Geheime Macht
Gebäudes, um seine stabilen Wände zwischen mich und die Schützen zu bringen.
Ein Feuerhagel kam aus einer der Hütten.
»Schätzchen!«, rief Raphael. Er war über mir und deckte Roman mit seinem Körper.
Ich drehte mich um, presste meinen Rücken gegen den Lehm und hob mein Gewehr. Das Mündungsfeuer verriet mir die Position des Schützen – dritte Hütte auf der linken Seite, im Fenster der vage Umriss eines menschlichen Kopfes. Ich drückte den Abzug durch. Das Gewehr bellte, und der Kopf des Mannes zuckte zurück. Das Feuer erstarb. Ich drehte mich um und stieg weiter die Pyramide hinauf.
Über mir erreichten Raphael und Roman die flache Spitze des Bauwerks. Ich griff nach der Kante und zog mich hoch, während Raphael auf den Altar zuging …
Die Magiewelle überschwemmte uns. Oh nein!
Vor mir stand die Lehmstatue eines Mannes, der nun die Augen öffnete. Menschliche Augen. Die Lehmfiguren waren gar keine Statuen. Sie waren lebende Menschen, die mit einer dicken Lehmschicht beschmiert und reglos in der Sonne gebacken worden waren.
*
Raphael nahm Anubis’ Fangzahn vom Altar.
»Raphael!«, schrie ich.
Die Statuen sprangen auf, zerbrachen ihre Mäntel aus Lehm und packten Raphael. Er nahm den einen, der genau vor ihm war, in einen Todesgriff. Ich stürzte mich von der einen Seite auf sie, Roman von der anderen. Der lehmbedeckte Mann vor mir renkte den Unterkiefer aus und schlug die Fangzähne in Raphaels Seite. Meine Hände schlossen sich um seinen Hals. Ich drückte, zerquetschte Knochen und Knorpel und warf die Leiche von der Pyramide. Roman rammte seinen Stab in die Wirbelsäule des zweiten Mannes, und als Raphael die Hände öffnete, fiel der dritte Mann leblos zu Boden.
Raphael ging zu Boden. Ich fing ihn auf und legte ihn behutsam ab.
Seine blauen Augen waren weit aufgerissen. »Es ist heiß.«
Ich riss mein Messer vom Gürtel, packte Raphaels ACU -Jacke, schnitt sie auf und zog sie herunter. Zwei Bisse, einer am rechten Arm, der andere am Oberkörper. Ich öffnete meinen Rucksack, schnappte mir Doolittles Gegengift-Pistole und schoss damit in die erste Bissstelle.
»Nicht bewegen. « Nicht sterben. Nicht sterben, Raphael. Du darfst nicht sterben.
Ich verpasste ihm zwei weitere Schüsse und dann drei weitere in den anderen Biss.
»Hinter dir«, bellte Raphael.
Ich wirbelte herum. Die vierte Statue richtete sich genau neben dem Schlangenkopf auf, halb verborgen vom Schädel. Roman griff sie an.
Der Lehmmann heulte etwas Wortloses und Wütendes. Roman trieb ihm seinen Stab in die Brust. Der Schrei ging in ein Gurgeln über, während ihm Blut aus dem Mund quoll. Roman zog den Stab mit einem heftigen Ruck heraus. Der Mann taumelte zurück, sackte zusammen und hinterließ eine verschmierte Blutspur auf dem Lehmkörper von Apep.
»Der Dolch«, presste Raphael hervor. Sein Körper bäumte sich verkrampft in meinen Händen auf.
Ich pumpte ihn mit noch mehr Gegengift voll. Mehr konnte ich nicht für ihn tun.
»Der Dolch«, krächzte er.
Ich griff nach Anubis’ Fangzahn, der ihm aus der Hand gefallen war.
Eine andere Hand schnappte ihn weg, bevor ich ihn berühren konnte.
»Ich nehme ihn an mich, vielen Dank.« Anapa ging zu Apep hinüber.
Roman versperrte ihm den Weg. Der Gott schlug ihn mit der Rückhand zur Seite. Roman krachte gegen den Altar. Anapa hob den Dolch. Ein Schakal heulte laut und ohrenbetäubend.
Ich stürzte mich auf ihn und prallte gegen eine unsichtbare Wand. Sie warf mich zurück auf Raphael.
Anapa stieß den Dolch in Apeps Schädel.
Die Lehmschlange erzitterte. Die gesamte Pyramide bebte. Risse ließen Apeps stumpfe Nase aufplatzen. Der gewaltige Kopf hob sich, wankte aufrecht und fiel zurück. Die Lehmschlange glitt von der Pyramide in den Schlamm.
»Jetzt wird die Show doch noch weitergehen!« Anapa wirbelte herum und grinste mit einem Mund voller spitzer Schakalzähne. »Los geht’s.«
»Sie verdammter Drecksack!«, knurrte ich.
Raphael zitterte unter meinen Händen. Er verkrampfte sich immer stärker.
»Ich brauche meinen Mythos.« Anapa lachte und verschwand.
Der Sumpf bebte. Ein riesiger Vogelschwarm stieg von den Bäumen auf und verdunkelte den Himmel.
»Schlangen.« Roman stemmte sich vom Altar hoch.
»Was?«
»Fliegende Schlangen.« Er rammte den Stab in den Boden der Pyramide und stimmte einen Gesang an. Dunkelheit wirbelte um seine Füße, Flecken aus reiner schwarzer Leere, durch die silberne Blitze schossen.
Die Wolke bewegte sich auf uns zu.
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