Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
«Wallfahrtmemorabilien» abgetan.
Andere behaupten, Saunière habe beim Abtransport in einem der beiden alten Pfeiler, auf denen die Altarplatte ruhte, einen Hohlraum entdeckt. In diesem lagen angeblich drei mit Wachs versiegelte Holzzylinder, die mehrere Stücke Pergament enthielten.
Laut eines dritten Berichts fiel dem Glöckner Antoine Captier wenige Tage später das Kapitell einer Holzsäule vor die Füße. Als er das Holz wegräumen will, bemerkt er einen Hohlraum, in dem eine Glasphiole steckt. In dieser soll sich ein in Pergament gewickelter Knochen befunden haben. Als der Glöckner seinen Fund dem Abbé bringt, soll dieser es als wertlose Reliquie bezeichnet haben.
Was auch immer die Arbeiter in der Kirche gefunden haben mögen, am nächsten Tag sei der Abbé unverzüglich nach Carcassonne gefahren, um seinem Vorgesetzten, Bischof Félix Arsène Billard, davon zu berichten. Der habe Saunière sofort nach Paris geschickt, wo die Funde von hohen kirchlichen Würdenträgern sowie Angehörigen esoterischer und okkultistischer Kreise begutachtet wurden. Drei Wochen später sei der Pfarrer wieder nach Rennes-le-Château zurückgekehrt. Doch all das ist reines Hörensagen. Unzweifelhaft ist aber, dass Saunière in den folgenden Jahren nicht nur einen regen Briefverkehr, der weit über die Grenzen Frankreichs hinausgeht, aufnimmt, sondern plötzlich auch über viel Geld verfügt.
Dank der verbesserten finanziellen Situation stellt der Abbé Anfang 1891 Alexandrine Dénarnaud aus dem nahegelegenen DorfEspéraza als Haushälterin ein. Eine folgenschwere Entscheidung, denn Alexandrine kommt nicht allein, sondern bringt gleich ihre ganze Familie mit, darunter auch Marie, die siebzehnjährige Tochter des Hauses. Es kommt, wie es kommen muss, der fromme Mann verliebt sich hoffnungslos, und bald übernimmt Marie nicht nur die Arbeit ihrer Mutter als Haushälterin, sondern teilt mit dem Geistlichen sowohl Haus als auch Bett. Die sündige Beziehung sorgt zwar für Unruhe, aber letztendlich stehen die Dorfbewohner zu ihrem Pfarrer. Nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil ganz Rennes-le-Château vom plötzlichen Reichtum des Abbé profitiert.
Am 21. Juni 1891 veranstaltet Saunière eine Weihprozession, für die er extra eine neue Marienstatue hat anfertigen lassen. Den krönenden Abschluss der Feier bildet die Aufrichtung der Statue vor der Kirche. Sie ist Maria in ihrer Erscheinung als «Unsere liebe Frau von Lourdes» geweiht. Als Postament dient der alte Pfeiler, in dem Saunière angeblich die Pergamente fand. Die Inschrift, die der Abbé unterhalb der Statue anbringen lässt, ruft zur Reue und Buße auf. Gleich zweimal steht dort das Wort «Pénitence» – sicher eine Anspielung auf die Jungfrau Maria, die genau diese Worte bei ihren Erscheinungen in Lourdes ausgesprochen haben soll. Im unteren Bereich des Pfeilers ist «Mission 1891» eingraviert. Im offiziellen Report über die Prozession und Weihung ist zu lesen, sie habe anlässlich der Verabschiedung eines Missionars stattgefunden, der den Armen der Gegend predigte, deshalb die ungewöhnliche Wortwahl «Mission». Auch der Heilige, dem dieser Tag geweiht ist, wird im Report ausdrücklich erwähnt. Es ist der Jahrestag des heiligen Aloysius von Gonzaga. Bedenkt man die Lebensumstände des Abbé, der mit seiner Haushälterin in wilder Ehe lebt, und die Tatsache, dass der heilige Aloysius der Jungfrau Maria im zarten Alter von neun Jahren ewige Keuschheit gelobte, eine durchaus bemerkenswerte Terminwahl für das Weihefest.
Nach der Prozession beginnt eine Zeit emsiger Arbeiten. Die Renovierungsarbeiten im Inneren der Kirche schreiten voran. Da das Lesen der Messe in der Kirche dabei kaum möglich ist, lässt Saunière am Rande des Friedhofs eine kleine Kapelle mit provisorischem Altar errichten. Doch immer öfter werden er und seine «Madonna», wie die Dorfbewohner Marie scherzhaft nennen, auch nachts in der Nähe der Kapelle gesehen. Auffallend häufig haben sie Werkzeuge und Schaufeln dabei. Die Dorfbewohner fürchten um die Totenruhe ihrer Verwandten und wenden sich an den Bischof. Bei der offiziellen Befragung gibt Saunière an, dass er lediglich Knochen aus alten Gräbern in ein Beinhaus bringe, um Platz für neue Gräber zu schaffen. Bei ein, höchstens zwei Beerdigungen im Jahr kein sehr überzeugendes Argument. Gerüchte werden laut, dass der Pfarrer einen Schatz gesucht und gefunden habe – zumal Saunières Quelle des Reichtums offensichtlich immer
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