Geheimakte Proteus
Verstärkung für uns finde«, sagte Callin. »Wir werden jede Hilfe brauchen, die wir bekommen können.«
»Wo will er Verstärkung finden?«, fragte Mung, als Callin sich entfernte.
Krek schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Callin ist ein guter Mimik, aber ein seltsamer. Ich weiß auch nicht, wie der tickt.«
Tristan wurde in die Planung einbezogen. Da die Zeit knapp war, mussten sie sich mit lückenhaften Karten begnügen, die sie von dem Tunnelsystem besaßen. Was ihnen zur Verfügung stand, ließ erkennen, dass zwei Seitentunnel dicht bei den unteren Etagen der Zitadelle verliefen, und einer davon sah sogar so aus, als ob er von den unteren Regionen des riesigen Gebäudekomplexes in zwei Teile zerschnitten worden sei.
Dieser Tunnel könnte möglicherweise der Schlüssel sein, dachte Tristan. Er würde sie bis zur Südwand einer der unteren Etagen führen. Und dort – wer würde schon mit einem Angriff von unten rechnen? – würden sie vielleicht die Möglichkeit haben, sich lautlos einzuschleichen.
Wenn nicht, dann würden sie es mit Gewalt tun müssen.
Während ihre Pläne allmählich Gestalt annahmen und Tristan seinen Beitrag dazu leistete, spürte er, wie seine Akzeptanz seitens der anderen Mimiks langsam zunahm.
Und dann war die Zeit zum Handeln gekommen.
Ihre Waffen waren voll aufgeladen, ihre Körper mit Konzentraten voll getankt. Sie hatten Schneidlaser und mit Zerstörungswerkzeugen voll gestopfte Taschen. Die Proteaner hatten ihre wildesten Schablonen dabei, hielten sie aber in Reserve, weil sie für den Marsch durch die Tunnel konventionellere Körper vorzogen.
Tristan hatte sich dafür entschieden, bei seiner Trev-Masque zu bleiben – nicht nur wegen ihrer Behändigkeit –, war ansonsten aber wie die anderen bewaffnet: ein Karabiner, den er am Riemen über dem Rücken trug, ein kompakter Pulser im Gürtel und ein Stahlrohr in der Hand, das von einem der Bluts stammte, die Proteus gestern getötet hatte.
Er war bereit … mehr als bereit.
»Callin?«, rief Krek und sah sich um.
Mung eilte herbei. »Er hat angerufen und gesagt, wir sollen ohne ihn anfangen. Er wird nachkommen.«
»Wo ist er?«
»Das hat er nicht gesagt.«
»Aber er kennt doch die Route gar nicht«, wandte Krek ein.
»Mach dir deshalb keine Sorgen«, erklärte Mung. »Ich lade es in sein Gitter, wenn er herkommt.«
Die Tunnel waren für jemanden von Mungs Fülle ein unüberwindbares Hindernis; er würde also zurückbleiben müssen.
Krek zögerte. »Mir gefällt das nicht. Callin ist einer meiner besten -«
»Geht! Geht!«, scheuchte Mung ihn weiter. »Weiß die Helix, was die mit eurer Mutter machen, während ihr hier Zeit vergeudet.«
Das gab den Ausschlag.
»Also gut, Mimiks. Tut euch mit euren Partnern zusammen, dann gehen wir.«
Krek hatte aus den Proteanern zweiköpfige Kampfteams gebildet – das ging vermutlich auf die Team-Kämpfe in der Arena zurück –, und Tristan bildete mit Eel ein Team.
Jetzt sah er sich um, entdeckte ihn aber nicht.
»Wo ist Eel?«, fragte Tristan.
Das wusste niemand.
»Seht euch das an!«, rief Mung, der mit einem Pulserkarabiner und einer Pistole vom nördlichen Ende der Hauptkammer herbeieilte. »Die habe ich unten an einem der Treppenschächte gefunden, die an die Oberfläche führen.«
»Verdammt!«, schrie Krek, als er die Waffen sah. »Die sind von Eel. Er ist weggerannt!« Er fuhr zu Tristan herum. »Du bist sein Partner. Warum hast du ihn nicht aufgehalten?«
»Ich hatte keine Ahnung!«, sagte Tristan. »Er war ganz wild auf den Kampf … wenigstens war das mein Eindruck.«
»Ist ja großartig! Er wird uns an die Flagge-Polizei verraten.«
»Nein«, widersprach Tristan. »Nein, das glaube ich nicht. Er wird uns nicht verraten. Aber ich habe das Gefühl, er glaubt nicht an unseren Sieg. Und vielleicht hat er sich an all die Bequemlichkeit und die Vorrechte eines Arena-Champions zu sehr gewöhnt, um das alles in einer aussichtslosen Sache aufs Spiel zu setzen.«
Tristan war enttäuscht … und der Gedanke, wie Eel zu seinem Luxusapartment zurückeilte und dort im Dunkeln saß in der Hoffnung, nicht mit dem Angriff von Proteus auf die Zitadelle in Verbindung gebracht zu werden, machte ihm Sorge. Tristan fühlte sich persönlich verraten. Doch statt Zorn wollte in ihm nur Trauer aufkommen.
Eel hatte seine Familie aufgegeben – für ein paar Luxusgegenstände.
»Hey!«, rief einer der anderen Mimiks. »Dieser lausige Mistkerl hat unseren
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