Geheimauftrag: Liebe
schaute zu, wie ihre Gedanken sich in ihren ausdrucksvollen Augen widerspiegelten.
»Ausgehend davon, dass Granville und Nicholas unter einer Decke steckten, hätte mein Bruder Nicholas dann nicht gesagt, welche Mittelsmänner er nutzte?«
Er schüttelte den Kopf. »Geheimhaltung ist das oberste Gebot eines jeden Schmugglers, der etwas auf sich hält. Granville hätte das nicht missachten können. Wenn es keinen wirklich überzeugenden Grund gab – und ich kann mir nicht vorstellen, was das sein sollte –, bezweifle ich ernsthaft, dass es ihm eingefallen wäre, Amberly oder Nicholas zu verraten, wer seine Freunde unter den Schmugglern waren.«
Sie schnitt eine Grimasse. »Das hört sich überzeugend an. Er war verschlossen wie eine Auster, wenn es um seine Verbindung mit den Schmugglern ging.« Ihr Blick senkte sich auf seine Liste. »Also, was hast du da aufgeschrieben?«
Er musste lächeln, obwohl er über die Botschaft, die sie ihm mit diesen Worten übermittelte – wage es ja nicht, mir den Kopf zu tätscheln und mich zum Sticken zu schicken –, nicht erfreut war. »Es ist eine Liste mit Banden, die damit zu tun gehabt haben könnten. Ich werde sie aufsuchen, zumal sie ohnehin vermutlich bereits wissen, weshalb ich hier bin – und ihnen klarmachen, dass weder ich noch die Regierung irgendetwas anderes interessiert, als von ihnen Auskunft über diesen Geheimnisverrat zu bekommen.«
»Was, wenn du Nicholas triffst?«
Es war witzlos, ausweichend zu antworten. »Ich werde nach dem Essen hinreiten. Wenn sie letzte Nacht auf See waren, werden sie heute Abend im Duck and Drake sein.«
Sie nickte. Er konnte nicht entschlüsseln, was sie dachte.
»Erzähl mir von Amberly: Wie oft haben er und dein Vater einander besucht?«
Sie dachte nach, dann antwortete sie, verriet ihm dabei allerdings nicht mehr, als er sich schon zusammengereimt hatte. Nach zehn Minuten erhob sie sich. »Ich nehme das Tablett – ich möchte mit Mrs. Slattery sprechen.«
Er stand auf und hielt ihr die Tür auf. Sie ging und wirkte dabei leicht geistesabwesend, als sei sie in Gedanken mit häuslichen Sorgen beschäftigt. Er schloss die Tür hinter ihr, blieb einen Augenblick stehen und kehrte dann zu seinem Schreibtisch und seinen Plänen zurück.
Beim Dinner trafen sie sich wieder. Er kam bewaffnet mit einer Menge freundlich-vertraulicher Fragen, die ihre Gedanken von seiner abendlichen Verabredung in Polruan ablenken sollten. Dabei hatte er, wie er zunächst glaubte, Erfolg. Als sie sich vom Tisch erhoben, zog sie sich angeblich gleich für die Nacht zurück, erwähnte mit keinem Wort seinen geplanten Ausflug, und er begann sich zu fragen, ob sie es vielleicht vergessen hätte.
Er kehrte zurück in sein Arbeitszimmer, um den Bericht zu lesen, den er für Dalziel verfasst hatte. Nach langem Nachdenken war er zu dem Schluss gekommen, dass es am besten sei, einfach Namen zu nennen und seine bisherigen Erkenntnisse aufzulisten. Mehr noch als seine sechs Freunde und ehemaligen Kollegen aus dem Bastion Club, hatte er sein Leben dreizehn Jahre lang Dalziels Diskretion anvertraut, und der hatte ihn nie im Stich gelassen.
Auch wenn sie nicht genau wussten, wer sich hinter diesem Namen verbarg. Mit Sicherheit jedoch einer von ihnen – ein Adeliger mit demselben Ehrgefühl wie sie, derselben Einstellung, dass Schwache und Unschuldige geschützt werden mussten. Penny und Elaine und deren Töchtern drohte von Dalziel keine Gefahr.
Er versiegelte den Brief, adressierte ihn und stand auf. Die
Uhr auf dem Kaminsims schlug zehn. Er öffnete die Tür des Arbeitszimmers, rief Brutus und Cassius, die vor dem Kamin lagen und dösten. Sich reckend und streckend und leise brummend richteten sie sich auf und kamen gehorsam zu ihm.
Er schloss die Tür und ging in die Eingangshalle, legte seinen Brief auf Filchetts Tablett auf dem Wandtisch und ging nach oben, die Hunde dicht auf den Fersen.
Zehn Minuten später, zum Ausritt angezogen, trat er durch die Gartentür und machte sich auf den Weg zu den Ställen.
Er hatte erst drei Schritte getan, als ihm der Schatten am Rande seines Gesichtsfelds auffiel. Sofort blieb er stehen, fluchte leise und drehte sich, die Hände auf den Hüften, zu Penny um. In Männerkleidung wie neulich nachts, den Hut mit der breiten, weichen Krempe schief auf dem Kopf, lehnte sie einen Meter neben der Tür an der Mauer und wartete.
So viel zu seinem Erfolg dabei, sie auf andere Gedanken zu bringen.
Er schob sein Kinn
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