Geheimcode Makaze
Ewigkeit vor, bis er endlich dort war. Unterdessen schob sich die Fähre weiter in den Sund hinaus.
Zwei Jungs, die am Ende des Piers angeln wollten, opferten kurzerhand ihre Ruten und warfen sich hinter einem Poller in Deckung, als die beiden Autos vorbeischossen. Zu Dirks Verwunderung hörte der Mann am Ende des Piers auf zu winken und öffnete die orange-weiße Schranke. Offenbar hatte er eingesehen, dass er den rasenden Stahlkoloss, der auf ihn zukam, ohnehin nicht aufhalten konnte. Dirk bedankte sich mit einem kurzen Nicken und winkte Hatala zu, als er an ihm vorbeidonnerte. Hatala starrte ihn nur verblüfft an.
Der mächtige Motor des Chrysler klopfte jetzt wie ein Vorschlaghammer, doch die alte Kiste hielt durch und bot noch einmal ihre ganze Kraft auf. Das schwere Kabriolett raste die Rampe am Ende des Piers hinauf und schoß wie eine Kanonenkugel durch die Luft. Dirk schloss die Hände ums Lenkrad, als er den gut zehn Meter breiten Streifen Wasser unter dem Wagen vorbeihuschen sah, und machte sich auf den Aufprall gefasst. Schreie hallten durch die Luft, als die erschrockenen Passagiere am Heck der Fähre davonstoben und sich vor dem grünen Ungetüm, das auf sie zugeflogen kam, in Sicherheit brachten. Durch die schräge Rampe und den Schwung des schweren Wagens schoss der Chrysler in hohem Bogen durch die Luft, bevor er von der Schwerkraft nach unten gezogen wurde. Aber sie waren über das offene Wasser hinweg und landeten auf der Fähre.
Nur zwei bis zweieinhalb Meter hinter dem offenen Heck prallten die Vorderreifen des Chrysler auf das Deck und platzten augenblicklich. Im nächsten Moment schlugen die Hinterräder auf und zertrümmerten die niedrige Heckreling. Ein Stück Reling flog in den Radkasten und verklemmte sich, als der Wagen mit voller Wucht auf das Deck knallte. Es rettete ihnen das Leben, denn das Stahlrohr bohrte sich in die Decksplanken und wirkte wie ein Anker. Statt mitten in die Autos zu schlittern, die auf dem Parkdeck standen, wurde der mächtige alte Wagen nur zweimal durchgerüttelt, ehe er nach knapp einem halben Meter stehen blieb und lediglich dem erbsengrünen VW-Bus einen leichten Schubs versetzte.
Dem schwarzen Cadillac erging es nicht so gut. Zu spät sah der Fahrer, dass die Fähre abgelegt hatte, und vor lauter Schreck ließ er den Fuß auf dem Gaspedal und hob hinter dem Chrysler vom Pier ab. Aber mittlerweile hatte sich die Fähre zu weit entfernt.
Der Schütze gab einen markerschütternden Schrei von sich, als der Cadillac in hohem Bogen durch die Luft flog und dann mit einem Donnerschlag gegen das Heck der Fähre prallte. Der ganze Wagen wurde zusammengestaucht wie eine Ziehharmonika, als die vordere Stoßstange knapp über der Wasserlinie auf die Stahlplatten traf, genau in Höhe des Schiffsnamens
Issaquah
. Dann spritzte eine hohe Fontäne auf, als das Wrack ins Wasser fiel, zehn Meter tief sank und seine zermalmten Insassen mit sich in ihr nasses Grab riss.
Dirk saß einen Moment lang benommen im Chrysler, dann tastete er seine Gliedmaßen ab. Er stellte fest, dass er sich das Knie verdreht und die Hüfte geprellt hatte, außerdem blutete seine Unterlippe, die er sich am Lenkrad aufgeschlagen hatte. Aber ansonsten schien alles heil geblieben zu sein. Sarah blickte mit schmerzverzerrtem Gesicht vom Boden auf, rang sich dann ein Lächeln ab.
»Ich glaube, mein Bein ist gebrochen«, sagte sie ruhig, »aber sonst fehlt mir nichts.«
Dirk hob sie aus dem Auto und legte sie behutsam auf das Deck, worauf sich etliche Passagiere vorwagten und ihm Hilfe anboten. Dann flog die Tür des VW-Busses vor ihnen auf und der Fahrer stieg aus, ein Althippie mit Pferdeschwanz und Bierbauch, über den sich ein scheckig gefärbtes Grateful-Dead-T-Shirt spannte. Er bekam große Augen, als er das qualmende, nach verbranntem Öl und Gummi stinkende Wrack des Chrysler sah. Das Blech war von vorn bis hinten mit Einschusslöchern übersät, der Innenraum lag voller Glassplitter und zerfetzter Polsterung. Die Vorderreifen waren beim Aufprall geplatzt und aus dem linken hinteren Radkasten ragte ein Stück Reling. Ein tiefer Riss zog sich vom Wrack aus über die Decksplanken bis zum Heck der Fähre. Dirk rang sich ein mattes Lächeln ab, als der Mann näher kam und das Ganze begutachtete.
»Abgefahren, Mann«, meinte der alte Hippie schließlich kopfschüttelnd. »Hoffentlich hast du ’ne gute Versicherung.«
Es dauerte nur ein paar Stunden, bis die Behörden ein Bergungsschiff beschafft
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