Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
ist eine Anleitung, wie man die Bevölkerung mit Terror politisch unter Kontrolle hält. Daniele Ganser weiß auch, zu welchen Mitteln man damals greift, um FM 30 - 31B zu verwirklichen: «Rechtsextreme Terroristen führten Anschläge aus, diese wurden durch gefälschte Spuren dem politischen Gegner angelastet, worauf das Volk selber nach mehr Polizei, weniger Freiheitsrechten und mehr Überwachung durch die Nachrichtendienste verlangte.»
Licio Gelli ist damals «Washingtons Mann» . (Daniele Ganser), die in FM 30 - 31B beschriebene «Politik der Spannung» in die Wege zu leiten. Die Amerikaner hätten keinen Besseren finden können als diese schillernde Persönlichkeit der extremen Rechten Italiens. Schon mit 17 Jahren geht Licio Gelli nach Spanien und zieht dort auf Francos Seite in den Bürgerkrieg. Er ist ein glühender Verehrer Mussolinis. Der politische und militärische Kampf lehrt ihn, Verschlagenheit, Skrupellosigkeit und Brutalität als die besten Waffen im Kampf um das Überleben zu schätzen. Als die Herrschaft der Faschisten in Italien zu Ende geht, zögert Licio Gelli keinen Moment, dem kommunistischen Widerstand nützliche Hinweise zu geben. Der Verbindungsoffizier zu den deutschen Nazis entgeht dank Protektion eines führenden Kommunisten einem Erschießungskommando. In den Wirren des Kriegsendes knüpft er außerdem Kontakte zu den westlichen Geheimdiensten. Bald weiß niemand mehr, auf wessen Seite Licio Gelli eigentlich steht.
In der Nachkriegszeit lebt Gelli in Südamerika und macht sich in einschlägigen Kreisen als Waffenhändler zwischen Europa und Argentinien einen Namen. Zurück in Italien, wird er ein erfolgreicher Unternehmer und Abgeordneter der rechtsradikalen Movimento Sociale Italiano. Doch parlamentarische Arbeit allein genügt ihm nicht. Gelli will ein autoritär geführtes Italien, das Ende der parlamentarischen Demokratie. «Die Macht kann man nur erlangen, wenn das Projekt geheim ist», sagt Licio Gelli in einem Fernsehinterview freimütig. Es ist das Motto seines Lebens. Und er geht dafür über Leichen.
Das Gespenst der bleiernen Zeit
Mailand, Piazza Fontana, am 16. Dezember 1969. In den Räumen der Banca dell’Agricoltura herrscht Gedränge. Niemand beachtet den Mann, der in der Eingangshalle eine Aktentasche unter einem Tisch platziert und danach die Bank verlässt. Um 16 : 45 Uhr detonieren acht Kilogramm Sprengstoff.
«Ich saß an meinen Schreibtisch hinter dem Schalter. Ich hörte den Knall. Der Blitz lähmte mich. Ich sah durch den Rauch einen Körper über den Schalter fliegen. Er schlug neben mir auf. Ich war so geschockt, dass ich mich nicht bewegte», erinnert sich der damals 27-jährige Angestellte Michelle Carlotto.
14 Menschen sterben an jenem Tag in Mailand. Um die Täter zu finden, werden über 4000 Verdächtige verhaftet – ohne Ergebnis. Was die Italiener damals nicht ahnen können: Die Bombe von der Piazza Fontana ist der Auftakt zu einem mörderischen Blutvergießen, das Italien über 20 Jahre lang in Atem hält. Es ist die «bleierne Zeit», in der rechte und linke Terrorgruppen Italien fast tagtäglich mit Gewalt heimsuchen. Rund 500 Menschen werden von Bombenund Kugeln getötet, Zehntausende verletzt. Zudem wird der Staat von Streiks und sozialen Unruhen erschüttert. Der Staat scheint dem Zusammenbruch nahe. Viermal wollen ultrarechte Offiziere putschen. Sie werden stets im letzten Moment zurückgepfiffen. Doch von wem?
Der Tod der 14 Opfer vom Anschlag in Mailand ist bis heute ungesühnt. Und das, obwohl schon 1974 ein Geheimdienstpapier zu dem Schluss kommt, dass eine dubiose Freimaurerloge darin verwickelt sei und Spuren verwische. Die P2 steht damals am Rande der Enttarnung. Aber die Loge ist zu jenem Zeitpunkt schon so mächtig, dass das Papier so schnell verschwindet, wie es auftaucht. Keiner der Verfasser wagt es, das Dokument zu veröffentlichen.
Heute weiß man: Der Terror in Italien hätte niemals solche Ausmaße annehmen können, wenn nicht Licio Gelli durch einen ihm hörigen Geheimbund die Fäden hätte ziehen können. 1963 wird Gelli Freimaurer. Zunächst verhindert seine Faschisten-Vergangenheit höhere Weihen – bis drei Jahre später der Vorsitzende der Großloge von Italien (Grande Oriente d’Italia, GOI), Giordano Gamberini, ihn zu protegieren beginnt. Großmeister Gamberini steht in engem Kontakt zur CIA und beauftragt Gelli, den Logen Italiens neue Mitglieder von Rang zuzuführen. Als ehemaliger
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