Geheimauftrag: Liebe
verstummten.
Mark Trescowthick beeilte sich stotternd, seinen Freund vorzustellen. »Phillip, Chevalier Gerond.«
Der junge Mann verneigte sich. Penny deutete einen Knicks an. Der Chevalier mochte ein paar Jahre älter als Mark sein, schätzte sie, Anfang bis Mitte zwanzig. So groß wie Charles, dabei ganz dünn wirkte er irgendwie in die Länge gezogen.
Charles nickte weltmännisch. »Chevalier, statten Sie unserem Land einen Besuch ab?«
»Ich habe den größten Teil meines Lebens hier verbracht – meine Familie gehörte zu den ersten Emigranten, die vor dem Terror flohen.« Sein Tonfall klang abweisend, während Charles aufmerksam seine unenglischen Züge beobachtete.
Er lächelte schwach. »Meine Mutter gehörte ebenfalls zu den Emigranten.«
»Aha.« Der Chevalier nickte und schaute die anderen jungen Männer der Gruppe an, die alle an Charles’ Lippen hingen.
»Was führt Sie denn speziell in unsere Gegend? Ich hätte gedacht, London wäre … lohnenswerter?«
Der Chevalier errötete leicht, erwiderte aber offen den Blick des anderen. »Ich muss zu einer Entscheidung kommen – ob ich, falls dieser Frieden hält, nach Frankreich heimkehren soll. Es ist nichts vom Vermögen meiner Familie übrig, doch das
Land ist noch da«, sagte er achselzuckend und schaute sich im Saal um. »Hier ist es auf jeden Fall friedvoll. Mark war so freundlich, mich einzuladen, ein paar Wochen hierzubleiben, und es schien mir der ideale Ort, in Ruhe zu überlegen und Klarheit zu gewinnen.«
»Da fällt mir etwas ein«, schaltete sich Mark ein. »Charles war mit der Garde für viele Jahre in Frankreich. Vielleicht weiß er etwas über dein Haus und das Dorf?«
»Das bezweifle ich«, erwiderte der Chevalier. »Es liegt in der Nähe von St. Cloud, weitab von den Schlachtfeldern.«
Charles bestätigte, dass er die Gegend nicht kenne, stellte den anderen jungen Männern noch ein paar Fragen, erkundigte sich nach der Jagd und dem Angeln, um zu verbergen, dass sein Interesse eigentlich nur dem Fremden galt, der sich, wie er inzwischen ebenfalls wusste, seit fünf Tagen auf Branscombe Hall aufhielt. Und damit theoretisch ebenfalls als verdächtig gelten musste.
Inzwischen begann sich die Gesellschaft allmählich aufzulösen, und auch sie schickten nach ihrer Kutsche. Während sie in der Eingangshalle noch mit anderen plauderten, fiel Penny auf, dass Nicholas sich als einer der Ersten von ihrer Gastgeberin verabschiedete, dann eilig die Stufen hinablief und in der Nacht verschwand.
Sie fragte sich, ob und wen er treffen würde diese Nacht. Vielleicht den Chevalier?
Nachdem sie Lady Trescowthick für den angenehmen Abend gedankt hatten – und das war trotz ihrer aktuellen Probleme ehrlich gemeint –, half Charles ihr in die Kutsche, schloss die Tür und damit den Rest der Welt aus.
Sie setzte sich in die Schatten, wartete nur bis zur Abfahrt, ehe sie leise feststellte: »Wie stehen die Chancen, einen französischen Emigranten zu finden, der vielleicht in Kürze in die Heimat zurückkehrt und ausgerechnet zu etwa derselben Zeit
in der Gegend aufgetaucht ist wie Nicholas, den wir im Verdacht haben, Geheimnisse an die Franzosen weiterzugeben? Und der vielleicht sein Komplize bei Gimbys Ermordung gewesen sein könnte?«
»Allerdings, aber es hilft nun einmal nicht, voreilige Schlüsse zu ziehen. Nicholas hat sich jede nur erdenkliche Mühe gegeben, heute Abend gesellig zu sein, obwohl ihn sichtlich erhebliche Sorgen umtreiben. Doch er hat keinen der fünf Besucher bevorzugt behandelt und mit dem Chevalier überhaupt nicht gesprochen.«
»Wenn sie einander bereits kennen, würden sie sich nicht unbedingt Mühe geben, das alle wissen zu lassen, oder?«
»Vermutlich nicht.« Charles wollte das Thema beenden und sich lieber mit ihr beschäftigen. Kurz entschlossen streckte er die Hand aus und zog ihren Kopf zu sich herüber.
Bedeckte, bevor sie protestieren konnte, ihre Lippen mit seinen, sah, wie ihre Augen aufblitzten, sich dann aber ergeben schlossen. Er hielt sie so lange in seinen Armen, bis sie weich und nachgiebig wurde und sie beide sich den Wellen der Lust überließen.
Als er spürte, dass kein Widerstand bei ihr mehr zu erwarten war, als sie nachgab und gegen ihn sank, empfand er unendliche Erleichterung. Warum nur war es mit ihr so vollkommen anders? Sie war die einzige Frau, die die Macht besaß, ihn mit diesem schmerzlichen Sehnen zu erfüllen, mit einer Schwäche, einem heftigen Verlangen, das ihn hilflos
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