Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
Vom Netzwerk:
auf meine Rolle als Geheimnisträger. »Das wäre nicht angebracht – nicht sicher genug«, ergänzte ich vielsagend. »Nicht über das Telefon. Das ist uns nicht erlaubt.«
    »Uns?«
    »Den Leuten, die den Auftrag für Lord Brinkley erledigt haben.«
    Sie f ührte mich ins Haus, ein paar Stufen hinauf in einen langen Salon mit hohen roten Wänden, goldenen Spiegeln und dem Duft von Tante Imeldas Willowbrook: getrocknete Wiesenblumen und Honig.
    »Ich setze Sie mal hier rein«, verkündete sie und wies mich in einen kleineren Raum, der eine exakte Kopie des ersten war. »Brinkley müßte inzwischen zu Hause sein. Kann ich Ihnen etwas anbieten? Gott, sind Sie tugendhaft. Dann müssen Sie eben so lange seine Zeitung lesen.«
    Kaum allein, nahm ich diskret meine Umgebung in Augenschein. Ein bauchiger antiker Schreibtisch, verschlossen. Gerahmte Photographien von Eton-S öhnen und zentralafrikanischen Führern. Maréchal Mobutu in pr ächtiger Uniform: Pour Jacques, mon ami fidèle, 1980. Die Tür ging auf. Lady Kitty steuerte zielstrebig auf ein Sideboard zu und entnahm ihm einen mattsilbernen Cocktailshaker und ein Glas.
    »Seine Sekretärin, dieses ordinäre kleine Ding«, beklagte sie sich und äffte einen proletarischen Akzent nach: »›Jack ist in einer Besprechung, Kitty.‹ Gott, wie ich solche Leute hasse. Wozu ist man schließlich ein Peer, wenn einen jeder Jack nennen darf? Aber man kann natürlich nichts sagen, sonst wird man gleich vor ein Tribunal gestellt.« Sie drapierte sich effektvoll auf die Armlehne eines Sofas und schlug die Beine übereinander. »Ich habe ihr gesagt, es sei eine Krise. Ist es eine?«
    »Nicht, wenn wir rechtzeitig handeln«, beruhigte ich sie.
    »Keine Angst, das werden wir. In so etwas ist Brinkley ganz famos. Handeln ist seine große Stärke. Wer ist Maxie?«
    Es gibt Zeiten im Leben eines Aushilfsagenten, da hilft nur noch die freche L üge.
    »Maxie? Nie gehört.«
    »Aber natürlich kennen Sie ihn, warum hätten Sie sonst dieses alberne Stirnrunzeln aufgesetzt? Er ist auf jeden Fall mein Favorit, ob Sie ihn nun kennen oder nicht.« Sie zupfte versonnen an ihrer Designerbluse. »Was immer es ihm auch nützen mag, dem Armen. Sind Sie verheiratet, Bruno?«
    Noch einmal leugnen? Oder sich so nah an die Wahrheit halten, wie es die Sicherheit erlaubte?
    »Ja, ich bin verheiratet« – mit Hannah, nicht mit Penelope.
    »Und Sie haben eine liebreizende Kinderschar?«
    »Noch nicht, leider« – nur Noah.
    »Aber Sie wollen welche. Wenn die Zeit reif ist. Sie versuchen es Tag und Nacht. Ist Ihre Frau berufstätig?«
    »O ja.«
    »Und wird sie hart rangenommen?«
    »Sehr.«
    »Die Ärmste. Konnte sie Sie wenigstens begleiten, wenn Sie schon das ganze Wochenende für Brinkley rackern mußten?«
    »So eine Art von Wochenende war das nicht«, antwortete ich rasch, um gar nicht erst daran zu denken, wie es wohl gewesen wäre, wenn Hannah im Heizungskeller nackt neben mir gesessen hätte.
    »War Philip auch da?«
    »Philip?«
    »Ja, Philip. Nun zieren Sie sich doch nicht so.«
    »Leider kenne ich keinen Philip.«
    »Natürlich kennen Sie ihn. Er ist euer Oberguru. Brinkley frißt ihm aus der Hand.«
    Und genau das ist Brinkleys Problem, dachte ich, froh, da ß sich meine Vermutungen bestätigt hatten.
    »Wenn Philip anruft, hinterläßt er nie eine Nachricht. Aber das kennt man ja bei Ihrer Sorte. ›Sagen Sie ihm, daß Philip angerufen hat‹, als ob es nur einen Philip auf der Welt gäbe. Wollen Sie immer noch behaupten, Sie kennen ihn nicht?«
    »Nein, das sage ich doch.«
    »Sie sagen es, und Sie werden rot dabei, wie süß. Wahrscheinlich hat er einen Annäherungsversuch bei Ihnen gemacht. Brinkley nennt ihn die African Queen. Welche Sprachen dolmetschen Sie? «
    »Das darf ich leider nicht sagen.«
    Ihr Blick fiel auf die Umh ängetasche, die ich neben mich auf den Fußboden gestellt hatte.
    »Und was haben Sie uns da Schönes mitgebracht? Brinkley will, daß wir jeden durchsuchen, der das Haus betritt. Er hat eine ganze Batterie von Überwachungskameras über dem Eingang und schmuggelt seine Flittchen durch die Hintertür herein, damit er nicht aus Versehen aufs Band gerät.«
    »Nur meinen Kassettenrecorder«, sagte ich und zeigte ihn ihr.
    »Wozu?«
    »Für den Fall, daß Sie keinen besitzen.«
    »Hier sind wir, Darling!«
    Sie hatte ihren Mann eher geh ört als ich. Sie sprang auf, ließ blitzschnell Glas und Cocktailshaker im Sideboard verschwinden, sprühte sich aus einem

Weitere Kostenlose Bücher