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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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jemand anruft?« Meine Gedanken eilten zurück zu Hannah.
    »Eine höfliche Bandansage wird dem Anrufer mitteilen, daß Sie in ein paar Tagen wieder am Platz sind. Sollte Sie jemand per E-Mail kontaktieren, was wir für unwahrscheinlich halten, wird die betreffende Nachricht abgerufen und in angemessener Weise beantwortet.«
    »Aber ansonsten bin ich derselbe Mensch?«
    Meine Beharrlichkeit stellte noch den letzten Rest seiner Langmut auf die Probe.
    »Sie sind derselbe Mensch, Salvo, in Lebensumstände versetzt, die parallel zu Ihren eigenen sind«, sagte er barsch. »Wenn Sie verheiratet sind, bleiben Sie verheiratet. Wenn Sie eine liebe Großmutter in Bournemouth haben, behalten Sie sie mit unserem Segen. Mr. Sinclair selbst wird unaufspürbar sein, und wenn diese Operation beendet ist, wird er nie existiert haben. Muß ich noch deutlicher werden?« Und in nachsichtigerem Ton: »Das ist eine völlig normale Situation in der Welt, in die Sie sich begeben, mein Junge. Das Problem ist nur, daß für Sie all dies neu ist.«
    »Was ist mit meinem Geld? Warum müssen Sie mein Geld hierbehalten?«
    »Meine Anweisungen lauten, daß Sie …«
    Er brach ab. Und als ich seinem Blick begegnete, begriff ich pl ötzlich, daß er nicht Salvo den Mann von Welt vor sich sah, der frisch von einem exklusiven Empfang kam, sondern einen kaffeebraunen Missionsschulknaben in ausgebeulten Flanellhosen, einem Sportsakko aus der Kleidersammlung und Schuhen, die mit jeder Minute mehr drückten. Der Anblick rührte offenbar etwas in ihm an.
    »Salvo.«
    »Ja, Mr. Anderson.«
    »Sie müssen sich ein dickeres Fell zulegen, mein Junge. Sie müssen da draußen eine Lügenexistenz führen.«
    »Ja, das haben Sie gesagt. Es macht mir nichts aus.
    Ich bin vorbereitet. Sie haben mich gewarnt. Ich m üßte nur noch kurz meine Frau anrufen.« Meine Frau, sprich Hannah, aber das sagte ich natürlich nicht.
    »Und die Leute, mit denen Sie zusammenkommen, werden auch eine Lügenexistenz führen. Das muß Ihnen ganz klar sein. Sie sind nicht wie wir, diese Leute. Sie sehen die Wahrheit nicht als absoluten Wert. Nicht als die biblische Wahrheit, in deren Geist Sie und ich erzogen worden sind, sosehr wir uns das auch wünschen mögen.«
    Bis zum heutigen Tag wei ß ich nichts Näheres über Mr. Andersons religiöse Hintergründe, die ich für freimaurerisch geprägt halte. Aber an einem hat er nie einen Zweifel gelassen: Welchem Glauben er auch anhängt, wir sind Brüder darin.
    * * *
    Bridget hatte mir mein Handy f ür einen letzten Anruf übergeben und sich sodann in das Schlafzimmer keine zwei Meter weiter verfügt; Mr. Anderson hielt im Wohnzimmer die Stellung, von wo er ebenfalls jedes Wort hören konnte. So daß ich geduckt in der kleinen Diele stand und einen Crashkurs in den Tücken des Ehebruchs absolvierte. Ich wollte nichts weiter, als Hannah meiner unsterblichen Liebe zu versichern und sie vorzuwarnen, daß wir uns entgegen meinen Beteuerungen die nächsten zwei Tage nicht würden sprechen können. Aber so, von meinem Publikum durch nichts getrennt als durch papierdünne Wände und eine klapprige Tür, blieb mir nichts anderes übrig, als meine mir gesetzlich angetraute Ehefrau anzurufen und ihrer Bandansage zu lauschen:
    Sie sind mit der Mailbox von Penelope Randall verbunden. Ich bin momentan nicht an meinem Platz. Wenn Sie eine Nachricht hinterlassen m öchten, sprechen Sie nach dem Signalton. Wenn Sie sich an meine Assistentin wenden möchten, fragen Sie nach Emma, Durchwahl 9124.
    Ich holte Atem. »Hallo, Schatz, ich bin’s. Hör mal, es tut mir furchtbar leid, aber ich bin mal wieder zu einem meiner unzähligen millionenschweren Aufträge abberufen worden. Einer meiner ältesten und besten Unternehmerkunden. Angeblich geht es um Leben und Tod. Es soll zwei Tage dauern, vielleicht auch drei. Ich versuche dich anzurufen, aber es könnte schwierig werden.«
    Wer sprach da? Niemand, den ich kannte. Niemand, den ich schon einmal belauscht hatte. Niemand, den ich h ätte wiedertreffen wollen. Ich verstärkte meine Bemühungen.
    »Hör zu, ich ruf dich an, sobald ich zwischendrin halbwegs zum Durchatmen komme. Ich bin absolut untröstlich, Schatz. Ach, und bei deiner Party muß ich ja echt was verpaßt haben. Sah wirklich toll aus. Dieser Hosenanzug – spitzenmäßig. Das haben alle gesagt. Es tut mir bloß so leid, daß ich so davonstürzen mußte. Fechten wir’s aus, wenn ich zurückkomme, in Ordnung? Bis dann, Schatz. Ciao.«
    Bridget nahm

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