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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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f ünfjährigen Partnerschaft mit Körper, Seele und seiner ganzen Vergangenheit einer anderen hingegeben hat, den unwiderstehlichen Drang verspüren, seine betrogene Frau in den Himmel zu heben? Um ihr Bild, das er besudelt hat, wieder reinzuwaschen? Oder das Bild seiner selbst – vor dem Sündenfall? Holte mich inmitten meiner Euphorie meine katholische Dauerschuld wieder ein? Waren meine Hymnen auf Penelope in Wahrheit Hymnen auf Hannah, die ich für mich behalten mußte, um meine Tarnung nicht auffliegen zu lassen?
    Ich war fest entschlossen gewesen, Bridget über meine neuen Auftraggeber auszuhorchen und durch listige Fragen mehr über die Zusammensetzung des anonymen Syndikats sowie über seine Verbindung zu den vielen geheimen Organen des britischen Staates zu erfahren, die sich, vor den neugierigen Blicken der Normalsterblichen verborgen, Tag und Nacht zu unserem Schutze abrackern. Doch was tat ich, während wir uns durch den fast stehenden Verkehr schlängelten? Ich stimmte aus voller Kehle einen Lobgesang auf meine Frau Penelope an, die attraktivste, aufregendste, gebildetste und treueste Partnerin, die sich ein Spitzendolmetscher und Geheimsoldat im Dienste der Krone nur wünschen konnte, dazu eine begnadete Journalistin, knallhart und doch menschlich, und eine phantastische Köchin obendrein – was ans Absurde grenzte, wenn man bedachte, wer bei uns zu Hause den Kochlöffel schwang. Natürlich schwärmte ich nicht nur, so unklug war ich nicht. Wer sich in weiblicher Begleitung durch die Rush-hour kämpft, muß auch ein klein wenig auf die negativen Seiten seiner Frau eingehen, sonst steht er über kurz oder lang alleine da.
    »Und wie hat sich dieses Traumpaar gefunden? Können Sie mir das mal verraten?« sagte Bridget in dem melancholischen Ton eines Menschen, der allen Anweisungen auf der Packung gefolgt und trotzdem gescheitert ist.
    »Bridget«, antwortete eine fremde Stimme in mir, »das kam so.«
    * * *
    In Salvos kleiner Junggesellenbude in Ealing ist es acht Uhr abends, erz ähle ich ihr, während wir Arm in Arm an einer Fußgängerampel warten. Mr. Amadeus Osman von der WorldWide and Legal Translation Agency ruft mich aus seinem muffigen Kabuff in der Tottenham Court Road an: Ich möge mich unverzüglich zur Canary Wharf begeben, wo mich eine unserer großen Tageszeitungen für meine Dienste fürstlich entlohnen will. Ich bin ein Berufsanfänger, der zu kämpfen hat, und gehöre zu fünfzig Prozent Mr. Osman.
    Eine Stunde sp äter sitze ich in der feudalen Redaktion der Zeitung, zu meiner Rechten der Redakteur – und zu meiner Linken seine wohlgestalte Topreporterin. Uns gegenüber hockt ihr Informant, ein bärtiger afro-arabischer Handelsmatrose, der für eine Summe, wie ich sie in einem Jahr verdiene, einen Ring korrupter Zoll- und Polizeibeamter im Liverpooler Hafen ans Messer liefern will. Er spricht nur spärliche Brocken Englisch, denn seine Muttersprache ist ein klassisches, tansanisch gefärbtes Swahili. Unsere Topkriminalreporterin und ihr Redakteur stecken in der typischen Zwickmühle des Enthüllungsjournalisten: entweder die Quelle auf Herz und Nieren überprüfen und damit die Story aufs Spiel setzen oder sich dem Informanten auf Treu und Glauben ausliefern und eine saftige Verleumdungsklage riskieren.
    Mit Penelopes Einverst ändnis übernehme ich die Gesprächsleitung. Während sich ein munteres Frage-und-Antwort-Spiel entspinnt, verändert und ergänzt unser Informant seine Geschichte, fügt neue Elemente hinzu, nimmt alte zurück. Ich zwinge den Schurken,
    sich zu wiederholen. Ich weise ihn so lange auf die zahlreichen Diskrepanzen hin, bis er m ürbe wird und alles zugibt. Er ist ein Betrüger, ein Märchenerzähler. Fünfzig Pfund, und wir sind ihn los. Der Redakteur fließt fast über vor Dankbarkeit. Ich habe sie nicht nur vor einer Blamage bewahrt, jubelt er, sondern auch vor empfindlichen Schadensersatzforderungen. Und nachdem Penelope die Schmach überwunden hat, meint sie, daß sie mir einen großen Drink schuldet.
    »Die Leute stellen sich einen Dolmetscher gern als gelehrsames Männlein mit Brille vor«, erklärte ich Bridget bescheiden und ging mit einem Lachen über das starke und, rückblickend betrachtet, etwas zu offensichtliche Interesse an meiner Person hinweg, das Penelope vom ersten Moment an bekundete. »Diese Erwartung konnte ich anscheinend nicht erfüllen.«
    »Oder sie war einfach bloß hin und weg«, vermutete Bridget und drückte meine Hand

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