Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
Vorwürfe gegen die Templer ernst nahm oder zumindest im Laufe des Verfahrens in wachsendem Maße bestätigt sah. Auf jeden Fall ließ er sich nicht davon abbringen, den Templerorden aufzulösen.
Bei den Verhaftungen des 13. Oktober 1307 kamen allein in Paris 138 Brüder in Gefangenschaft, 134 von ihnen gestanden innerhalb eines Monats, von den Ritualen gewusst und sie – meist widerwillig und eingeschränkt – vollzogen zu haben. Philipp IV. hoffte auf ein schnelles Verfahren, als er sich Anfang 1308 mit der Frage an die Universität Paris wandte, ob Brüder eines nur dem Papsttum unterstellten Ordens in extremen Fällen auch von den königlichen Gerichten verurteilt werden dürften und der Besitz des Ordens eingezogen werden könne. Dies misslang, und der Papst machte sein Vorrecht geltend, indem er im August 1308 päpstliche Kommissionen einsetzte, die die Vorwürfe untersuchen sollten. Nachdem der Großmeister Jacques de Molay und andere Brüder schon zuvor aufeiner öffentlichen Versammlung widerrufen und ihre Foltermale vorgezeigt hatten, setzte eine für die Templer gefährliche Mechanik ein, die ihnen wenig Aussichten für eine Rehabilitierung eröffnete. Die päpstliche Kommission in Frankreich wurde durch einen engen Vertrauten Philipps, den Erzbischof von Narbonne, geleitet. Im Ergebnis bestätigte die für Frankreich eingesetzte päpstliche Kommission im Juni 1311 die Vorwürfe. Die endgültige Entscheidung brachte dann das für Herbst 1311 einberufene Konzil von Vienne. Clemens V. verkündete am 22. März 1312 ungeachtet der Bedenken der Teilnehmer die Aufhebung des Templerordens. Diese wurde – nach einer an die Ketzerbulle Gregors IX. von 1233 angelehnten Aufzählung der Vorwürfe und einer Schilderung der Ereignisse vor dem und auf dem Konzil – mit den Gerüchten und dem daraus entstandenen üblen Ruf des Ordens begründet.
Verbrennung des Großmeisters Jacques de Molay und des Präzeptors der Normandie. Aus: «Chroniques de France ou de St Denis», BL Royal MS 20 C vii f. 48r
Zwei Jahre später wurde auch Jacques de Molay zu lebenslänglichem Kerker verurteilt. Als der Großmeister zusammen mit dem Komtur der Normandie, Geoffroi de Charney, widerrief, wurden beide auf Befehl des Königs als «relapsi» noch am selben Tag, am 18. März 1314, vor den Augen des Hofs und der Pariser Bevölkerung auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Die Legendenbildung hat auch dieses Ereignis ausgemalt. Eine Ursache waren die raschen Todesfälle, die sich anschlossen. So starb der Papst, Clemens V., schon einen Monat später; sieben Monate danach folgte ihm König Philipp IV., der bei einem Jagdunfall ums Leben kam. Vor allem in italienischen Chroniken findet sich daher der Bericht über einen «Fluch», den Molay während der Verbrennung gesprochen haben soll: Er habe Papst und König wegen ihrer Verbrechen innerhalb eines Jahres vor das göttliche Gericht gefordert. Diese Legende wurde im Folgenden variiert und ausgeschmückt und hat auch in historische Romane des 20. Jahrhunderts Eingang gefunden.
Eine andere Version, die den Templern esoterisches, auf orientalische Vorbilder zurückgehendes Geheimwissen unterstellt, obwohl Schriftlichkeit und geistliche Bildung nachweislich im Orden wenigverbreitet waren, konstruiert ein Nachleben der Institution im Untergrund. So hätte Jacques de Molay kurz vor seinem Tode seinen Neffen, den Grafen von Beaujeu, zu sich kommen lassen, um ihn in die Geheimnisse der Templer einzuführen und ihm die Verpflichtung aufzuerlegen, den Orden im Geheimen wiederherzustellen. Dies hätte der junge Graf unmittelbar nach Molays Tod zusammen mit neun anderen Rittern auch getan, und er hätte aus der – nicht historisch nachweisbaren – Gruft der Großmeister den Schatz des Ordens holen und an einen sicheren Ort bringen lassen. Danach hätte die Institution ohne Unterbrechung fortbestanden, unter der Leitung von Brüdern, die sich in Schottland im Exil befanden.
Das historisch fassbare Nachleben des Ordens war weit weniger spektakulär. So war das Schicksal der Templer in den anderen europäischen Ländern zumeist weniger hart als in Frankreich. Oft kam es sogar zu Freisprüchen, wie auf Zypern, wo sich die meisten führenden Brüder befanden, oder im Königreich Aragón. Überlebende Brüder wurden aus dem ehemaligen Ordensbesitz versorgt oder schlossen sich den Johannitern bzw. in Portugal und Aragón den aus ihrem Kreis neugegründeten Ritterorden an. Der Besitz
Weitere Kostenlose Bücher