Geh Ich Auf Meine Hochzeit
aufheitern.
»Bist du sicher, dass du danach auch nach Hause fahren kannst?«, maßregelte er sie, als er wieder zurückkam.
Das nächste Gesprächsthema drehte sich um die Teilnehmer. Da es sich um ihre zweite Hochzeit handelte, hatte Evie es für überflüssig erachtet, dass ihr Vater alle Bekannten zu diesem freudigen Ereignis einlud. Auf den Einladungen waren die Gäste also gebeten worden, ihre Zusagen an ihre Anschrift zu senden.
Allmählich trudelten die Antworten ein. Die Leute waren hocherfreut, bei der Hochzeit von Evie Fraser und Simon Todd anwesend sein zu dürfen. Manche erkundigten sich, wohin sie die Geschenke schicken sollten und ob es eine Liste gebe.
»Mama möchte uns etwas ganz Besonderes kaufen«, meinte Simon.
Da könnte sie gleich mit einer Waschmaschine anfangen, dachte Evie.
»Und sie fühlt sich jetzt schon ganz elend, wenn sie an das nächste Weihnachtsfest denkt«, fügte er noch hinzu.
Evie hatte Mitleid mit ihm. Seine Mutter, eine nette, aber sehr besitzergreifende Person, behandelte Simon wie einen Engel, der eigens dazu auf die Erde gesandt worden war, um ihrem Leben einen Sinn zu verleihen. Für ihn, ein Einzelkind, war es eine große Bürde. Seit seiner Geburt verbrachte er daher jedes Weihnachten bei seiner Mutter. Offenbar hatte die Vorstellung, dass Simon in Zukunft nicht mehr unzählige Stunden mit ihr zusammen sein würde, sie noch anhänglicher als ohnehin schon gemacht.
»Ich hatte folgende Idee«, begann er schleppend. »Wenn wir beide Häuser verkaufen und eines mit einer separaten Einliegerwohnung kaufen würden... was hältst du davon? Ich weiß, es ist viel verlangt, aber...« Er beendete den Satz nicht und wartete auf ihre Reaktion.
Evie schwieg. Sie spürte, wie die Tür ins Schloss fiel. Wie Rapunzel, die in ihrem Turm gefangen war, war sie in ihren Empire-Kleidern gefangen, mit ihren chamoisfarbenen Hochzeitseinladungen, der Geschenkeliste... und mit Simons Mutter Mary. Plötzlich stieg vor ihr das Bild auf, wie sie alle drei zusammen in einem lautlosen Kasten mit Kopfkisselchen, verstaubten Trockenblumen und alten, in Silber gerahmten Familienaufnahmen zusammen Bridge spielten. Alle waren sie vor der Zeit gealtert, ihre Tage wurden lediglich durch den Trott der Arbeit und einem gelegentlichen Gläschen Sherry unterbrochen, wenn die ebenfalls ältlichen Nachbarn zum Tee vorbeikamen und Mary Todds Kekse aßen. Eine grausige Vorstellung!
»Es ist viel verlangt. Zu viel, nicht wahr?«, fragte Simon leise.
Unerwarteterweise wurde Evie von einem anderen Schreckgespenst heimgesucht: wie sie in zwanzig Jahren sein würde. Einsam - weil sie jede Chance zum Glück ausgeschlagen hatte... dann musste sie verzweifelt darauf hoffen, dass Rosie sie bei sich aufnehmen würde, damit sie nicht alleine war mit der Erinnerung an Max und wie er ihre Zukunft mit Simon zerstört hatte. Das durfte auf keinen Fall passieren! Sie würde es nicht zulassen. Sie wollte aber nicht eine zweite Mary Todd werden.
»Nun - im Grunde doch nicht zu viel«, sagte sie bestimmt, indessen unfähig, ihn dabei anzusehen. »Ich weiß, wie sehr deine Mutter an dir hängt. Und du würdest für mich sicher das Gleiche tun.«
Langsam drehte sich der Schlüssel in dem Schloss, das sie für immer zu einer Gefangenen machte. Mit leuchtenden Augen sah Simon Evie über seinen dampfenden Teller hinweg an.
Sie zwang sich zu einem Lächeln, eine künstliche Grimasse, die Max sofort durchschaut hätte. Warum nur musste sie immer wieder an ihn denken?
»Du bist so gut zu mir, Evie.« Simon konnte seine Freude nicht verbergen.
Wenn du wüsstest, dachte sie bitter.
Rosie kam gleichzeitig mit Evie zu Hause an. Sie strahlte vor Glück und sah in ihrem knappen rostfarbenen Top und dem Jeansshirt sehr extravagant aus. Beides kam ihrer Mutter verdächtig neu vor.
»Hallo, Mama«, rief sie und tänzelte ins Wohnzimmer. Ihr langes, dunkles Haar wippte, und ihre rabenschwarzen Augen leuchteten.
»Du hast heute ja eine tolle Laune«, meinte Evie, nachdem sie sich von einem Niesanfall erholt hatte.
Rosie grinste sie an, die weißen Zähne leuchteten in ihrem gebräunten Gesicht. »Du wirst es kaum glauben...«
Evie ließ sich auf das Sofa fallen und massierte ihre schmerzenden Schläfen. »Leider kann ich unmöglich etwas erraten, Liebling. Ich kann noch nicht einmal denken. Den ganzen Tag huste und niese ich schon. Ich habe mir wohl etwas eingefangen.«
»Arme Mama!« Rosie kniete sich vor den Sofatisch. Sie
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