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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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sie wollen wahre Kongolesen sein. Und soll ich dir noch etwas sagen, Salvo?
    Immer, Hannah.
    1964, bei dem gro ßen Aufstand, hat der Mwangaza für Patrice Lumumba gekämpft und wurde verwundet!
    Wie soll er das denn geschafft haben, Hannah? Die CIA hat Lumumba 1961 umgebracht, mit ein klein wenig Nachhilfe der Belgier. Und das war drei Jahre, bevor der gro ße Aufstand überhaupt begonnen hat.
    Salvo, sei nicht so pedantisch. Der gro ße Aufstand lebte vom Geiste Lumumbas. Alle, die dabei mitgekämpft haben, waren von ihm inspiriert. Sie haben für einen freien Kongo gekämpft, und für Patrice, ob lebendig oder tot.
    Dann schlafe ich also gerade mit der Revolution.
    Und albern brauchst du auch nicht zu werden. Der Mwangaza ist kein Revolution är. Er steht für Mäßigung und für Disziplin und Gerechtigkeit, und für die Vertreibung all derer, die sich an unserem Land bereichern, ohne es zu lieben. Er will nicht als ein Mann des Krieges in die Geschichte eingehen, sondern als der Wegbereiter von Frieden und Harmonie für alle wahren Patrioten im Kongo. Er ist l’oiseau rare: der große Held, der gekommen ist, um uns von allem Übel zu erlösen. Langweile ich dich am Ende?
    Und indem sie so tut, als f ühlte sie sich nicht ernstgenommen von mir, stößt sie mutwillig die Bettdecke weg und setzt sich auf. Und man muß wissen, wie wunderschön sie ist, und wie durchtrieben in der Liebe, um auch nur ahnen zu können, was das bedeutet. Nein, Hannah, du langweilst mich keineswegs. Ich war nur kurzzeitig abgelenkt durch die Stimme meines seligen Vaters, der einen ganz ähnlichen Traum hatte wie du.
    Ein einiges Kivu, mein Salvo … Im Frieden mit sich unter Gott und der kongolesischen Flagge … Befreit von der Geißel der Fremdausbeutung, aber offen für all jene, die sich aufrichtig wünschen, teilzuhaben am Gottesgeschenk seiner Bodenschätze und an der Aufklärung aller seiner Völker … Laß uns beten, daß du lang genug leben mögest, um diesen Tag heraufdämmern zu sehen, Salvo, mein Sohn.
    * * *
    Maxie wartete auf meine Antwort. Also, hatte ich nun von diesem selbsternannten gro ßen Retter des Kongo l äuten hören oder nicht? Wie der Mwangaza entschied ich mich für den Pfad der Mitte.
    »Hm, könnte sein«, räumte ich mit einem wohlkalkulierten Quentchen Desinteresse in der Stimme ein. »Irgend so ein recycelter Konsens-Prediger, oder?«
    »Aber begegnet sind Sie ihm nicht?«
    »Guter Gott, nein!« Wie konnte ich ihm einen derart abartigen Eindruck vermittelt haben! »Kongolesische Politik ist offengestanden ein Thema, um das ich einen großen Bogen mache, Skipper. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß ich besser ohne fahre.«
    Was vor Hannahs Zeit weitgehend der Wahrheit entsprochen hatte. Wer sich assimiliert, der trifft eine Wahl.
    »Tja, wappnen Sie sich, denn Sie werden ihn kennenlernen«, sagte Maxie mit einem raschen Blick auf seine Uhr. »Unser großer Retter wird mit zwei Gefolgsleuten anreisen: einem politischen Berater, der sein getreuer Jünger ist, und einem nicht ganz so getreuen libanesischen Mittelsmann namens Felix Tabizi, Kurzform Tabby. Der Professor ist ein Shi, sein Jünger auch.«
    Tabby, wiederholte ich bei mir, w ährend meine Gedanken den Sprung zurück zu dem lichterfunkelnden Haus am Berkeley Square machten. Tabby, das aalglatte Arschloch, Tabby, der es in letzter Sekunde noch mal spannend machte. Ich wollte schon fragen, was ein nicht ganz so getreuer libanesischer Mittelsmann im Gefolge des Mwangaza verloren hatte, aber Maxie erklärte es mir bereits.
    »Tabby ist das notwendige Übel des alten Knaben.
    Jeder afrikanische F ührer, der auf sich hält, hat eines. Bis vor kurzem war er extremistischer Muslim und Hamas-Mitläufer, aber das Christentum schien ihm auf Dauer offenbar doch bekömmlicher. Leitet die Kampagne des Mwangaza – stellt die Weichen für ihn, kümmert sich um die Finanzen, wäscht ihm die Socken.«
    »Und seine Sprachen, Skipper? Mr. Tabizis, meine ich?«
    »Englisch, Französisch, Arabisch plus die paar Brocken dies und das, die er bei seinen Reisen aufgeschnappt hat.«
    »Und Philip – welche Sprachen beherrscht Philip?«
    »Französisch, Lingala, ein bißchen Swahili, aber nicht viel.«
    »Englisch?«
    »Muß er ja wohl. Ist schließlich Engländer.«
    »Und der Professor spricht sicher die ganze Palette. Als gebildeter Mann.« Ich hatte es nicht als Spitze gegen Maxies schmale sprachliche Bandbreite gemeint, aber nach seinem mißvergnügten Stirnrunzeln zu

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