Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
ist, dass ihre Existenz erst 1990 bekannt wird: Sie heißt «Gladio», eine Schattenarmee, deren Mitglieder über ein gigantisches Netz von Waffenlagern in ganz Westeuropa verfügen. Im Fall einer sowjetischen Invasion sollen sie hinter den Linien den Widerstand organisieren und Sabotageakte durchführen. Ein Hauptrekrutierungsfeld sind alte Faschisten und Nationalsozialisten sowie deren politische Ziehsöhne in den neuen rechtsradikalen Parteien.
Der Bombenanschlag im Bahnhof von Bologna am 2. August 1980 ist einer der grausamsten in der Geschichte Europas. Die Spur der Täter führt zur Geheimloge P2.
Die Mitglieder Gladios werden darauf eingeschworen, sich ruhig zu verhalten, um unerkannt zu bleiben. Doch in Ländern mit starken kommunistischen Bewegungen werden sie aktiv – besonders in Italien. Dort kulminieren die Attentate und Anschläge in jenen Jahren, als das schwarze Herz der politischen Macht Italiens im Hotel Exzelsior schlägt: «Die Elite-Loge P2 wird zu einem im Verborgenen agierenden politischen Entscheidungszentrum, das ohne jeglichedemokratische Legitimierung, nur gestützt von führenden amerikanischen und italienischen Politikern, die politischen Geschicke des Landes parallel zur offiziellen Regierung bestimmt», schreibt die P 2-Expertin Regine Igel.
Eine machtbesessene, skrupellose Vereinigung saugt damals das Land finanziell aus, zersetzt die soziale Ordnung und terrorisiert die Menschen, weil es die atlantische Führungsmacht so wünscht: «Die (…) P2 und die ebenfalls von den USA finanzierte antikommunistische Parallelarmee Gladio kooperierten während Italiens Erster Republik sehr eng», schreibt der Historiker Daniele Ganser. Auch der ehemalige CIA-Agent Richard «Dick» Brennecke behauptet 1990 in einem Fernsehinterview, dass die USA die P2 benutzten, um den Terrorismus in Italien zu fördern. «Ich traf mehrmals mit Terroristen zusammen. Sie wurden als den USA dienlich angesehen.» Die CIA dementiert Brenneckes Geständnis sofort. Bis heute gelingt es keinem Staatsanwalt nachzuweisen, dass P2 direkt in Bombenanschläge und Attentate verwickelt ist, die von rechtsradikalen Gruppen wie der «Ordine Nuovo» . (Neue Ordnung) durchgeführt wurden. Fest steht, dass jede Bombe und Kugel der Rechtsterroristen Licio Gelli in die Hände spielt. Seine politischen Ziele: «Die Macht in einer Hand, in der Exekutive, die Vernichtung der Opposition, ein Maulkorb für die Information und als Folge eine Änderung der Verfassung, um all das möglich zu machen», sagt Leoluca Orlando, der für seinen Anti-Mafia-Kampf bekannte Bürgermeister von Palermo. Licio Gelli will Italien wieder in der Hand eines autoritären Staatsführers sehen.
Zunächst scheinen Gelli und seine Förderer die italienische Öffentlichkeit durch die Terror-Taktik der «Politik der Spannung» lenken zu können. Anfang der 1980er kommt es aber zu einem Strategiewechsel. Der schleichende Staatsputsch durch systematische Unterwanderung von Militär, Geheimdienst, Ministerien, Wirtschaft und Verwaltung ist jetzt das oberste Ziel, sind P 2-Experten überzeugt. Aber weiterhin gilt: Wer Licio Gelli unterstützt, profitiert. Wer illoyal ist oder nicht mehr «funktioniert», riskiert anscheinend sein Leben.
Ein Millionenspiel auf Leben und Tod
Laut Aussage des CIA-Agenten Richard Brennecke erhält die P2 zur Finanzierung ihrer Aktivitäten enorme Geldsummen vom amerikanischen Auslandsgeheimdienst, angeblich bis zu zehn Millionen Dollar monatlich. Für was wird das Geld verwendet? Wie viel landet auf Gellis Konten? 1982 verhaftet man den P 2-Chef in der Schweiz bei dem Versuch, von einem Nummernkonto 120 Millionen Dollar abzuheben. Ist dieses Geld der Grund, warum der P 2-Schatzmeister Roberto Calvi unter der Blackfriars Bridge erhängt wurde? Weiß er von den CIA-Millionen und will Calvi erpressen, als es mit der Banco Ambrosiano bergab geht und der P 2-Chef nichts für ihn unternimmt? Fest steht: Als die Justizbehörden gegen Calvi ermitteln und die Mafia ihr Geld zurückverlangt, versucht sich der Milliarden-Jongleur mit allen Mitteln gegen seinen Untergang zu stemmen. Er fleht sogar Papst Johannes Paul II. um Hilfe an. Schließlich ist er diesem stets mit finanztechnischen Winkelzügen zu Diensten, um die teuren kirchenpolitischen Ziele des Vatikans in Osteuropa und Südamerika möglich zu machen: «Ich bin es gewesen, der auf ausdrückliche Anordnung Ihrer maßgeblichen Repräsentanten über beträchtliche
Weitere Kostenlose Bücher