Geheimcode Makaze
»Wir können die Brennstoffmenge der Zenit erhöhen, damit sie das Zielgebiet auch von der ursprünglichen Startposition aus erreicht.« Sein Widersacher quittierte das mit einem stummen Kopfschütteln.
»Welche Gefahr sehen Sie dabei?«, fragte ihn Tongju.
»Sergej hat insofern Recht, dass wir die Brennstoffmenge anpassen können, um das Ziel auch von der ursprünglichen Startposition aus zu erreichen. Allerdings habe ich große Zweifel, was die Genauigkeit angeht. Wir wissen nicht, welche Windbedingungen während der gesamten Flugdauer herrschen. In Anbetracht der ungewöhnlichen Witterungsverhältnisse können die Windbedingungen während des Fluges erheblich von unseren derzeitigen Messungen abweichen. Die Rakete könnte sowohl nach Norden als auch nach Süden vom Kurs abkommen. Möglicherweise schießen wir auch um zehn oder mehr Kilometer übers Ziel hinaus, oder wir erreichen es gar nicht. Bei einem derart langen Flug gibt es einfach zu viele Unwägbarkeiten.«
»Wie lange wird es dauern, bis wieder die üblichen Witterungsbedingungen herrschen?«, fragte Tongju.
»Das Tiefdruckgebiet schwächt sich bereits ab. Wir erwarten, dass es sich im Lauf der nächsten anderthalb Tage auflöst. In etwa zweiundsiebzig Stunden dürfte dann wieder Hochdruck herrschen.«
Tongju dachte einen Moment lang schweigend über die Argumente nach, dann traf er eine Entscheidung.
»Wir müssen den Zeitplan einhalten. Wir können es uns nicht leisten, herumzusitzen und zu warten, bis sich das Wetter ändert. Ebenso wenig aber können wir uns ein Abweichen von der Flugbahn leisten. Wir werden die Plattform näher ans Zielgebiet bringen und sobald wie möglich mit dem Countdown beginnen. Wie weit müssen wir sie bewegen, um die Witterungsbedingungen auszugleichen?«
»Die Flugbahn muss kürzer werden, um die Auswirkungen des Gegenwindes zu vermindern. Aufgrund unserer jüngsten Windmessungen müssen wir sie etwa hier in Stellung bringen«, sagte der bärtige Ukrainer und deutete auf eine Karte der nordamerikanischen Küstenregion. »Hundertfünf Kilometer vor dem Festland.«
Schweigend musterte Tongju einen Moment lang die Position, während er die Strecke überschlug, die sie zurücklegen mussten. Die vorgeschlagene Stelle befand sich gefährlich nahe an der Küste, stellte er fest, als er ein paar Inseln in dem betreffenden Seegebiet bemerkte. Aber sie könnten innerhalb des von Kang vorgegebenen Zeitplans dort hingelangen und die Rakete starten. Alle hatten sich ihm zugewandt und warteten auf seinen Befehl, als er sich schließlich umdrehte und Lee zunickte. »Ändern Sie sofort den Kurs. Wir bringen beide Schiffe vor der Morgendämmerung in die neue Position und beginnen bei Tagesanbruch mit dem Countdown.«
48
»Ein Blimp? Du willst mich wohl veräppeln?«
Giordino kratzte sich am Kinn, dann wandte er sich kopfschüttelnd an Pitt. »Wegen eines Flugs in einem Blimp hast du mich quer durchs ganze Land geschleppt?«
»ich glaube, die gängige Bezeichnung lautet
Luftschiff
«, sagte Pitt und blickte seinen Partner mit gespielter Empörung an.
»Ein
Gasbeutel
, mit anderen Worten.«
Giordino hatte sich gefragt, was Pitt in der Hinterhand hatte, als sie um zwei Uhr morgens mit einem Nachtflug von Washington in Los Angeles eingetroffen waren. Statt nach Süden zu fahren, zum Hafen von Los Angeles und dem regionalen Oberkommando der Küstenwache, hatte Pitt den Mietwagen nach Norden gesteuert. Giordino war prompt eingeschlafen, als der Leiter der NUMA die Stadtgrenze von Los Angeles passierte. Als er später aufwachte und Erdbeerfelder am Fenster vorbeiziehen sah, rieb er sich einen Moment lang verdutzt die Augen, dann bog Pitt auf den kleinen Oxnard Airport ein und hielt in der Nähe eines großen Zeppelins, der an einem hohen, auf einem Lastwagen verankerten Mast hing.
»Ich dachte, der Super Bowl findet erst in ein paar Monaten statt«, witzelte Giordino, als er den Blimp sah.
Der 68 Meter lange Sentinel 1000 von Airship Management Services war genau genommen viel größer als die üblichen Reklameblimps, die man über Football-Stadien oder Golfplätzen schweben sieht. Mit seinen zehntausend Kubikmetern Gasfüllung konnte der Sentinel 1000, eine größere Version des beliebten Skyship 600, eine Nutzlast von fast drei Tonnen befördern. Im Gegensatz zu den mit einem starren Gerippe versehenen Zeppelinen der zwanziger und dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts, die mit leicht brennbarem Wasserstoff gefüllt waren, war der
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