Geheimauftrag: Liebe
vor. »Du kannst nicht mitkommen.«
Der Mond schien hell. Sie sah ihm in die Augen. »Warum nicht?«
»Du bist eine Dame. Damen besuchen nicht das Duck and Drake .«
Sie richtete sich auf, zuckte die Achseln. »Du bist doch da. Ich bin völlig sicher.«
Er schaute zu, wie sie sich die Handschuhe überstreifte. »Ich werde dich nicht mitnehmen.«
Sie reckte den Kopf, schaute ihn herausfordernd an. »Dann werde ich dir eben folgen.«
Mit einem erbitterten Fluch legte er den Kopf in den Nacken und schaute in den nahezu wolkenlosen Himmel. Sie kannte die Gegend fast so gut wie er und konnte ihm im hellen Licht des Mondes mühelos nachreiten – oder sein Ziel auch ohne
ihn finden. Warum war er nur so dumm gewesen, es ihr zu verraten.
»Na gut!« Er schaute sie wieder an, betrachtete ihre Erscheinung und schüttelte den Kopf. »Aber nicht so. Niemand wird dich für einen Mann halten.«
»Es ist keine Verkleidung.« Sie lächelte – ein leichtes, entspanntes Lächeln, als hätte sie nie daran gezweifelt, dass er ihr nachgeben würde. Sie lief neben ihm, als er sich umdrehte und zu den Ställen ging. »Alle in Polruan wissen, wer ich bin. Sie wissen, dass es abseits der Wege leichter ist, im Herrensitz zu reiten. Die Leute gehören nicht zu denen, die es schockiert, mich in Hosen zu sehen. Es wird ihnen kaum auffallen.«
Er schaute flüchtig auf ihre in kniehohen Stiefeln steckenden langen Beine, die sich unter dem Stoff abzeichneten, während sie ausschritt. Nur mit Mühe gelang es ihm, sich einen abfälligen Kommentar zu verkneifen. Die Schmuggler in Polruan waren ebenso wenig blind wie er.
Mit einiger Anstrengung gelang es ihm, an etwas anderes zu denken als an ihre Anatomie. Er konzentrierte sich auf das Satteln der Pferde, hob sie auf ihre Stute. Noch einmal schüttelte er den Kopf: Wie hatte er nur zulassen können, dass es so weit kam? Dann schlug er den Weg nach Süden ein, und bald ritten sie nebeneinander durch die mondbeschienene Landschaft nach Polruan.
Das kleine Fischerdorf auf der östlichen Seite des Meeresarms bei Fowey bestand aus wenig mehr als ein paar Hütten und dem unverzichtbaren Wirtshaus, in dem die Männer aus dem Ort, alles Fischer, gewöhnlich ihre Abende verbrachten – zumindest wenn sie nicht irgendwelche verbotene Fracht durch die Wellen östlich der Mündung brachten.
Obwohl die Gegend voller Schmugglerbanden war, hatte jede ihr eigenes Gebiet, eine bevorzugte versteckte Bucht, eigene Höhlen. Die Fowey Gallants, die ihren Namen von jenen
Piraten übernommen hatten, die während des Hundertjährigen Krieges der Fluch der französischen Küstenstädte gewesen waren, stellten die größte und am besten organisierte Bande der Gegend dar. Charles vermutete, dass Granville jedoch nicht sie benutzte, sondern sich einer der kleineren Gruppen bediente, um Kontakt mit den Franzosen aufzunehmen.
Wie Penny es gesagt hatte: Granville war kein Narr gewesen. Je weniger Leute etwas von seinem Treiben wussten, desto besser.
Sie erreichten das Duck and Drake und saßen ab. Charles gab ihre Pferde einem Burschen, der aus dem grob gezimmerten Stall trat, zum Halten. Dann kehrte er zu Penny zurück, die neben der Tür wartete, und zog ihr den Hut tiefer in die Stirn. Mit Glück würde er angesichts der Fasanenfeder als Jagdhut eines Mannes durchgehen. »Halt deinen Kopf gesenkt, und tu genau, was ich dir sage.«
Sie murmelte etwas Unverständliches, doch er glaubte nicht, dass es ein Kompliment war. Er fasste sie am Ellenbogen, öffnete die Tür und blickte sich flüchtig um, bevor er sie über die Türschwelle schob. Für das dämmerige Licht in der Schankstube dankbar, lenkte er sie zu einem freien Tisch mit zwei Bänken in der Ecke.
Dann ließ er sie los. »Rutsch rein.«
Sie tat es. Er zwängte sich neben sie und zwang sie, bis ganz in die Ecke zu rücken. »Darf ich sprechen?«, fragte sie.
»Nein.« Er sah sich um, bemerkte vertraute Gesichter und nickte zweien zu. Dann schaute er sie an. »Warte hier, und lass den Kopf unten. Ich bin gleich wieder da.«
Er stand auf und ging an die Theke, nicht mehr als ein Brett, das auf zwei alten Fässern lag. Er nickte dem Wirt zu, der ihn wiedererkannte. Wortkarg, aber freundlich murmelte der Mann ihm ein »Mylord« zu und zapfte die beiden verlangten Krüge.
Charles unternahm keinen Versuch, mit ihm ins Gespräch zu kommen, denn so wurden Angelegenheiten hier nicht geregelt, so machte man keine Geschäfte mit den Gentlemen.
Der Wirt stellte
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