Geheimcode Makaze
entsann sich Dirk.
»Ja, ein Atemgift, das ursprünglich zur Schädlingsbekämpfung dienen sollte«, fuhr Sarah fort. »Und in jüngerer Zeit verdächtigte man Saddam Hussein, bei Angriffen auf kurdische Dörfer im Norden seines Landes Zyanidgas eingesetzt zu haben.«
»Da wir unsere eigenen Nahrungsmittel und Wasservorräte dabei hatten«, schaltete sich Sandy ein, »käme ein in der Luft enthaltenes Gift durchaus in Frage. Das würde auch die toten Seelöwen erklären.«
»Könnte das Zyanid auch aus einer natürlichen Quelle stammen?«, erkundigte sich Dirk.
»Zyanid findet man in einer Vielzahl von Pflanzen und Nahrungsmitteln, von Limabohnen bis zu Würgkirschen. Aber hauptsächlich ist es in industriellen Lösungsmitteln enthalten«, erklärte Sarah. »Jedes Jahr werden Tonnen von dem Zeug für die Galvanisierung, zur Gold- und Silbergewinnung und für Schädlingsbekämpfungsmittel hergestellt. Die meisten Menschen kommen alltäglich mit geringen Dosen von Zyanid in Berührung. Aber um Ihre Frage zu beantworten – es ist äußerst unwahrscheinlich, dass ein auf natürlichem Weg entstandenes Zyanidgas in irgendeiner Form tödlich sein könnte. Sandy, was hast du in der Statistik über die Anzahl der Zyanidvergiftungen in den Vereinigten Staaten gefunden?«
»Es gab eine ganze Menge, aber meistens handelte es sich um Einzelpersonen, die – bei Unglücksfällen, Mord oder Selbstmord – durch die Einnahme von Zyanidsalzen starben.« Sandy bückte sich nach einem gelben Aktenordner, den sie mitgebracht hatte, und blätterte die eingehefteten Seiten durch.
»Der einzige Fall, bei dem mehrere Todesopfer zu beklagen waren, war auf eine Tylenolvergiftung zurückzuführen, bei der sieben Menschen umkamen, die das Zeug zu sich genommen hatten. Ich fand nur zwei Hinweise auf multiple Todesfälle, die möglicherweise durch Zyanidgas verursacht wurden. Im Jahr 1942 starb in der Kleinstadt Warrenton in Oregon eine vierköpfige Familie, und 1964 kamen in Butte, Montana, drei Männer um. Der Vorfall in Montana wurde durch giftige Lösungsmittel bei der Edelmetallgewinnung ausgelöst. Der Fall in Oregon ist ungeklärt. Und ich bin auf so gut wie keinen Fall in und um Alaska gestoßen.«
»Eine natürliche Freisetzung von Giftgasen wäre also nicht besonders wahrscheinlich«, stellte Dirk fest.
»Wenn es durch menschliche Einwirkung in die Luft gelangt ist, wer hat es dann getan, und warum?«, fragte Sandy, während sie ihre Gabel in eine Portion Engelshaar-Pasta stieß.
»Ich glaube, es waren unsere Freunde auf dem Fischerboot«, sagte er trocken.
»Hat man sie noch nicht aufgegriffen?«, fragte Sarah.
Dirk schüttelte unwirsch den Kopf. »Nein, der Trawler ist verschwunden. Als die dortigen Behörden in der betreffenden Gegend aufkreuzten, hatte er sich längst abgesetzt. Nach offizieller Darstellung handelte es sich vermutlich um ausländische Wilddiebe.«
»Wäre schon möglich. Ich halte das zwar für ziemlich gefährlich, aber meiner Meinung nach könnten sie das Gas in Windrichtung zu einer Seelöwenkolonie freigesetzt haben«, erwiderte Sarah kopfschüttelnd.
»Man kann in kürzester Zeit fette Beute machen«, fügte Dirk hinzu. »Wilddiebe mit AK-74 finde ich allerdings etwas extrem. Und ich frage mich nach wie vor, was Seelöwen am Markt wert sind.«
»Es ist kaum vorstellbar. Ich habe so was noch nie gehört.«
»Ich hoffe nur, dass ihr beide nicht irgendwelche Folgeschäden davontragt«, sagte Dirk mit einem besorgten Blick auf Sarah.
»Das hoffe ich auch«, erwiderte Sarah. »Wir haben eine kurzzeitige Vergiftung durchgemacht, aber jetzt geht’s uns wieder eut. Und gefährliche Langzeitwirkungen wurden bislang nicht nachgewiesen.«
Dirk schob den leeren Teller weg und rieb sich genüsslich den Bauch.
»Die Pasta Alfredo war ausgezeichnet.«
»Wir essen immer hier«, sagte Sarah und nahm die Rechnung an sich, bevor Dirk zugreifen konnte.
»Ich würde mich gerne revanchieren«, sagte Dirk und schaute Sarah lächelnd an.
»Sandy und ich müssen ein paar Tage zum Forschungslabor der CDC in Spokane, aber danach nehme ich Sie beim Wort«, erwiderte sie und ließ Sandy bewusst außen vor.
Dirk nickte lächelnd. »Ich kann warten.«
6
Wie ein Skalpell schnitten die Tragflächen des Gulfstream V durch die feuchte, dunstige Luft, als der elegante Luxusjet, der bis zu neunzehn Passagiere befördern konnte, die Landebahn ansteuerte, das Fahrwerk ausfuhr und mit quietschenden Reifen und einer dünnen
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