Geh Ich Auf Meine Hochzeit
suchst Liebe beim Liebesdoktor Ewan Walshe!« Zoë kicherte und blickte an die Decke. »Mir gegenüber brauchst du dich nicht entschuldigen, Cara, ich ziehe dich doch nur ein wenig auf.«
Cara entspannte sich und lachte. »Arlene hat ihn mir gegeben, als wir neulich alle zusammen im Ryan waren. Sie hat darauf bestanden, dass ich ihn annehme und meinte, er würde ›meine Lippen definieren‹. So etwas habe ich seit Jahr und Tag nicht mehr benutzt.«
»Es steht dir aber«, meinte Zoë, die den Kopf wie ein Vogel zur Seite gelegt hatte und die Wirkung des Konturenstifts und des maulbeerfarbenen Lippenstifts auf den sinnlichen Lippen ihrer Freundin bewunderte. »Küsst Ewan ihn dir gerne weg?«
Sie lachten.
»Hm!«
»Wohin gehst du heute zum Mittagessen, 007?«, fragte Zoë und nahm die Arbeit an ihrem Zeichenbrett wieder auf.
Sie spielte auf Caras Tick an, Ewan immer nur an entlegenen Orten zu treffen, damit keiner der Arbeitskollegen von ihrer Beziehung erführe.
Sowohl Zoë als auch Ewan fanden dieses Beharren auf Geheimhaltung vollkommen absurd. Mittlerweile hatte sich Ewan halbwegs damit abgefunden, denn er war selbst ein sehr zurückhaltender Mensch und wollte nicht, dass seine Umgebung allzu viel über ihn wusste. Aber Zoë, die jederzeit auch ihre persönlichsten Probleme mit jemandem besprechen würde, den sie gerade in der Schlange im Supermarkt kennen gelernt hatte, konnte die Zurückhaltung ihrer Freundin nicht nachvollziehen.
Cara versuchte ihr zu erklären, dass sie ihr Privatleben deswegen privat halten wollte, weil sie den Spott nie verwunden hatte, nachdem Owen Theal damals vor ein paar Studenten geprahlt hatte, sie habe sich ihm an den Hals geworfen. Doch Zoë wies sie darauf hin, dass all das schon prähistorisch sei, und akzeptierte es nicht als Begründung.
Tatsächlich wollte Cara Ewan gleich am Kanal treffen, wo sie garantiert niemandem aus der Yoshi-Werbegruppe begegnen würden; denn heute war Zahltag. Alle Mann verschwendeten ihr Geld auf üppige Biergelage oder marinierte Steaks.
»Wir haben uns am Kanal verabredet«, gab sie zögernd zu. »In fünf Minuten.«
»Wenn ich mit Ewan zusammen wäre, würde ich im Internet eine Website einrichten und es der ganzen Welt mitteilen«, meinte Zoë, die jetzt nicht mehr vorgab zu arbeiten.
Cara schnaubte. »Wieso denn Internet - wo du doch dein Sexleben sogar mit der Frau vom Waschcenter besprechen würdest!«
»Mein nicht existentes Sexleben, willst du wohl sagen«, gab Zoë zurück. »Ich giere danach, wogegen du es jeden Tag haben kannst und es niemandem mitteilst. Warum eigentlich nicht?«
»Du weißt schon, mit einem Arbeitskollegen auszugehen...«, verteidigte Cara sich. »Sicher wird man es nicht gerne sehen. Und es steht fest, dass Bernard schwierig ist. Einen von uns beiden würde er vor die Tür setzen, und derjenige wäre ich - das habe ich einfach im Gefühl.«
»Lass Bernard aus dem Spiel«, winkte Zoë ab, die damit ganz in Ewans Horn stieß. »Hast du noch nie etwas von Arbeitsschutzgesetzen gehört? Schließlich ist das hier keine Diktatur. Das Gesetz regelt es, wie Arbeitsverträge auszusehen haben und unter welchen Umständen Kündigungen ausgesprochen werden können.«
»Und ob das hier eine Diktatur ist«, brauste Cara auf. »Gestern Abend bin ich bis halb elf geblieben, weil Bernard es verlangt hat. Und du warst vorgestern bis neun im Büro.«
»Vielleicht ist für mich ein Ende in Sicht«, deutete Zoë geheimnisvoll an.
»Was willst du denn damit sagen?«
»Ich erwäge, mich nach einem anderen Job umzusehen«, verkündete sie. »Genauer gesagt, habe ich mich schon bei mehreren Firmen beworben und morgen findet ein Vorstellungsgespräch statt.«
Cara hörte in ihrem Rucksack zu kramen auf und sah ihre Freundin entsetzt an. »Das ist doch nicht dein Ernst? Wann hast du denn das entschieden? Wohin wirst du gehen?«
Ihre letzte Frage ließ sie ungestellt: was werde ich ohne dich anfangen? Seit dem College waren sie nun zusammen, arbeiteten schon vier Jahre lang Schulter an Schulter bei der Yoshi-Werbegruppe und ertrugen Bernards Wutausbrüche gemeinsam. Cara konnte sich nicht vorstellen, ohne Zoës freundliche Art bei Yoshi zu bleiben, ohne Zoës beißende Bemerkungen über den Chef, wann immer sich eine Gelegenheit dazu bot. Es gab niemanden sonst, mit dem sie sich hätte zusammentun und unanständige Limericks über ihre Kollegen hätte verfassen können, niemanden, mit dem sie sich beim Mittagessen totlachen oder
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