Geh Ich Auf Meine Hochzeit
Unterschied zwischen uns ist der, dass sie sich für die einflussreichen unter ihnen interessiert. Ich stehe leider auf die muskulösen, etwas dümmlichen Typen, die nicht einmal ihre eigene Karriere vorantreiben können, geschweige denn meine.« Er seufzte theatralisch. »Setzen Sie sich doch in Ihre Garderobe und prägen sich den Sendeablauf ein, meine Liebe. In der Zwischenzeit suche ich nach einem Ersatz, der nicht zu ›hart‹ rüberkommt.«
Wie versprochen erschien Kevin nach zehn Minuten mit einem engen lila Seidentop. Zusammen mit ihren Nadelstreifenhosen würde es recht schmeichelhaft aussehen. »Im Archiv sitzt ein Mädchen, das mir noch einen Gefallen schuldet«, erläuterte er. »Ich habe es ihr vom Leib gerissen, es wird also noch warm sein.«
Da Olivia Kleidung aus zweiter Hand mochte, würde sie sich nicht beschweren, wenn etwas noch vom vorhergehenden Träger angewärmt war. Sie zog es über, bürstete sich rasch die Haare und war fertig.
»Sie sind echt in Ordnung«, meinte Kevin bewundernd.
Zurück am Set stand das Programm kurz vor Beginn. Überall wurden hektisch die allerletzten Details besprochen. Der Aufnahmeleiter rannte herum und schrie in sein WalkieTalkie, wobei jedes dritte Wort ein Kraftausdruck war. Die normalerweise gelassene Linda Byrne raste mit besorgter Miene in die Regie, und sogar die Kameraleute schienen sich angesichts der sogleich ablaufenden Titel aus ihrer Lethargie zu lösen.
Nancy und der zweite Moderator, ein freundlicher Mensch um die vierzig namens Theo Jones, saßen so weit wie nur möglich auf einem der riesigen himbeerfarbenen Sofas voneinander entfernt.
Nancy trug also ihren pfirsichfarbenen Hosenanzug, in dessen V-Ausschnitt man die üblichen fünfzehn Zentimeter Busen zu Gesicht bekam. Sie saß abgewandt und studierte die zusammengehefteten Seiten des Sendeablaufs.
Theo hatte einen gelben, handgestrickten Pullover mit einem Lammmotiv an und ein paar helle Cordhosen. Er blickte in die entgegengesetzte Richtung und las auch seinen Sendeablauf. Man musste kein Psychologe oder Kenner der Körpersprache sein, um zu erkennen, dass die viel gerühmte Chemie der beiden Moderatoren so eine Illusion war wie die Wangenknochen, die die Maskenbildnerin vorsichtig mit etwas Rouge auf Nancys Gesicht anzudeuten versucht hatte. Neben Nancy wirkte Theo blass und schien sich in seiner Haut nicht wohl zu fühlen. Doch wem würde das schon gelingen, dachte Olivia und grinste.
Nancy bemerkte ihr Grinsen und warf ihr einen hochmütigen Blick zu. Doch da Olivia sich an Kevins Erzählung erinnerte, Nancy würde die Männer anhand ihrer Geschlechtsteile identifizieren können, quittierte sie Nancys Laser-Blick mit einem breiten Lächeln.
»Dreißig Sekunden!«, brüllte jemand.
Alle hielten den Atem an. Der erste Gast, eine niedliche kleine Sängerin, die zum zweiten Mal eine Single in den Top Ten hatte, zitterte nervös im Abseits und fummelte an ihren absichtlich wirr gestylten Haaren herum, die mit ein paar Blümchen-Haarklemmen festgesteckt waren.
»Zwanzig Sekunden! Zehn Sekunden!«
Dann erklang die Titelmelodie. Nancy und Theo, die einander auf dem Sofa widerwillig näher gerückt waren, lächelten strahlend in die Fernsehkameras.
»Guten Morgen«, sagten sie wie aus einem Mund.
»Heute haben wir eine vollgepackte Show für Sie«, fuhr Nancy etwas außer Atem fort.
»Und ob wir das haben, Nancy!« Theo tätschelte ihr Knie. »Die wunderbare Zelda ist hier und wird ihren neuen Hit »Dance with you‹ singen«. Das niedliche Mädchen in ihren metallicblauen Hotpants zitterte noch mehr.
»Außerdem das Neueste zu unserer Reihe über Tiermisshandlungen«, fuhr Nancy fort.
»Die Autorin Anna Stavros ist hier, um uns etwas über ihren letzten Bestseller zu erzählen.« Theo wandte sich Nancy zu.
»Obendrein haben wir ein paar wunderbare Tipps von unserer neuen Kochexpertin Olivia de Vere, die Ihnen ein paar interessante Varianten über Shepherd‘s Pie demonstrieren wird«, sprach Nancy in die Kamera.
Jetzt war es an Olivia, zu zittern, und zwar vor Wut. Sie würde keine Shepherd‘s Pie zubereiten, sondern über »Zehn clevere Dinge, die man mit einer Pizza anstellen kann« reden. Und das wusste Nancy! Linda Byrne war neben ihr aufgetaucht und legte beschwichtigend eine Hand auf Olivias Arm. »Das stellen wir richtig », flüsterte sie. »Da muss sich wohl auf Nancys Sendeablauf ein Fehler eingeschlichen haben.«
Fehler!, grollte Olivia. Das hatte Nancy absichtlich
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