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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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daß Bogeys Frauenbekanntschaften, so er denn welche hatte, sich für glücklich erachtet hätten, eher im Gegenteil. Aber er hatte Bogeys schlenkernde Handgelenke, er hatte Bogeys permanenten Sturmschritt und wild entschlossenen Blick, er hatte Bogeys rotblondes Zottelhaar, das aussah wie von einem immerwährenden Wind zur Seite geblasen, und Bogeys rote Flecken oben auf den Backenknochen. Und er hatte Bogeys von der Sonne ausgebleichte khakifarbene Leinentasche, die ihm wie ein Gasmaskenbehälter aus einem alten Kriegsfilm von der Schulter schwang. Wie bei Bogey verdoppelte auch bei ihm die Brille den Umfang seiner abwesend blickenden blauen Augen, die an und aus blinkten, während er unter dem Kronleuchter hindurch auf uns zueilte. Wäre Bogey jemals nach London gefahren, was für ihn aus Prinzip nicht in Frage kam, hätte er sich für diese Expedition mit Sicherheit genau die gleiche Montur ausgesucht: einen zerknautschten, strapazierfähigen, waschbaren hellbraunen Tropenanzug, einen Fair-Isle-Pullunder und abgewetzte Wüstenstiefel.
    Und h ätte Bogey jemals die Prunktreppe zu unse rem Freisitz erst ürmen müssen, dann so und nicht anders: mit drei schwerelosen Sprüngen, daß der Gasmaskenbehälter nur so baumelte.
    »Dieses Drecks-Fahrrad«, schimpfte er und gab Bridget einen flüchtigen Kuß, der ihr mehr zu bedeuten schien als ihm. »Fliegt mir doch glatt mitten im Hyde Park der Scheiß-Hinterreifen um die Ohren! Da waren ein paar Nutten, die haben sich krankgelacht. Sind Sie der Sprachguru?«
    Unvermittelt hatte er einen Schwenk zu mir vollf ührt. Kraftausdrücke dieses Kalibers bin ich von meinen Auftraggebern sonst nicht gewohnt, zumal in Anwesenheit von Damen, aber soviel stand für mich ohnehin fest, noch ehe er mich mit Bogeys wäßrigen Augen ins Visier nahm: der Mann, der mir von Mr. Anderson als Genie auf seinem Gebiet beschrieben worden war, hatte nichts gemein mit meinen übrigen Kunden.
    »Das ist Brian, Darling«, antwortete Bridget rasch an meiner Stelle, vielleicht, damit ich nicht aus Versehen etwas anderes sagte. »Brian Sinclair. Jack weiß über ihn Bescheid.«
    Von unten hallte eine M ännerstimme zu uns herauf, dieselbe, mit der ich mich schon angefreundet hatte.
    »Maxie! Wo bleiben Sie denn, Mann? Wir brauchen Sie!«
    Aber Maxie reagierte nicht, und als ich hinuntersah, war der Sprecher verschwunden.
    »Sie wissen, worum es bei unserem kleinen Spaß geht, Sinclair?«
    »Noch nicht, Sir.«
    »Hat Anderson Ihnen das nicht gesagt, dieser Sack?«
    »Darling« , protestierte Bridget.
    »Er meinte, er wüßte es auch nicht, Sir.«
    »Und Sie sprechen Französisch, Lingala, Swahili et cetera? Richtig?«
    »Korrekt, Sir.«
    »Bembe?«
    »Selbstverständlich, Sir.«
    »Shi?«
    »Kein Problem, Sir.«
    »Kinyarwanda?«
    »Fragen Sie ihn lieber, was er nicht spricht«, riet Bridget. »Das geht schneller.«
    »Kinyarwanda habe ich gestern abend erst gedolmetscht, Sir«, antwortete ich und schickte in Gedanken Liebesgrüße an Hannah.
    »Wow«, murmelte er, wobei er mich immer noch musterte, als ob ich ein Exemplar einer interessanten neuen Spezies wäre. »Wo haben Sie das alles her?«
    »Mein Vater war Missionar in Afrika«, erklärte ich. Zu spät fiel mir ein, daß ich nach Mr. Andersons Willen der Sohn eines Bergbauingenieurs zu sein hatte. Um ein Haar hätte ich noch katholisch hinzugefügt, um den Rest der Geschichte nur auch gleich loszuwerden, aber Bridget durchbohrte mich mit Blicken, deshalb sparte ich es mir lieber für eine spätere Gelegenheit auf.
    »Und Ihr Französisch ist hundert Pro, richtig?«
    Sosehr mir der wohlwollende Ton der Befragung auch schmeichelte, mu ßte ich doch Einspruch erheben. »Hundert Prozent würde ich mir nie anmaßen, Sir. Ich bem ühe mich um Perfektion, aber man kann sich immer noch verbessern« – was ich all meinen Auftraggebern sage, von den Mächtigsten bis zu den Unbedeutendsten, aber als ich es nun Maxie sagte, schwang für mich ein heldischer Ton darin mit.
    »Mein Französisch ist nicht mal Mittelstufe«, gab er zurück. Sein verschwommener Blick ruhte unverändert auf mir. »Und Sie sind mit im Boot, ja? Fertig und bereit, aufs Ganze zu gehen?«
    »Solange es zum Besten unseres Landes ist, Sir«, antwortete ich, ein Echo meiner Antwort an Mr. Anderson.
    »Gut für unser Land, gut für den Kongo, gut für Afrika«, versicherte er mir.
    Damit war er verschwunden, jedoch nicht, bevor ich an meinem neuen Auftraggeber nicht noch weitere

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