Geheime Melodie
Großartig. Genau, was ich befürchtet habe, nur schlimmer. Exakt, was wir jetzt nicht hören wollten. Ich bin Ihnen sehr zu Dank verpflichtet. Wiedersehen.
Jetzt haben wir also des R ätsels Lösung. Nicht débonnaire oder légionnaire oder militaire, sondern Minière, und nicht attaque, sondern Lacs. Haj hat von einem Bergbaukonsortium gesprochen, dessen afrikanischer Repräsentant der dicke Holländer ist. Mein Blick fällt auf Spider, der auf der anderen Seite seines Lochschienenregals steht und die Spulen überprüft, Bänder auswechselt und neu etikettiert. Ich mache ein Ohr frei und lächle, um nicht ungesellig zu wirken.
»Sieht so aus, als würde es heute mittag rundgehen, Brian – dank Ihnen«, sagt Spider mit geheimnisvollwalisischem Tatendurst. »Jede Menge Aktivitäten geplant, so und auch so.«
»Was für Aktivitäten denn?«
»Na, das werd ich doch wohl nicht ausplaudern! Nie ein Geheimnis preisgeben, sagt Mr. Anderson, schon vergessen? Da zieht man immer den kürzeren bei.«
Ich setze den Kopfh örer wieder auf und vertiefe mich in den U-Bahn-Plan. Das lila Lämpchen des Mwangaza plinkert mir zu wie eine Einladung ins Bordell. Mach schon, Salvo. Was hält dich zurück? Die Hausordnung! Tabu, es sei denn, Philip pers önlich gibt mir grünes Licht. Fürs Archiv, nicht für den Einsatz. Wir zeichnen auf, aber wir hören nicht rein. Zebras müssen draußenbleiben. Wenn also ich nicht befugt bin, wer dann? Mr. Anderson, der überhaupt keine Sprache spricht außer seinem knorrigen Nordenglisch? Oder das No-name-Syndikat, wie Haj es genannt hat? Hören die No-names mit? Nur so zum Zeitvertreib? Bei Portwein und Havannas in ihrer Steuerfestung auf den Kanalinseln?
Denke ich wirklich so ketzerisch? Hat Hajs Aufwieglertum heimlich doch Fr üchte getragen? Schlägt mein afrikanisches Herz lauter, als mir bewußt ist? Oder ist es Hannahs Herz, das hier schlägt? Wenn nicht, warum bewegt meine Rechte sich dann mit der gleichen Zielsicherheit wie neulich, als sie Penelopes Coq au Vin in den Abfallhäcksler befördert hat? Ich zögere, aber nicht, weil mein Gewissen sich in letzter Sekunde zu Wort meldet. Wenn ich auf den Knopf drücke, heult dann im ganzen Haus der Alarm los? Blinkt das lila Lämpchen auf dem U-Bahn-Plan SOS? Kommen Antons schwere Jungs die Kellertreppe runtergedonnert und stürzen sich auf mich?
Ich dr ücke den Knopf dennoch und bin im SALON der verbotenen Königlichen Gemächer. Franco spricht Swahili. Empfang perfekt, keinerlei Echo oder Nebengeräusche. Ich stelle mir dicke Teppiche vor, Vorhänge, Polstermöbel. Franco klingt entspannt. Vielleicht haben sie ihm einen Whisky gegeben? Warum denke ich an Whisky? Franco ist der Whisky-Typ. Franco redet mit dem Delphin. Für die Anwesenheit des Mwangaza fehlt mir vorerst der Beweis, auch wenn etwas in ihren Stimmen mir das Gef ühl gibt, daß er in der Nähe sein muß.
Franco: Wir haben geh ört, daß in diesem Krieg viele Flugzeuge eingesetzt werden sollen.
Delphin: Das ist wahr.
Franco: Ich habe einen Bruder. Ich habe viele Br üder.
Delphin: Gl ücklich ist der Mann, der viele Brüder hat.
Franco: Mein bester Bruder ist ein guter K ämpfer, aber er hat zu seiner Schande nur Töchter. Vier Frauen, fünf Töchter.
Delphin: (Ein Sprichwort) Wie lang auch die Nacht, irgendwann kommt doch der Tag.
Franco: Eine dieser T öchter, die älteste, hat eine Geschwulst hinten am Hals, unter der ihre Heiratsaussichten leiden. (Angestrengtes Ächzen verwirrt mich, bis ich begreife, daß Franco nach der entsprechenden Stelle an seinem eigenen schmerzenden Körper zu langen versucht) Wenn der Mwangaza die Tochter meines Bruders nach Johannesburg ausfliegt, damit sie ohne Aufsehen behandelt werden kann, wird mein Bruder dem Pfad der Mitte wohlwollende Gefühle entgegenbringen.
Delphin: Unser Lichtbringer ist ein liebevoller Ehemann und Vater vieler Kinder. Der Flug wird arrangiert werden.
Gl äserklingen besiegelt das Versprechen. Wechselseitige Bekundungen der Wertschätzung.
Franco: Dieser Bruder ist ein f ähiger Mann, sehr beliebt bei seinen Leuten. Wenn der Mwangaza Gouverneur von Süd-Kivu ist, wird er gut daran tun, meinen Bruder zum Polizeichef für die gesamte Region zu ernennen.
Delphin: In der neuen Demokratie wird bei der Vergabe s ämtlicher Ämter Transparenz das oberste Gebot sein.
Franco: Mein Bruder wird f ür eine dreijährige Amtszeit einhundert Kühe und fünfzigtausend Dollar zahlen.
Delphin: Über das Angebot wird
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