Geh Ich Auf Meine Hochzeit
Sie fluchte nur äußerst selten, doch heute konnte sie sich nicht zurückhalten.
Die laue Juliluft drang durch die halboffenen Fenster, und der Geruch frisch gemähten Rasens vom Nachbarn mischte sich mit dem Duft des Aromalämpchens. Dort verdunstete Lavendelöl, denn sie hoffte, dass es sie entspannen würde. Eine vergebliche Hoffnung. Nur ein starkes Beruhigungsmittel könnte das bewirken, dachte sie verbissen. Der ganze Urlaub war ein Fehler, da lag das Problem. Mangel an Kleidung oder Gepäckstücken hin und her - ihr Mangel an Selbstbeherrschung peinigte sie. Sie hätte niemals zustimmen sollen, mit Vida, Max und ihrem Vater nach Spanien zu fliegen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Schon zu Hause war es schlimm genug, dem Kerl aus dem Weg zu gehen - wie sollte ihr das gelingen, wenn sie alle unter einem Dach wohnten?
Allerdings würde sie ihn nur für zwei Tage treffen, denn er kam am Donnerstag, und sie musste bereits am kommenden Samstag wieder abfliegen. Dennoch würden sie Zeit miteinander verbringen und miteinander reden müssen.
Wie sollte sie dabei verheimlichen, dass sie verrückt nach ihm war? Dass sie sich danach sehnte, mit ihm zu plaudern, neben ihm zu sitzen und eine Hand auf seinen Schenkel zu legen, während sie den Sonnenuntergang genossen? Und das trotz der Tatsache, dass er ein ziemlicher Schuft war und Frauen gewissenloser vernaschte, als eine Rockband ihre Groupies.
Evie betrachtete den Minirock aus Leinen, den sie ganz hinten in ihrem Schrank gefunden hatte. Dann probierte sie ihn verzweifelt an. Er sah schrecklich aus, und sie ebenso.
Ihr dunkles Haar hing strähnig herab, es hätte dringend einen neuen Schnitt nötig. Ihre Haut war von den vielen Stunden im Büro blass, und auf der Stirn zeigte sich die Andeutung eines prämenstruellen Pickels von texanischen Ausmaßen. Ohnehin würde es schwer fallen, Max zu begegnen, da brauchte sie nicht auch noch abstoßend aussehen.
Und doch konnte sie die Aufregung nicht unterdrücken, die angesichts eines Treffens mit ihm in ihr brodelte. Ihn aus ihrem Leben zu verbannen, war ihre einzige Waffe gegen ihn. Bei Vidas Geburtstagsparty hatte sie sich, eine plötzliche Infektion vorschützend, entschuldigt, weil Max dort sein würde. Doch ihre Magenverstimmung hatte sich rechtzeitig vor dem Abendessen in Vidas neuem Haus in Luft aufgelöst, als sie erfuhr, dass er sich auf Reisen befand.
Es war besser, ihn nicht zu sehen, hatte sie sich ununterbrochen vorgehalten. Doch diese Theorie klang hohl in den heißen, verschwitzten Nächten, in denen sie mehr Zeit damit verbrachte, den Wecker anzustarren, als zu schlafen. In ihrer Phantasie konnte sie seinen tiefblauen leuchtenden Augen nicht entrinnen. Nur bei Dunkelheit dachte sie an Max. Dann ließ sie ihrer Phantasie freien Lauf und hoffte, dass er so lediglich ein Held der Nacht bleiben und sie nicht auch am Tage noch quälen würde. Nachts erinnerte sie sich im Halbschlaf an jedes Wort, das er ihr gegenüber einmal geäußert hatte. Sie stellte sich vor, seine Arme wären um sie geschlungen, hielten sie besitzergreifend fest und liebten sie langsam und leidenschaftlich.
Tagsüber war sie strenger mit sich. Max war ein Weiberheld, und sie konnte nicht alles aufgeben, wofür sie so lange gekämpft hatte; da spazierte er in ihr Leben und nahm einfach an, sie würde ihren Verlobten in die Wüste schicken, um mit ihm eine Affäre anzufangen. Denn mehr als eine Affäre konnte es niemals sein, dachte sie hitzig. Und nach allem, was sie hinter sich hatte, konnte und wollte Evie so einen Flirt nicht eingehen.
»Passt dieses Top zum Rock?« Rosie erschien in der Tür. Ihre langen, nackten Beine steckten in einem superkurzen rosa Minirock, oben trug sie ein dünnes Batik-T-Shirt, das den Bauchnabel freiließ. »Natürlich muss ich noch meine Beine mit Selbstbräuner einreiben!« Kritisch musterte sie ihre schlanken Schenkel.
Dank eines Geschenks zum Examen von dreihundert Pfund von ihrem Großvater hatte Rosie eine vollständig neue Garderobe für ihre Spanienwoche kaufen können. Eine preiswerte Kollektion von wunderbar kurzen und knappen Kleidchen, die jugendlich und sexy waren. Ihrer Mutter fuhr es bei der Vorstellung kalt über den Rücken, was den männlichen Teenagern von Puerto Banus bei Rosies Anblick einfallen würde. Alles war derart knapp. Ein winziges Paar Shorts schien nicht mehr als ein strammes Höschen, und das Nichts von Bikini, das Rosie so begeisterte, würde jedem Menschen mit
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