Geheimcode Makaze
amüsant«, schnaubte Tongju, während er sie mit kaltem Blick musterte.
»Übrigens, was macht die Japanische Rote Armee eigentlich in Inchon, Korea?«, fragte Dirk unverblümt.
Tongju zog kurz und kaum wahrnehmbar die Augenbrauen hoch.
»Sehr aufmerksam, Mr. Pitt.« Ohne die Gefangenen eines weiteren Blickes zu würdigen, wandte er sich dann an den Stiernackigen, der ein AK-74 auf die beiden gerichtet hatte.
»Bring sie zum Schnellboot und schließe sie unter Bewachung in der vorderen Kabine ein«, befahl er, dann machte er auf dem Absatz kehrt und ging auf die Brücke.
Dirk und Summer wurden die Gangway hinab und quer über den Kai zu einem kleineren Anlegeplatz gebracht, an dem eine schnittige Motoryacht vertäut war. Es war ein einunddreißig Meter langer, leuchtend blau gestrichener Hochgeschwindigkeits-Katamaran von South Pacific Marine. Das ursprünglich für den Fährdienst konstruierte Boot war zu einer schnellen, hochseetüchtigen Luxusyacht umgebaut worden, die mit ihren beiden 4000 PS starken Dieselmotoren mehr als 35 Knoten schaffte.
»Na, die entspricht meinem Geschmack schon eher«, stellte Summer fest, als sie an Deck gebracht und in einer kleinen, aber nobel ausgestatteten Innenkabine eingeschlossen wurden.
»Diesmal haben wir kein Fenster. Ich nehme an, unserem Gastgeber hat dein Spruch von wegen Inchon nicht gefallen«, fügte Summer hinzu, als sie sich, immer noch mit gefesselten Händen, in einen kleinen Sessel kuschelte.
»Ich und mein großes Mundwerk«, erwiderte Dirk. »Wenigstens wissen wir jetzt ungefähr, wo wir sind.«
»Ja … mitten im Kimchi-Land. Tja, wenn wir schon abtreten müssen, dann treten wir wenigstens erster Klasse ab«, sagte sie und bewunderte die Walnusstäfelung und die teuren Kunstwerke an den Wänden. »Für eine zweitklassige Terrorgruppe haben diese Typen ziemlich viel Kohle.«
»Allem Anschein nach haben sie ein paar Freunde bei Kang Enterprises.«
»Der Reederei?«
»Ein großer Konzern. Ihre Frachter fallen uns schon seit Jahren auf. Aber die Firma ist auch an ein paar Hightech-Unternehmen beteiligt, obwohl ich nur über die Reederei Näheres weiß. Ich habe mal in einer Bar einen Typen kennen gelernt, der als Schmierer auf einem ihrer Schiffe gearbeitet hat. Er hat mir von der abgeschotteten Werft- und Lageranlage in Inchon erzählt. So was habe ich noch nie gesehen. Vermutlich ist auf der anderen Seite ein Trockendock, und der ganze Laden steckt voller hochmoderner Geräte. Der Kabelleger hatte den blauen Blitz am Schornstein, das Firmenzeichen von Kang Enterprises. Das hier muss diese Anlage sein.«
»Wie schön, dass deine Sauftouren auch mal für was gut sind«, versetzte Summer schnippisch.
»Recherchen. Reine Recherchen«, erwiderte er lächelnd.
Summer wurde mit einem Mal ernst. »Warum sollte sich ein südkoreanischer Industrieller mit der JRA einlassen? Und was wollen die von uns?«
Sie wurde von einem heiseren Röhren unterbrochen, als hinter ihrer Kabine die Dieselmotoren des Katamarans angeworfen wurden.
»Ich nehme an, das werden wir bald erfahren.«
Sobald sich Tongju an Bord des Katamarans begeben hatte, wurden die Leinen losgeworfen, und das schnelle Boot tuckerte mit langsamer Fahrt am Kai entlang. Als das mächtige Hangartor aufglitt und der Katamaran aus der überdachten Hafenanlage stieß, warf Tongju einen Blick zurück auf den Kabelleger, der hinter ihm aufragte.
Eine Heerschar von Arbeitern wuselte bereits wie ein Bienenschwarm auf der
Baekje
herum. Ein schwerer Kran entfernte die riesige Kabeltrommel vom Achterdeck, während Anstreicher die oberen Decks umspritzten. An den Aufbauten waren Bautrupps mit Schneidbrennern zugange, trennten hier eine Wand heraus und schweißten dort neue Schotten und Schanzkleider ein. Etliche Arbeiter hatten sich am Hecküberhang abgeseilt und übermalten den Schiffsnamen, während ein anderer Trupp den Schornstein goldgelb anstrich. In wenigen Stunden würde das Schiff ganz anders aussehen und selbst für das geübte Auge nicht mehr wiederzuerkennen sein. So als hätte es die
Baekje
nie gegeben.
31
Der kleine Kerl marschierte so zielstrebig und energisch durch die Chefetage in der NUMA-Zentrale, als ob ihm der Laden gehörte, was genau genommen auch der Fall war. Admiral James Sandecker wurde im ganzen Haus hoch verehrt, immerhin hatte er die Meeresforschungsbehörde etliche Jahrzehnte zuvor mit einer Hand voll Wissenschaftler und Ingenieure gegründet. Er mochte zwar nicht der Größte
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