Geheimauftrag: Liebe
Alles!«
Nicholas nickte, setzte sich vorsichtig im Bett auf.
Charles stand auf, um ihm zu helfen, steckte ihm ein Kissen in den Rücken, stützte ihn. »Sie haben eine Menge Blut verloren, werden sich einen Tag oder so geschwächt fühlen und heftige Schmerzen verspüren, aber Sie hatten ein Riesenglück. Ihrem Angreifer fehlte die Zeit, so professionell vorzugehen, wie er es gerne gewesen wäre.«
Penny erhob sich und schenkte Nicholas von dem Trank ein, reichte ihm die Tasse. »Es ist ein Spezialrezept aus der Küche und wärmt dich.«
Nicholas nahm die Tasse und trank dankbar einen Schluck. Dann versank er erneut in Gedanken.
»Und?«, hakte Charles nach, setzte sich wieder auf die Armlehne von Pennys Sessel.
Nicholas schnitt eine Grimasse. »Ich konnte von seinem Gesicht nichts erkennen. Er hatte einen Schal über seine Nase und den Mund gebunden. Im Dunkeln war es mir unmöglich, irgendeinen Hinweis auf seine Haar- oder gar Augenfarbe zu bekommen, zumal er seinen Hut tief in die Stirn gezogen hatte. Sogar beim Kampf ging der nicht verloren.«
»Halten Sie sich nicht mit Einzelheiten auf. Sie haben mit ihm gekämpft. Wie hat er sich für Sie angefühlt? Alt? Jung? Kräftig? Sehnig?«
Nicholas überlegte. »Eher jung, allerdings nicht viel jünger als ich. Ziemlich stark und dabei eher schlank.«
»Wie groß?«
Nicholas schaute Charles an. »Nicht so groß wie Sie. Mehr meine Größe, vielleicht ein wenig größer.« Er dachte nach, dann fragte er: »Haben Sie irgendetwas gesehen, wodurch wir ihn identifizieren könnten?«
»Nichts Besonderes, doch ich glaube, wir können Yarrow und Swaley von unserer Liste streichen. Anhand unserer Beobachtungen ist Swaley zu klein, und es ist schlicht ausgeschlossen, dass ein Mann mit Yarrows Statur sich so bewegen kann, wie es unser Angreifer getan hat. Ich stimme mit Ihrer Einschätzung überein, dass er jünger ist als Sie oder ich und schlank. Allerdings bin ich mir da weniger sicher.« Charles richtete seinen Blick auf Nicholas’ Gesicht. »Jetzt denken Sie bitte noch einmal zurück: Sie sagten, er habe geflucht, als Sie die Bibliothek betraten. Wie klang es?«
»Er fluchte schon vorher, bevor er mich sah – er schien wütend wegen der Pillendosen.«
»Und?«
Nicholas Antwort klang resigniert. »Er sprach Französisch – flüssig. Aber wenn man oft mit Leuten zu tun hat, die verschiedene Sprachen fließend sprechen, merkt man, dass sie sich in jeder Sprache anders anhören.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann also nicht sagen, ob ich ihn schon Englisch habe sprechen hören.«
Charles schnaubte, nickte aber. »Carmichael, Fothergill und Gerond.«
»Angesichts dessen, was Sie zuvor sagten, sind doch Fothergill und Carmichael eher unwahrscheinlich.« Nicholas reichte seine leere Tasse Penny. »Und es war ein sehr flüssiges Französisch.«
Charles schüttelte den Kopf. »Verlassen Sie sich darauf nicht zu sehr. Ich fluche ebenfalls auf Französisch, als wäre es meine eigentliche Sprache. Was den Rest betrifft, so heißt unwahrscheinlich nicht endgültig ausgeschieden. Die drei sind alle noch verdächtig.«
Nicholas schwieg.
Penny musterte ihn, schaute zu Charles, der angestrengt nachdachte. Nicht über das, was sie erfahren hatten, sondern darüber, wie er mehr herausfinden konnte. Er wog seine Möglichkeiten gegeneinander ab, wie sie an seinem Gesicht ablas.
Nach einem längeren Moment wandte er sich wieder Nicholas zu.
»Wann werden Sie mir – uns – sagen, was hier vor sich geht?«
Als Nicholas seine Lippen zusammenpresste, sprach Charles weiter. »Wenn ich nicht beschlossen hätte hinunterzugehen, um die Türen und Fenster zu überprüfen, wäre ich nie rechtzeitig zur Stelle gewesen, um den nächsten Stich zu verhindern,
der Sie vermutlich getötet hätte. Nein, ich erzähle Ihnen das nicht, damit Sie mir dankbar sind. Ich möchte nur, dass Sie begreifen, wie ernst die Lage ist. Dieser Mann hat bereits getötet, nicht einmal, sondern zweimal, soweit wir wissen, und er wird es wieder tun. Er hat keine Skrupel. Wer weiß, wen es als Nächstes trifft? Mrs. Figgs vielleicht – sie hat Ihre Wunden versorgt. Oder Norris … oder Penny.«
Seine Stimme war zunehmend kälter geworden. Als er ihren Namen aussprach, kostete es sie einige Mühe, einen Schauder zu unterdrücken.
Nicholas starrte dagegen scheinbar unbeteiligt weiter auf seine Hände, die gefaltet auf der Decke lagen, und so fuhr Charles in derselben kühlen Weise fort: »Sie sagten,
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