Geheimcode F
die Beweise wegschaffen...«
»Die haben uns gesehen und den ganzen Zoo einfach evakuiert«, meinte der General. »Wir stehen wieder einmal völlig am Anfang.«
Rica liebte Pferde. Wie Tiere überhaupt. Und es war zauberhaft, trotz aller widrigen Umstände, diese herbe Landschaft auf einem Pferderücken zu durchstreifen. Auf einer kleinen Anhöhe sprangen Alain und Rica von ihren Pferden und gingen ein paar Schritte zu Fuß weiter. Die Ruhe, nur unterbrochen vom ständigen Zirpen der Insekten, tat gut nach den Aufregungen der letzten Stunden.
Die beiden spazierten eine Weile stumm nebeneinander her. Dann suchte Alain nach einem Gesprächsthema, denn die beiden hatten bisher kaum mehr als fünf Worte gewechselt.
»Du machst viel Sport«, bemerkte er anerkennend. Er war ein guter Reiter, aber Rica konnte sich auch sehen lassen. In jeder Hinsicht. Das war ihm nicht entgangen. Schließlich war er kein Kostverächter.
»Ich tanze viel, sieht man das?« Rica lächelte dankbar. »Ist dir kalt?«
»Nein, wieso?« Alain legte ihr trotzdem seinen Arm um die Schultern. Rica blieb ein bißchen die Luft weg. Seltsam, das hatte sie sich eigentlich die ganze Zeit gewünscht. Und jetzt...
»Magst du mich?« fragte sie unsicher.
»Merkst du das nicht?« Alain drückte sie ein wenig an sich.
»Warum sagst du es dann nicht?« Kenne einer sich mit den Franzosen aus! Gelegenheit und Zeit dafür hatte es doch bisher schon mehr als genug gegeben. Rica blieb stehen und sah ihn fest an. »Ich mag dich!« sagte er schlicht. Und sah hinreißend dabei aus.
»Wie alt bist du?« fragte sie.
»Sechzehn.« Ein Jahr älter als sie. Genaugenommen fehlten nur noch wenige Stunden bis zu ihrem fünfzehnten Geburtstag, den sie jetzt wohl doch hier in der Pampa feiern würde und nicht, wie geplant, am blauen Meer. »Und du?« fragte Alain.
»Ich werde morgen fünfzehn!«
»Ein Geburtstagskind, das müssen wir feiern!«
Rica dachte nach. »Ja, schon. Sag, findest du mich hübsch?« Für diese Frage hätte sie sich am liebsten nachträglich die Zunge abgebissen. Blöde Kuh! Aber natürlich interessierte sie seine Antwort brennend. Er musterte sie eingehend. »Du bist genau mein Typ!« Das war entwaffnend. Rica brachte kein Wort mehr hervor. Nun, vielleicht würde ihr Geburtstag doch noch zu dem Freudenfest werden, das sie sich so oft ausgemalt hatte. Pampa oder nicht. Gute Laune konnte man schließlich überall haben, oder?
»Sind Sie Monsieur Calvet ?« fragte der Postbote von seinem Drahtesel herab. Gerard nickte. »Dann ist dieser Eilbrief für Sie!«
»Gute oder schlechte Nachrichten?« fragte Opa Ruhland neugierig.
»In jedem Fall etwas, was meine kleine Welt bewegt...« fabulierte Gerard, während er den Brief umständlich öffnete. »... und erwarten Sie am Dienstag in unserer Universität!« Gerard bemühte sich, dem Anlaß entsprechend würdig dreinzuschauen.
»Jetzt machen sie noch einen Professor aus Ihnen!« wunderte sich Opa. Und verfluchte in diesem Moment auch gleich sein Versprechen, in Gerards Abwesenheit auf Marie-Antoinette aufzupassen. Vielleicht gefiel es dem Wanderphilosophen so gut in der malerischen Stadt Sète , daß er sich dort seßhaft machte... Schwein oder nicht Schwein, das war dann keine Frage mehr. Nun ja, Opa würde sich überraschen lassen. Und ein bißchen Schwein hatte noch keinem geschadet, dachte er, schon wieder mit einem Lächeln auf den Lippen.
*
Françoise starrte gebannt in die Zimmerecke. Mitternacht war längst vorbei, und ein scheußlicher Traum hatte sie plötzlich geweckt. Oder war es ein Geräusch? Der Fernsehapparat war noch angeschaltet, auf dem Schirm rauschte der Sendeschlußschnee und verbreitete dabei ein gespenstisches Licht. Aber da war noch etwas. Ein Schatten, der sich soeben vorsichtig bewegt hatte und nun stillhielt. Françoise spürte deutlich die Anwesenheit eines Menschen. Sie hielt kurz die Luft an, hoffte, ihr Herz würde nicht zerspringen, denn das versuchte es gerade, und zog sich die Bettdecke bis über die Nase. Dann schloß sie die Augen, in der Hoffnung, daß sie das alles nur geträumt hätte.
Der Boden knarrte. Stille. Françoise war sofort wieder hellwach. Sie wollte schreien, aber eine kräftige Hand hielt ihren Mund zu. »Seht!« sagte eine Stimme befehlend. »Nicht schreien, ich tu dir nichts!« Gleichzeitig lockerte sich der Griff. Noch bevor sie tief Luft holen konnte, versuchte Françoise noch einmal zu schreien. Wieder die Hand. »Sei doch still, um
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