Geh Ich Auf Meine Hochzeit
gemacht.
Jetzt redete sie weiter: »In wenigen Minuten werden wir Ihnen die traurigste unserer Geschichten vorstellen, eine ausgesetzte Kaninchenfamilie, die in der Henry Street in einer Plastiktüte gefunden wurde.« Nancy blickte leicht vernebelt in die Kamera, als ob das Schicksal eines jeden verletzten Tieres weltweit ihr ständig auf der Seele läge. »Wir möchten, dass Sie uns anrufen und uns Ihren Beitrag mitteilen - traurige Geschichten über ausgesetzte Tiere oder...« Nancys Gesicht verzog sich wie auf Knopfdruck zu einer zärtlichen Miene, die sie hinter der Kamera niemals zeigte. »... lustige Begebenheiten mit Ihren eigenen kleinen Lieblingen. Die Telefonnummer wird jetzt eingeblendet.«
»Sie ist nun mal unglaublich tierlieb.« Theo legte einen Arm um Nancy und drückte sie kurz an sich. »Die Frau mit dem weichsten Herzen, das ich kenne«, fügte er noch hinzu.
Olivia fragte sich, ob sie sich das ironische Blitzen auf Theos sonst so gutmütiger Miene nur eingebildet hatte. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie Nancy einem undichten Fellknäuel mit seiner neugierigen Nase oder dreckigen Pfoten gestatten würde, ihre Kleidung zu beschmutzen.
»Und nun«, fuhr er fort, »wollen wir Zelda begrüßen, die Königin der Popszene und ohne Zweifel das schönste Mädchen, das Limerick seit langer, langer Zeit hervorgebracht hat.«
Nancys Züge verspannten sich. Sie stammte ebenfalls aus Limerick, wenn Olivia sich richtig erinnerte. Und sie hatte es sich nicht eingebildet: Theo schoss kleine Pfeile in Nancys pfirsichfarbene Seite, wann immer er dazu die Gelegenheit hatte.
Sie verschwendete keine Zeit, ihm das heimzuzahlen.
»Zelda«, gurrte sie und begrüßte die nervöse Sängerin mit einem zuckersüßen Lächeln auf dem Set. »Setz dich neben Theo. Er ist vollkommen harmlos«, zwitscherte sie. »Der Arme würde gar nicht wissen, was er mit einem hübschen Ding wie dir überhaupt anstellen sollte.«
Theo stimmte in ihr Kichern ein. »Sie ist nur eifersüchtig, Zelda«, meinte er vertraulich. »Weil ich seit Jahren nicht mehr mit ihr geflirtet habe. Seit ich dafür nicht mehr bezahlt werde! Nein, nein, ich mache nur Spaß, Nancy, meine Liebe«, korrigierte er sich und blies seiner Kollegin einen Luftkuss zu. Nancy saß versteinert lächelnd da.
Nachdem Theo beim Interview mit Zelda ständig geflirtet und Nancy vollkommen ausgeschaltet hatte, wollte sie ihn bei dem Beitrag über ausgesetzte Tiere bluten lassen.
»Ist es nicht einfach schrecklich, wie Menschen Tiere behandeln?«, fragte sie nach einem zu Herzen gehenden Beitrag, der von dem Leiter eines Heims für Hunde und Katzen kommentiert wurde und der jetzt nervös zwischen Nancy und Theo auf dem Sofa klemmte, »Das verstehst du natürlich nicht, Theo«, meinte sie weinerlich. »Er isst Kalbfleisch«, wandte sie sich dramatisch der Kamera zu.
»Das tue ich nicht«, zischte Theo aufgebracht. Kinder, alte Menschen oder Tiere nicht zu vergöttern war der Tod einer jeden Fernsehpersönlichkeit, wie er genau wusste. Kalbfleisch zu essen war gleichbedeutend mit dem Prügeln alter Damen oder, noch schlimmer, wie eine Titelgeschichte in der Zeitung über die Vorlieben für Leder und durchlöcherte Reizwäsche auf der ersten Seite.
»Tust du wohl«, behauptete Nancy. Als sie den entsetzten Blick des Moderators wahrnahm, ließ sie etwas nach. »Oder verwechsle ich dich vielleicht mit jemandem?«
»Muss wohl ein anderer Bekannter sein«, meinte Theo bissig. »Ich liebe Kälbchen - ich liebe alle Tiere.«
»Außer kleinen Fischen«, schränkte Nancy mit ihrem berühmten gewinnenden Lächeln ein. »Fisch isst du, ich habe es selbst gesehen!« Sie wandte sich der Kamera zu: »Fleisch zu essen ist Mord, liebe Zuschauer, Fisch dagegen gilt lediglich als gerechtfertigter Totschlag!«
Nancy kicherte, als ob sie einen echt witzigen Scherz zum Besten gegeben habe und strich dem Tierschützer über das Knie. Angesichts der zum Zerreißen gespannten Stimmung auf dem Set schreckte dieser zurück.
»Machen Sie sich nichts aus unseren Neckereien«, gurrte sie. »Der liebe Theo und ich ziehen uns nur zu gerne auf. Ich tue so, als ob ich seinen Ruf zerstören wollte, und er macht es mit mir nicht anders. Wir haben viel Spaß dabei.«
»Mit Spaß scheint mir das wenig zu tun zu haben«, flüsterte Olivia Kevin zu.
»Die Zuschauer mögen es«, erwiderte Kevin leise. »Sie merken nicht, dass die beiden sich am liebsten die Augen aus dem Kopf kratzen würden. Es ist
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