Geheimcode Makaze
der Limousine und schirmten ihn vor den Fotografen ab, die nur zu gern ein Foto von dem Firmenchef vor seiner brennenden Fabrik geschossen hätten.
Als er zur Limousine geleitet wurde, knickten plötzlich Galvins Beine ein. Er wandte sich an einen seiner Assistenten und wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort heraus. Vor dem offenen Wagenschlag kippte er vornüber und landete bäuchlings auf dem Teppichboden. Ein verdutzter Assistent warf sich über ihn und stellte entsetzt fest, dass der Chef nicht mehr atmete. Hektisch versuchte er ihn wiederzubeleben, als die Limousine mit quietschenden Reifen losfuhr und zum nächsten Krankenhaus raste, doch es war vergebens. Der ebenso umtriebige wie egozentrische Leiter einer Weltfirma war tot.
Nur wenige Menschen hatten auf den kahlköpfigen Mann mit den dunklen Augen und dem herabhängenden Schnurrbart geachtet, der sich zur Bühne vorgedrängt hatte. Er trug einen blauen Laborkittel mit einer Plastikkarte an der Brust und sah aus wie ein Mitarbeiter von SemCon. Kaum einer hatte wahrgenommen, dass er einen Plastikbecher in der Hand hielt, aus dem ein dünnes Bambusrohr ragte. Und im allgemeinen Chaos, das nach den Explosionen herrschte, hatte auch niemand bemerkt, wie er das Rohr herauszog, an den Mund setzte und eine Giftkugel auf den mächtigen Gebieter über ein riesiges Unternehmen abschoss.
Dann tauchte der kahlköpfige Killer im Getümmel unter und ging gemächlich zum Ausgang des Firmengeländes, wo er den Becher und den Laborkittel in einen Mülleimer warf. Er sprang auf ein Fahrrad, hielt kurz inne, als ein Feuerwehrwagen die Straße entlangraste und auf das in Flammen stehende Gebäude zuhielt. Dann radelte er davon, ohne sich noch einmal umzublicken.
Helle Glockenschläge hallten in Dahlgrens Schädel wider, wie von einem Bahnübergang in weiter Ferne. Zunächst hoffte er inständig, es möge nur ein Traum sein, doch dann kam er langsam zu sich und begriff, dass das Telefon auf dem Nachttisch klingelte. Er nahm den Hörer ab und gähnte ein müdes Hallo.
»Jack, bist du etwa noch am Sägen?«, meldete sich Dirk lachend.
»Yeah, danke für den Weckruf«, erwiderte er schlaftrunken.
»Ich dachte, Bankerbräute stehen nicht auf lange Nächte.«
»Die hier schon. Und auf Wodka steht sie auch«, sagte Dahlgren und rülpste kurz. »Ich habe einen Geschmack im Mund, als hätte mir heut Nacht ein Dinosaurier reingekackt.«
»Ich fühle mit dir. Aber hör mal, ich will rauf nach Portland fahren, ein bisschen ausspannen und mir eine Oldtimer-Ausstellung anschauen. Hast du Lust mitzukommen?«
»Nein danke. Ich muss heute mit der Bankerbraut auf Kajaktour gehen. Falls ich überhaupt stehen kann.«
»Okay. Ich schicke dir einen Bombay-Martini vorbei, damit du in die Gänge kommst.«
»Alles klar«, erwiderte Dahlgren und verzog das Gesicht.
Dirk fuhr mit dem NUMA-Jeep auf dem Interstate Highway 5 von Seattle aus nach Süden und genoss den Anblick der dichten Wälder, die hier im Westen des Bundesstaates Washington wucherten. Er fand diese Überlandfahrten ungemein entspannend, weil er seinen Gedanken freien Lauf lassen konnte, während er die Landschaft auf sich einwirken ließ. Als er feststellte, dass er gut vorankam, entschied er sich für einen kleinen Umweg zur Küste, bog auf die Straße zur Willapa Bay ab und fuhr dann am Pazifik entlang zur großen Bucht. Bald darauf kam er zu der breiten blauen Mündung des Columbia und rollte an den gleichen Gestaden dahin, auf die Lewis und Clarke im Jahr 1805 als erste Weiße den Fuß gesetzt hatten.
Auf der vier Meilen langen Astoria-Megler Bridge überquerte er den mächtigen Strom und kam in den historischen Fischerhafen Astoria. Als er an der Abfahrt von der Brücke vor einer roten Ampel hielt, fiel ihm ein Wegweiser auf. WARRENTON stand dort in weißen Lettern auf grünem Grund. Aus purer Neugier bog er von der nach Portland führenden Straße Richtung Westen ab und gelangte binnen kurzer Zeit nach Warrenton.
Die am nordwestlichen Zipfel von Oregon gelegene Kleinstadt mit ihren rund 4000 Einwohnern war ursprünglich im Marschland angelegt worden und diente als Anlaufhafen für Fischer- und Sportboote. Dirk musste nur ein paar Minuten herumfahren, bis er das fand, wonach er Ausschau gehalten hatte. Er parkte seinen Jeep neben einem weißen Dienstfahrzeug des Clatsop County und ging auf dem betonierten Gehsteig zur Eingangstür der Warrenton Community Library.
Es war eine kleine Bibliothek, die aussah, als
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