit bandagiertem Kopf die Straße überqueren, unter Einfluss von wer weiß was, aber als er vorwärts zu gehen versuchte, stieß er gegen die Wand neben sich. Auf der Straßenseite gegenüber saßen zwei Frauen, auch unter Einfluss von irgendwas, die Köpfe gegen die Wand unter dem Schild von dem Blumenladen gelehnt, was dem Ganzen eine Fröhlichkeit verlieh, eine makabere Fröhlichkeit, dachte sie und ging weiter nach Süden. An der Straßenbahnhaltestelle hatte sich eine Gruppe versammelt, fünf, sechs Personen, mit Flaschen und einem vorübergehenden Gruppengefühl. Als sich die Straßenbahn näherte, stürmte die Gruppe die Tür im letzten Wagen. Es dauerte eine Weile, ehe die Bahn weiterfuhr – wegen der beschlagenen Fenster und des Regens konnte sie nichts erkennen; aber sie sah, dass nach einer Minute einige andere Fahrgäste aus dem Wagen rannten. Eine Flasche wurde ihnen nachgeschleudert, sie zerbrach am Wartehäuschen.
    Hier war sie als junge Polizistin in Uniform umhergefahren; es war noch gar nicht so lange her, aber sie hatte das Gefühl, als lägen Lichtjahre zwischen damals und jetzt.
    War hier umhergegangen, war stehen geblieben und hatte sich etwas zu essen gekauft, ein Würstchen an der Bude am Mariaplan. Bullenfraß. Manchmal hatte sie Dienst mit einem anständigen männlichen Kollegen gehabt. Und jetzt war sie wieder hier, die Positive, Kajsa, denk positiv, und es gab ja positive Ergebnisse des Umstandes, dass die Gesellschaft so verdammt hart geworden war. Das Positive war, dass sich die Stimmung am Arbeitsplatz verändert hatte, als ob die Bullen kapiert hätten, dass man auch an sich selbst denken durfte, und das brachte es mit sich, dass man mit einer gewissen Moral vor sich selber auftreten durfte. Es gab einen alten verkommenen Geist im Dienst, aber ihr schien, dass jetzt eine neue Stimmung entstand, vielleicht eine Art Fürsorge an der Stelle, wo der Geist der Polizei eher einem Haufen Trainingsklamotten geglichen hatte, die nach einem verschwitzten Training über eine Woche in der Tasche vergessen worden waren. Verrottet.
    Früher hatte die Polizei sich erst mit dem Scheiß der Rowdys auseinander setzen müssen, dann mit dem Scheiß von den Kollegen, erst recht sie als Frau – und das bildete sie sich nicht nur ein. Aber im letzten Jahr oder in den letzten beiden Jahren hatte sich etwas verändert. Die Realität hatte es notwendig gemacht. Wenn eine Frau eine Außenseiterin im Polizeijob gewesen war, so änderte sich das jetzt. Sie hätte es Unterdrückung nennen können, aber die Unterdrückung fand jetzt andernorts statt. Deutlich spürbar gab es sie in der Gesellschaft, und die Schikanen am Arbeitsplatz, die sich Mitte der neunziger Jahre wie Schleier von Gelächter über den Polizeiberuf gelegt hatten, was zu riesigen Schlagzeilen geführt hatte, diese Schikanen richteten sich nun geradewegs von oben gegen die Gequälten der Gesellschaft, und da schien auch den Miesesten im Dienst die Lust auf den eigenen Scheiß zu vergehen. Immer noch gab es eine männliche und eine weibliche Kultur am Arbeitsplatz, anders wäre es ja auch merkwürdig gewesen, aber irgendetwas Neues lag nun in der Luft.
    Kajsa Lagergren ging die Kungsladugårdsgatan zur Högsbogatan hinunter, bog nach rechts ab und ging einige Hundert Meter weiter. Sie spürte die Feuchtigkeit durch den Regenmantel, aber ihre Entscheidung war richtig gewesen; sie hatte die Zeit, die sie diese Straße entlangging, gebraucht.
    Vor der Pizzeria blieb sie stehen, trat ein, bestellte eine Margherita und setzte sich ganz hinten ins Lokal. Sie war der einzige Gast.
     
    Nach einer Weile

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