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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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Angeblich betrifft er landwirtschaftliche Güter, dabei geht es in Wahrheit um die Lieferung von Waffen und matériel, um e i n e n kleinen Krieg vom Zaun zu brechen. Ein kleiner Krieg im Kongo, wann hat es das schon einmal gegeben? Das ist doch das gleiche wie ein bißchen schwanger.« Mein kühner Scherz frei nach Haj wurde mit einem wissenden Lächeln meines Gastgebers belohnt. »Und was die Gewinne angeht – die aus den Bodenschätzen, den sogenannten Volksanteil –, das ist ein regelrechter Schwindel«, fuhr ich fort. »Der reine Betrug, das muß man so sagen. Für das Volk springt nichts dabei heraus. Es gibt keinen Volksanteil, es gibt keine Gewinne, nur für Ihr Syndikat, den Mwangaza und seine Spießgesellen.«
    »Furchtbar«, murmelte Lord Brinkley und schüttelte mitfühlend den Kopf.
    »Sie dürfen mich nicht falsch verstehen, Sir. In mancher Hinsicht ist der Mwangaza tatsächlich ein großer Mann. Aber er ist alt. Auf jeden Fall, verzeihen Sie bitte, zu alt für diese Aufgabe. Er wirkt schon jetzt wie eine Marionette. Und er ist in einer Weise kompromittiert, daß ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, wie man ihn davon reinwaschen soll. Es tut mir aufrichtig leid, Sir, aber das ist nun einmal die traurige Wahrheit.«
    »Immer wieder das alte Lied.«
    Danach tauschten wir ein paar Anekdoten über afrikanische Führer aus, die in frühen Jahren Anzeichen von Größe gezeigt hatten und später auf Abwege geraten waren, obwohl ich insgeheim bezweifelte, daß Mobutu, der vor ihm auf dem Schreibtisch prangte, jemals in diese Liga der Hoffnungsträger gehört hatte. Dafür ging mir der Gedanke durch den Kopf, daß Lord Brinkley, falls er irgendwann auf die Idee käme, mich für mein rechtzeitiges Eingreifen zu belohnen, mir ja vielleicht einen Job in seiner Organisation anbieten könnte. Damit wäre uns beiden gedient, denn so viel stand fest: Er brauchte unbedingt jemanden, der ihm half, seinen Saustall auszumisten!
    Deshalb traf mich seine n ächste Frage gänzlich unvorbereitet.
    »Und Sie sind sich sicher, daß Sie mich an diesem Abend gesehen haben?«
    »An welchem Abend, Sir?«
    »Was hatten Sie gleich wieder gesagt? Freitagabend,
    ja? Ich habe ein wenig den Überblick verloren. Sie haben mich am Freitagabend am Berkeley Square gesehen. In einem Haus.«
    »Ja.«
    »Wissen Sie noch, was ich anhatte?«
    »Gepflegte Freizeitkleidung. Hellbraune Hose, weiche Wildlederjacke, Slipper.«
    »Und wissen Sie noch etwas über das Haus – außer daß Sie die Hausnummer nicht gesehen beziehungsweise vergessen haben?«
    »Ja, natürlich. Alles.«
    »Würden Sie es mir dann bitte beschreiben? Mit Ihren eigenen Worten.«
    Ich fing an, aber mir schwirrte der Kopf, und es fiel mir schwer, auf Befehl die wichtigsten Einzelheiten herauszugreifen. »Es hatte eine große Eingangshalle mit einer zweigeteilten Treppe …«
    »Zweigeteilt?«
    »… und Adlern über den Türen …«
    »Lebenden Adlern?«
    »Und es waren noch alle möglichen anderen Leute da. Bitte, tun Sie nicht so, als ob Sie nicht da waren, Sir. Ich habe mit Ihnen gesprochen. Ich habe Ihnen für Ihr Engagement für Afrika gedankt.«
    »Können Sie Namen nennen?«
    Ich nannte sie ihm, wenn auch nicht mit meinem üblichen Aplomb. In mir gärte es, und wenn es erst einmal in mir gärt, habe ich mich nicht mehr ganz in der Hand. Den Finanzhai wußte ich noch, dem seine Augenklappe den Spitznamen Admiral Nelson eingetragen hatte. Den berühmten TV-Moderator aus der Welt der Popmusik: dito. Den jungen Edelmann, dem gro ße Teile des Londoner Westends gehörten. Den ehemaligen afrikanischen Finanzminister im Exil. Den indischen Textilmilliardär. Den Supermarkttycoon, der kürzlich »als Steckenpferd« eine unserer größten überregionalen Tageszeitungen erworben hatte. Hier geriet ich ins Stocken, gab den Kampf aber nicht auf.
    »Der Mann, den Sie Marcel genannt haben, Sir!« rief ich. »Der Afrikaner, den Sie bei Ihrer Telefonkonferenz dabeihaben wollten …«
    »War die Queen da?«
    »Sie meinen Philip? Die African Queen? Nein, der nicht! Nur Maxie. Philip habe ich zum ersten Mal auf der Insel gesehen.«
    Ich hatte nicht die Absicht gehabt, laut zu werden. Lord Brinkley reagierte, indem er die Stimme senkte.
    »Ständig kommen Sie mir mit Philip und Maxie, a ls ob sie alte Freunde von mir wären«, beschwerte er sich. »Ich kenne sie nicht. Ich habe noch nie von ihnen gehört. Ich weiß nicht, von wem Sie sprechen.«
    »Dann fragen Sie doch Ihre

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