Geh Ich Auf Meine Hochzeit
spiegelte sich ihre Zuneigung bis in die allerletzte Falte.
»Dan konnte meine Abwesenheit von zu Hause nicht ertragen - es sei denn, er wusste ganz genau, wo und mit wem ich unterwegs war. Wohltätigkeitsveranstaltungen hieß er gut, denn er war reich und erwartete, dass ich mich wie die Frau eines reichen Mannes benahm und endlosen Sitzungen zusammen mit anderen reichen Frauen beiwohnte.« Vidas Augen leuchteten plötzlich auf. »Aber weißt du, ich habe mein ganzes Leben lang in der Verwaltung eines Krankenhauses gearbeitet. Ich konnte damit nicht aufhören und den lieben langen Tag herumsitzen oder einkaufen gehen, beziehungsweise Vereinssitzungen beiwohnen. Meine Arbeit hasste Dan ebenfalls. Er wollte, dass ich jeden Nachmittag auf ihn wartete, wenn er nach Hause kam - eben die perfekte kleine Ehefrau.«
»Er scheint unserem Stephen MacKenzie zu ähneln«, kommentierte Evie.
»Genau so ist es. Ich kann den Mann nicht ausstehen, so viel dazu von meiner Seite, und ich wette, dass er sich nie und nimmer ändern wird.«
»Olivia hat mir verraten, dass er eine Therapie macht«, widersprach Evie.
Vida schien überrascht. »Das ist gut zu hören. Ich wäre sehr glücklich für Olivia, wenn er ein anderer würde. Sie hat einen guten Mann verdient. Doch zu meinem Bedauern hätte Dan mehr als nur einen Therapeuten nötig gehabt, um seine Einstellungen zu korrigieren. Ihm hätte man ein neues Gehirn implantieren müssen.«
»Und wie ist es dann weitergegangen?«
»Nach sieben Jahren dieser Folter tat er uns beiden den Gefallen, mit seinem Schnellboot einen Unfall vor Martha‘s Vineyard zu haben. Glücklicherweise war ich nicht bei ihm, so dass niemand mir nachsagen konnte, ich hätte es auf die Felsen gesetzt und mich dann an Land gerettet«, bemerkte sie voll bitterer Ironie. »Andererseits hätte es keinen unserer gemeinsamen Bekannten überrascht, wenn ich tatsächlich die Killerin gewesen wäre.«
Evie musste lächeln, als sie an ihren ersten und jeglicher Grundlage entbehrenden Eindruck von Vida zurückdachte: eine schillernde Schwarze Witwe, die heiratete und mordete. Wie sehr sie sich doch geirrt, wie unfair sie geurteilt hatte.
»Glaubst du, in diesem Gebäude gibt es einen Raucher, den ich um eine Notfallzigarette bitten könnte?«, fragte Vida, von ihrer eigenen Geschichte etwas angegriffen. Normalerweise nicht klein zu kriegen, schien sie jetzt ziemlich mitgenommen.
»Ich schäme mich dafür, wie ich mich anfangs dir gegenüber benommen habe«, bekannte Evie aufrichtig.
»Psst, das ist Vergangenheit und wir haben es vergessen!« Vida wedelte abwehrend mit der Hand. »Es war schwer für dich, weil du deine Mutter geliebt hast und weil du Andrew so nahe stehst. Aber sieh doch nur, wie freundlich sich die Sache entwickelt.«
»Weißt du, ich hatte nichts in meinem Leben.« Evie verspürte das Bedürfnis zu erklären. »Daher musste ich meinen Vater ganz wichtig für mich machen, ich musste am Wochenende jemanden haben, zu dem ich hinfahren und ihn bemuttern konnte. Rosie kann man nicht mehr bemuttern, dazu ist sie zu alt. Papa war also mein Objekt. Mit ihm konnte ich Zeit verbringen, und niemand fand das merkwürdig, denn ich hatte weder Mann noch Freund. Wenn Arbeitskollegen mich nach meinen Plänen für das Wochenende fragten, konnte ich sagen: ›Ich verbringe einige Stunden bei meinem Vater. Er ist einsam und braucht mich.‹«
Sie lachte bitter auf. »Er war nicht einsam, sondern ich.«
»Hat sich das nicht geändert, als du Simon kennen lerntest?«, erkundigte Vida sich vorsichtig.
Evie schüttelte den Kopf. »Offen gestanden, nicht wirklich. Er besuchte meist seine Mutter, und ich ging zu Papa. Alles wie gehabt. Dann kamst du, und ich bin ausgerastet. Ich wurde einfach nicht damit fertig. Es war ein Schock für mich, zu realisieren, dass er nicht mehr auf die gleiche Art und Weise für mich da sein würde, dass ich an Feiertagen nicht mehr nach Ballymoreen fahren konnte, während alle anderen einen Partner zum Verwöhnen hatten.«
Sie schwieg und erinnerte sich genau an den Augenblick, als sie die erneute Verbindung ihres Vaters akzeptiert hatte: es war just an dessen Hochzeitstag, an dem Tag also, an dem sie Max Stewart kennen lernte. Die Begegnung mit Max hatte alles in ihrem Kopf verändert. Es war Liebe auf den ersten Blick, und ihr Leben hatte plötzlich einen Sinn. Andrew wollte nicht mehr im Mittelpunkt ihrer Sorgen stehen, denn er hatte jetzt jemanden, der sich um ihn kümmerte - und
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