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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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verdammte Frau!«
    Das war ’s. Blinde Wut läßt sich nur dem wirklich beschreiben, der sie selbst schon erlebt hat. Sie schlägt sich in körperlichen Symptomen nieder. Ein taubes Gefühl in den Lippen, Schwindel, temporärer Astigmatismus, Übelkeit und die Unfähigkeit, Farben und Gegenstände in nächster Nähe zu unterscheiden. Hinzu kommt, daß man sich unsicher wird, was einem tatsächlich herausgerutscht ist und was man sich gerade noch verkneifen konnte.
    »Kitty!« Er hatte die Tür aufgerissen und brüllte: »Ich soll meine verdammte Frau etwas fragen! Würdest du dich bitte einen Augenblick zu uns gesellen?«
    * * *
    Lady Kitty stand da wie ein Wachtposten. Ihre blauen Augen, ohne den best ürzten Augenaufschlag nun, starrten in die ihres Mannes.
    »Kitty, Darling. Zwei kurze Fragen. Namen. Ich sage sie, und du antwortest spontan, ohne zu überlegen. Maxie.«
    »Noch nie gehört. Seit tausend Jahren nicht. Der letzte Max, den ich kannte, ist schon seit Ewigkeiten tot. Die einzigen Leute, die ihn Maxie genannt haben, waren die Lieferanten.«
    »Philip. Unser Freund hier sagt, ich nenne ihn African Queen, was ich offengestanden als ziemliche Beleidigung empfinde, für ihn genauso wie für mich.«
    Sie runzelte die Stirn und tippte sich nachdenklich an die Oberlippe. »Tut mir leid. Mit einem Philip kann ich auch nicht dienen. Mir fällt höchstens Philippa Perry-Onslow ein, aber die ist eine Frau, behauptet sie zumindest.«
    »Und wo du dich schon einmal herbemüht hast, Darling. Letzten Freitag – um wieviel Uhr, sagten Sie?«
    »Jetzt«, antwortete ich.
    »Also, vor genau zweiundsiebzig Stunden – am Freitag, dem Tag, an dem wir normalerweise aufs Land fahren, aber vergiß das bitte für einen Augenblick, ich will dich ja nicht beeinflussen – wo waren wir da?« Er sah mit gro ßer Geste auf seine Armbanduhr. »Um neunzehn Uhr zehn. Denk bitte genau nach.«
    »Auf dem Weg nach Marlborough natürlich.«
    »Zu welchem Zweck?«
    »Um dort das Wochenende zu verbringen. Was dachtest du denn?«
    »Würdest du das notfalls auch vor Gericht beeiden? Denn wir haben hier einen jungen Mann – sehr begabt, sehr charmant und gewiß auch sehr wohlmeinend –, der einem schweren, einem für uns alle gefährlichen Irrtum verfallen ist.«
    »Aber natürlich würde ich das beeiden, Darling. Was für eine Frage.«
    »Und wie sind wir nach Marlborough gekommen, Darling? Mit welchem Transportmittel?«
    »Mit dem Auto natürlich. Brinkley, was soll das alles?«
    »Ist Henry gefahren?«
    »Du bist selbst gefahren. Henry hatte frei.«
    »Und was würdest du sagen, wann wir aufgebrochen sind?«
    »Ach, Darling. Das weißt du doch ganz genau. Um drei Uhr saß ich auf gepackten Koffern, aber du hattest dich wieder einmal beim Lunch verzettelt, weshalb wir uns dann durch den dichtesten Feierabendverkehr quälen mußten. Wir sind erst um neun Uhr angekommen, und das Essen war ruiniert.«
    »Und wer hat das Wochenende mit uns verbracht?«
    »Gus und Tara natürlich, die beiden Schmarotzer. Höchste Zeit, daß sie uns endlich einmal zu Wilton’s einladen. Sie sagen immer, daß sie es vorhaben, aber komischerweise wird nie etwas daraus. « Dies letzte verständnisheischend zu mir hin gesprochen.
    Ich hatte mich ein wenig beruhigt, aber der ausdruckslose Blick, mit dem sie dem meinen begegnete, entfachte meine Wut aufs neue.
    »Sie waren da!« fuhr ich ihn an. Und an seine Frau gewandt: »Ich habe ihm die Hand gegeben, Ihrem Mann. Maxie war auch dort! Er denkt, er kann in Kivu Gutes bewirken, aber das kann er nicht. Er ist kein Intrigant, er ist Soldat. Auf der Insel haben sie einen Stellvertreterkrieg geplant, damit das Syndikat den Coltan-Markt leerfegen und künstlich die Nachfrage steigern kann. Und sie haben Haj gefoltert. Mit einem Elektroschocker, den Spider für sie gebaut hat. Das kann ich beweisen.«
    Es war heraus, und ich konnte es nicht mehr zur ücknehmen, aber wenigstens war ich so schlau, nicht weiterzureden.
    »Und wie können Sie es beweisen?« fragte Brinkley.
    »Mit meinen Notizen.«
    »Was für Notizen?«
    Zur ückrudern. An Hannah denken.
    »Sobald ich von der Insel zurück war, habe ich ein Protokoll angefertigt«, log ich. »Ich habe ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Kurzzeit. Wenn ich schnell genug bin und die Dialoge noch im Kopf habe, kann ich sie Wort für Wort wiedergeben. Und das habe ich gemacht.«
    »Wo?«
    »Zu Hause. Gleich als erstes.«
    »Und Ihr Zuhause wäre – wo?« Sein Blick fiel auf den

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